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Der heimliche Rebell

Der heimliche Rebell

Titel: Der heimliche Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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eine Vase heraus. Er hatte sie als Geschenk für seine Frau besorgt, als Präsent zur Feier des Tages. Die Vase war grün und blau und mit Licht gesprenkelt. Mr. Wales drehte sie hin und her, blies auf die glatte, polierte Oberfläche, hielt sie fest in seinen Händen.
    Dann dachte er an Mr. Purcell. Er erinnerte sich an all die Male, da Mr. Purcell in den wöchentlichen Blockversam m lungen für die Opfer eingetreten war. All die gütigen Worte, die er zu ihrer Verteidigung gefunden hatte. Die Ermut i gung, die er den Gepeinigten in der Stunde ihrer Heims u chung gegeben hatte.
    Mr. Wales dachte daran, wie Mr. Purcell ausgesehen h a ben mußte, als er während der letzten Blockversammlung auf dem Arme-Sünder-Podest gestanden hatte. Die Hunde, die an ihm rissen. Die Kanaillen, die mit Zähnen und Klauen an seiner Kehle hingen.
    Plötzlich schrie Mr. Wales: „Ich habe ihn verraten! Ich habe zugelassen, daß sie ihn kreuzigten!“
    Voller Qual wiegte er sich vor und zurück. Dann sprang er hoch und schleuderte die Vase gegen die Wand. Die Vase zerbarst, und Splitter grün und blau gesprenkelten Lichts tanzten um ihn herum.
    „Ich bin ein Judas“, sagte Mr. Wales zu sich selbst. Er bedeckte seine Augen mit den Fingern, damit er nicht länger das Apartment sehen mußte. Er haßte das Apartment. Jetzt hatte er, was er sich immer gewünscht hatte, und jetzt wollte er es nicht mehr haben.
    „Ich hab’s mir anders überlegt!“ rief er. Aber niemand hörte ihn. „Ihr könnt es zurückhaben!“
    Der Raum schwieg.
    „Geh weg!“ schrie Mr. Wales.
    Er öffnete die Augen. Der Raum war immer noch da. Er antwortete nicht; er ging nicht weg.
    Mr. Wales begann, die Scherben der Vase aufzusammeln. Die Glasstückchen zerschnitten seine Finger. Er war froh.

21
     
    Am nächsten Morgen erschien Allen pünktlich um acht Uhr in seinem Büro im Telemedia-Gebäude. Als sich die Mi t glieder seines Stabes zur Arbeit einfanden, rief er sie in sein Büro, bis alle dreiunddreißig beisammen waren. Die Hu n derte von einfachen Bediensteten machten überall im G e bäude an ihren Tischen weiter, während Allen zu ihren A b teilungsleitern sprach.
    „Gestern hat man mich zum Rücktritt aufgefordert. Dieser Schritt steht in engem Zusammenhang mit dem Spektakel, das sich hier am Montagnachmittag ereignet hat. Ich bin der Aufforderung nicht gefolgt, also bin ich immer noch Dire k tor, wenigstens, bis das Komitee zusammentreten und mich feuern kann.“
    Der Stab nahm die Nachricht mit Aplomb hin. Ein Mi t glied, der Chef der Layout-Abteilung, fragte: „Wie lange werden Sie Ihrer Schätzung nach noch im Amt verble i ben?“
    „Eine Woche oder so“, antwortete Allen. „Vielleicht ein bißchen länger.“
    „Und Sie sind entschlossen, die Arbeit während dieser Zeit fortzusetzen?“
    „Ich werde so gut arbeiten, wie ich es vermag“, sagte A l len. „Es gibt viel zu tun» und ich möchte es anpacken. Aber Sie haben ein Anrecht darauf, die Lage zu kennen.“
    Ein anderes Mitglied des Stabes, eine aufgedonnerte Frau mit Brille, fragte: „Sie sind der rechtmäßige Direktor, ist das richtig? Bis man Sie feuert…“
    „Bis mir offiziell die Entlassungspapiere zugestellt we r den, bin ich der einzige rechtmäßige Direktor dieses Trusts; ich bin Ihr Boß, mit all den Vollmachten und Befugnissen, die diese Position implizit und explizit beinhaltet. Natürlich werden meine Maßnahmen hier auf größten Argwohn st o ßen. Möglicherweise wird der nächste Direktor sie alle w i derrufen, ausnahmslos.“
    Gemurmel im Stab.
    „Sie sollten sich das immer vor Augen halten“, sagte A l len, „wenn ich Ihnen Ihre Aufträge erteile. Wie viele Schwierigkeiten Ihnen daraus erwachsen werden, daß Sie gehorchen und für mich arbeiten, vermag ich nicht zu sagen. Ihre diesbezüglichen Vermutungen sind da so gut wie me i ne. Vielleicht wird der nächste Direktor eine Reihe von I h nen feuern. Vielleicht auch nicht.“
    „Es ist unwahrscheinlich“, sagte ein Stabsmitglied.
    „Ich lasse Ihnen jetzt ein paar Stunden Zeit, damit Sie die Sache untereinander durchsprechen können. Sagen wir, bis Mittag. Diejenigen von Ihnen, die es vorziehen, das Risiko lieber nicht einzugehen, können heimgehen und dort das Ende meiner Amtszeit abwarten. Ich bin mir sicher, daß Sie das nicht mit dem Komitee in Schwierigkeiten bringen wird; vielleicht wird man es von dieser Seite aus sogar selbst vo r schlagen.“
    Ein Stabsmitglied fragte: „Wie werden Ihre Maßnahmen

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