Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)
Freund aus Kindertagen, um genau zu sein.«
»Sehr angenehm. Ich freue mich enorm, deine Bekanntschaft zu machen, Dr. Carpenter. Ich arbeite für Cosmos, Wissenschaft, Technologie. Du kennst das Magazin? Es ist eine der bedeutendsten Publikationen der Welt. Ich sitze in unserem Büro in Tel Aviv. Und ich bin erst vorgestern aus Israel gekommen, hauptsächlich um mit deinem Freund zu sprechen.«
Carpenter nickte. Er fragte sich, ob dieser Enron jemals einen Satz sagte, der nicht die erste Person singularis im Vordergrund hatte. Eins-zu-drei? Eins-zu-fünf?
»Ich bin Jolanda«, sagte die massige Frau mit den üppigen Haaren und dem Lächeln und den Hyperdex-Augen, als Enron für einen Augenblick den Mund hielt.
Eine geschulte Theaterstimme, rund und klangvoll dunkel, als käme sie direkt aus dem Zwerchfell. Während sie sprach, schien eine Duftwolke von Pheromonen von ihr auszuströmen, und Carpenter verspürte eine unmittelbare Reaktion in seinem Unterleib. Aber er hatte zuviel Erfahrung, als dass er irgendwelche Glückserwartungen damit verbunden hätte. Wahrscheinlich begegnete sie jedem Mann auf diese Weise: Auf Anhieb hohe Voltspannung, aber nichts dahinter.
Ohne sich umzuwenden, sagte Rhodes: »Paul, dies ist Isabelle.«
Die Frau, die vorn neben Rhodes saß, wandte sich um und blitzte ihm ein sehr flüchtiges ›Hallo-wie-geht's‹-Lächeln entgegen, kühl und sehr beiläufig. Carpenter verspürte sofort etwas wie eine unerklärliche Abneigung gegen sie. Sie war sehr attraktiv, das sah er, bevor sie sich wieder von ihm abwandte; aber sie war attraktiv auf eine merkwürdig unstimmige Weise, zuviel Power in den Augen, zu wenig im Rest des Gesichts, und die gewaltige Corona der wilden scharlachroten Haare wirkte wie ein schreiendes Hohngelächter gegen die üblichen konventionellen Schönheitsnormen. Wahrscheinlich eine ganze Handvoll und noch was dazu, dachte Carpenter, ohne den geringsten Anlass dafür zu haben. Eine unvorhersehbare Mischung aus Sanftmut und Ungezähmtheit.
Carpenter schüttelte unmerklich den Kopf. Der arme Nick. Bei Frauen hatte er noch nie eine glückliche Hand gehabt.
»Wir fahren rüber nach Sausalito«, verkündete Rhodes. »Ein nettes Restaurant mit einem wundervollen Blick. Isabell und ich sind sehr oft dort.«
»Unser kleines persönliches Lokal«, sagte Isabelle. Ihre Stimme klang ein wenig scharf. Es klang, als neigte sie zu Sarkasmen. Vielleicht auch nicht. Carpenter war sich nicht sicher.
Ihr Zielort stellte sich dann aber doch als ein hübsches romantisches Fleckchen heraus, als sie dort schließlich nach einer einstündigen nervenden Irrfahrt durch die Innenstadt und über die Golden Gate Bridge ankamen. Carpenter hatte vergessen, was für ein entsetzlicher Autofahrer Rhodes war; ständig setzte er sich über die Direktiven des Wagencomputers hinweg, bestand an jeder Abzweigung auf seiner eigenen bescheuerten Überzeugung und ließ eine Heckwelle von verblüfften hupenden motorisierten Mitgeschöpfen hinter sich zurück. Es ist schwer vorstellbar, dass man sich zwischen Frisco und Sausalito verfahren könnte, dachte Carpenter, eine gerade direkte Fahrt über die Brücke, aber Rhodes gelang das Kunststück. Auf dem beleuchteten Straßenplan in seinem Armaturenbord war eine Strecke angezeigt, aber Rhodes bestand darauf, es besser zu wissen. Der Wagen hatte das gar nicht gern, und immer wieder blinkten die Warnlichter auf, und Rhodes entschied anders. Seine kindische kleine Manier, Überlegenheit zu demonstrieren.
Rhodes war bestimmt kein Dummkopf, und er lebte lange genug in Berkeley, dass man hätte annehmen können, er müsse sich auch in der größeren Stadt jenseits der Bucht zurechtfinden können, doch das Auto, so alt es war, war wirklich klüger innerhalb seines speziellen Kompetenzbereichs und hatte einen akkuraten Straßenplan von San Francisco gespeichert. Geduldig versuchte es, Rhodes aus den westlichen Randbezirken herauszulotsen, in die er zwanghaft immer wieder abzutreiben schien, und ihn wieder zur Brücke zu bringen. Und irgendwie überlebten sie dann alle diesen Trip, sogar das überlastete und zweifellos genervte Gehirn des Wagens. Und das Restaurant, das gemütlich und versteckt an einer Hügelflanke über dem eingedeichten Hafen von Sausalito lag, empfing sie mit warmer Gastlichkeit wie alte Stammkunden.
Und die Aussicht war wirklich sensationell: die ganze Nordseite San Franciscos, mit Millionen flimmernden Lichtern über der Bucht ansteigend und die
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