Der heimliche Rebell
völlig ruiniert.“
„Das Wort dafür ist ,schändliches Treiben“‘, sagte Allen. „Wir werden es schon noch zu hören kriegen, am Mittwoch, so gegen neun Uhr. Ich frage mich, was Mr. Wales zu me i ner Verteidigung vorbringen kann. Das dürfte eine ganz schöne Herausforderung für ihn sein.“
Aber die Blockversammlung war nicht wirklich wichtig. Der unbekannte Faktor war Sue Frost, und ihre Reaktion mochte einige Tage auf sich warten lassen. Schließlich mu ß te sie sich erst mit Ida Pease Hoyt absprechen: Die Reaktion benötigte den Stempel unbedingter Endgültigkeit.
„Sagtest du nicht was davon, daß du auf dem Nachha u seweg einen Literbecher Eiscreme mitbringen würdest?“ fragte Janet matt.
„Kam mir irgendwie albern vor“, sagte Allen. „In Anb e tracht der Umstände, meine ich.“
19
Am Mittwoch morgen war der Raum im ersten Stock der Wohneinheit zum Bersten gefüllt. Die Tratsch-Stafette hatte die Neuigkeit schon im ganzen Block verbreitet, vor allem durch die Ehefrauen. Schaler Zigarettenqualm hing in der Luft, und das Lufterneuerungssystem machte keine großen Fortschritte. An der Rückseite des Raumes erhob sich die Bühne, auf der die Blockwarte saßen. Und alle waren sie anwesend…
Janet, die ein frischgebügeltes Kleid trug, trat unmittelbar vor ihm ein. Sie ging schnurstracks zu einem freien Tisch und plazierte sich vor dem Mikrophon. Aufgrund eines u n geschriebenen Gesetzes war der Tisch absichtlich nicht b e setzt worden; in Zeiten einer echten Krise erwartete man von der Ehefrau, daß sie ihrem Manne beistand. Sie dieses Rec h tes zu berauben, wäre ein Affront gegenüber MoRes gew e sen.
Letztesmal war kein Tisch freigehalten worden. Aber let z tesmal war auch keine echte Krise gewesen.
„Diesmal wird’s ernst“, sagte Allen zu seiner Frau, wä h rend er sich hinter ihr aufstellte. „Und langwierig; und rac h süchtig; und ein Fiasko für mich. Also halte dich so gut wie möglich zurück. Versuch nicht, mich zu retten, weil ich s o wieso nicht mehr zu retten bin. Wie wir gestern abend g e sagt haben.“
Sie nickte mit leerem Blick.
„Wenn sie anfangen, ihre Zähne in mich zu schlagen“, fuhr er sanft fort, als summe er eine Melodie, „spring nicht auf und ziehe sie alle auf dich. Das hier ist ausgetüftelt bis zum Geht-nicht-mehr. Wo ist zum Beispiel der kleine Mr. Wales?“
Der Mann, der Allen Purcell so rückhaltlos vertraute, war nicht anwesend. Und schon wurden die Türen geschlossen; er würde also auch nicht mehr kommen.
„Möglicherweise haben sie eine Lücke in seinem Mie t kontrakt gefunden“, sagte Allen. Vorne erhob sich jetzt Mrs. Birmingham und nahm die Verhandlungsunterlagen entg e gen. „Oder es hat sich herausgestellt, daß er der Besitzer einer Kette von H… nhäusern ist, die von Newer York bis zum Orion reicht.“
Janet starrte unverwandt nach vorne, mit einer Härte, die er nie zuvor an ihr beobachtet hatte. Sie schien um sich he r um ein Exoskelett geschaffen zu haben, einen Kokon, durch den nichts hinein- und nichts hinauskam. Er fragte sich, ob sie sich für eine große Eruption aufsparen mochte. Vielleicht würde sich das herausstellen, sobald die Damen ihre En t scheidung verlasen.
„Dumpf hier drinnen“, sagte Allen, als der Raum in Schweigen verfiel. Einige wenige Personen blickten flüchtig zu ihm hinüber, schauten dann weg. Da es mit ihm bergab ging, war es wohl keine gute Idee, sich mit ihm in Verbi n dung bringen zu lassen.
Im Hintergrund waren die Pimpfe gerade dabei, ihre Bä n der abzuliefern. Sieben Bänder insgesamt. Sechs, mutmaßte er, für ihn. Und eines für alle anderen.
„Wir werden uns zunächst mit dem Fall von Mr. A. P. b e fassen“, verkündete Mrs. Birmingham.
„Fein“, sagte Allen erleichtert. Wieder wandten sich ihm Köpfe zu, schwenkten dann mechanisch wieder zurück. Ein Murmeln erhob sich und verschmolz mit dem Dunst des Z i garettenrauchs.
Auf sardonische Weise war er amüsiert. Die Reihen der steifen, selbstgerechten Gesichter… das hier war eine Ki r che, und dort saßen die wohlanständigen Mitglieder der Gemeinde in frommer Zusammenkunft. Mit langen Schritten bahnte er sich seinen Weg zum Arme-Sünder-Podest, die Hände in den Taschen. Dort, mitten im Zuschauerraum, saß Janet mit hölzernem Gesicht an ihrem Tisch, so starr und gerade wie ein geschnitzter Stock. Er nickte ihr zu, und die Verhandlung begann.
„Es ist bezeugt“, sagte Mrs. Birmingham mit ihrer lärme n den,
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