Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)
fällt, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, wenn eine Bedrohung für das Leben des Generalissimo besteht.«
»Das ist mir bewusst. Aber was habe ich damit zu tun? Glaubst du, ich könnte dich zu den Verschwörern führen?«
»Möglich.«
»Um Gottes willen, Emilio. Ich hatte dich für intelligent gehalten!«
»Klug genug, glaube ich.«
»Wenn ich mit der Sache etwas zu tun hätte, hältst du es dann für wahrscheinlich, dass ich dir auch nur ein Wort darüber sagen würde?«
»Das hinge davon ab«, entgegnete Olmo. »Betrachten wir mal ein paar andere Faktoren. Ich muss nicht nur an die Sicherheit des Generalissimo denken, sondern auch an meine persönliche eigene.«
»Selbstverständlich.«
»Ich bin dir nützlich – oder doch jedenfalls deinen Auftraggebern. Und die sind Kyocera-Merck, Victor. Daraus machst du ja kein Geheimnis. Und warum solltest du? Aber ich arbeite ebenfalls für K-M, versteht sich, wenn auch nicht ganz so – sichtbar. Ja, eigentlich überhaupt nicht sichtbar.«
»So ist es.«
»Der Generalissimo regiert seit siebenunddreißig Jahren in Valparaiso Nuevo, Victor. Er war kein Jüngling mehr, als er hier die Macht ergriff, und jetzt ist er ziemlich alt. Wenn er abtritt, hält die Firma es für angebracht, dass ich in ihrem Interesse seine Nachfolge antrete. Das wusstest du doch, nicht wahr?«
»So ungefähr.« Olmos umständliche Art ging Farkas allmählich auf die Nerven. Der fracas in der Außenhülle hatte ihn ermüdet, und er wollte nur noch in sein Hotel zurück. »Würde es dir was ausmachen, Emilio, wenn du endlich zur Sache kommen würdest?«
»Ich habe dich nach Kräften bei der Aufgabe unterstützt, deretwegen die Firma dich hergeschickt hat. Und jetzt wirst du mir helfen. Das ist nur logisch, dass ein K-M-Mann dem anderen hilft. Sag mir die Wahrheit! Weißt du auch nur irgendwas über diese Verschwörung, diesen Umsturzversuch?«
Farkas konnte es kaum glauben. Für dermaßen dumm hätte er Olmo nie gehalten.
»Ganz und gar nichts«, sagte er. »Ich höre zum allerersten Mal von so etwas.«
»Du schwörst es?«
»Sei nicht blöd, Emilio. Ich könnte dir alles beschwören, was du nur willst, und was würde das schon bedeuten?«
»Ich vertraue dir.«
»Wirklich? Ja, doch, ja, ich glaube, das tust du. Du solltest keinem vertrauen, aber schön. Wenn du dich besser fühlst, hier ist die heilige Wahrheit: Ich weiß wirklich und wahrhaftig nichts von solchen Sachen. Mein heiliger Eid drauf, bei Gott. Bei allen Erzengeln und Aposteln, es ist wirklich absolut das erste Mal, dass ich was davon höre. Und ich vermute mal, dass hinter diesen Gerüchten gar nichts Greifbares steckt.«
»Nein. Ich denke, du hast ehrlich zu mir gesprochen. Aber ich fürchte«, sprach Olmo weiter, »dass es eine solche Verschwörung tatsächlich gibt und – dass Kyocera-Merck dahintersteckt. Vielleicht werden diese Leute aus Kalifornien ja nur als Strohmänner vorgeschoben. Und wenn Don Eduardo verschwindet, verschwinde ich mit ihm. Dass ich dann für die Firma unwichtig geworden bin und dass die Firma beschlossen hat, mich als entbehrlich zu betrachten.«
»Das klingt ziemlich verrückt für meine Ohren. Soweit ich weiß, bist du für die Firma noch immer so wertvoll wie eh und je. Und die Rolle, die du spielst, um diese Wu-Sache zu erleichtern, wird deine Stellung hoch oben nur weiter festigen helfen.«
»Und dieser Staatsstreich? Nehmen wir an, die Gerüchte, die ich gehört habe, besitzen eine reale Grundlage? Diese südkalifornische Gruppe? Nehmen wir an, es gibt sie, nehmen wir an, es gibt so einen Plan. Glaubst du ehrlich, dass die nicht irgendwie mit K-M zusammenhängen?«
»Woher sollte ich das wissen? Bin ich Japaner? Benutze doch dein Gehirn, Emilio! Ich bin nur ein Firmenexpediteur, Stufe Neun. Das ist zwar ziemlich hoch in der Hierarchie, aber doch keinesfalls auch nur annähernd auf dem Niveau, auf dem Firmenpolitik gemacht wird. Die Leute in New Kyoto holen mich nicht zu ihren Konferenzen, um ihre Geheimplanung mit mir zu besprechen.«
»Du denkst also, die Leute, die diesen Staatsstreich planen, sind weiter nichts als eine Bande von kriminellen Freelancern, die in South California völlig auf eigene Faust arbeiten? In Southern California?«
»Gott-im-Himmel!« Farkas war inzwischen an seiner Toleranzgrenze angelangt. »Habe ich denn nicht ausreichend klargemacht, dass alles, was ich über diesen idiotischen Staatsstreich weiß, das ist, was du mir soeben darüber gesagt hast?
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