Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)
Problemen zu befassen.
Kapitel 13
Der Empfang meldete: »Dr. Van Vliet wartet auf Kanal Drei, Dr. Rhodes.«
Viertel vor neun am Morgen. Für Van Vliet war es offenbar nie früh genug, sich in die Mühen und Plagen des Tages zu stürzen. Allerdings war es noch viel zu früh für Rhodes, um mit dem täglichen Alkoholquantum zu beginnen. »Später«, knurrte er. »Ich will jetzt noch keine Gespräche reinhaben.«
Rhodes war bereits seit kurz nach acht in seinem Büro, enorm früh für ihn. Am Ende des vergangenen Arbeitstages hatten sich auf seinem Schreibtisch noch immer unerledigte Dinge gestapelt; die beiden Seitenklappen waren gleichfalls beladen gewesen; und wie gewöhnlich waren die ganze Nacht hindurch Dinge hereingeströmt, die er sich dringend gleich morgens vornehmen sollte. Auch das Wetter hatte sich verschlechtert: Eine erdrückende Hitzewelle, weit über der sowieso hohen Norm, wie man sie in jüngerer Zeit gewohnt war, und beängstigende Diablowinde, die glutheiß aus dem Osten herüberbliesen und wieder einmal die nun fast wöchentliche Gefahr von Flächenbränden in den knochentrockenen Grasregionen über Oakland und Berkeley mit sich brachten. Die Winde führten ebenfalls eine bedrückende Mistladung toxischer Dünste aus dem Stagnationstümpel des Tals herein, stark genug, die Häuserfronten pockennarbig zu zerfressen.
Darüber hinaus war seine Nacht mit Isabelle lausig gewesen, und er hatte nur höchstens drei Stunden Schlaf bekommen. Kurz, es war ein ganz und gar wundervoller Morgen. Rhodes war gereizt, ruhelos, gepackt von Anfällen von Wut und Verwirrung und fast von Panik. Seit fast einer Stunde ließ er jetzt die Räder kreisen – und hatte nichts geschafft.
Zeit, sich an die Arbeit zu machen. Endlich.
»Sesam, öffne dich«, sagte er dumpf, und das Virtual One spuckte eifrig Datenschlangen in die Luft.
Bestürzt sah er zu, wie das alles heraussprudelte. Berichte, Berichte, Berichte. Quantitatives Zeug über Enzymabsorption aus dem Portland-Labor; eine lange öde Tirade von einer der Unterabteilungen über das von vornherein zum Scheitern verurteilte Projekt, Bürger im Seniorenstatus mit Lungenimplantaten zu versorgen, statt genetische Retrofits vorzunehmen; eine erschreckende Masse von Auszügen und Vorabdrucken aus Nature und Science, mit denen er sich in seinem jetzigen Leben nie würde beschäftigen können, weil ihm die Zeit fehlte; ein scheußlicher Haufen Mist über ein Belegschaftsratsgerangel, wobei es um die Entscheidung ging, ob Angehörige des Androidenwachpersonals im dritten Stock die Grenzen der ihnen übertragenen Verantwortung überschritten hätten; das Protokoll einer Konferenz einer Samurai-Tochtergesellschaft in São Paulo, von der er noch nie etwas gehört hatte, deren Arbeit aber anscheinend auf irgendeine unspezifische Weise an die Operationen von Rhodes' Abteilung grenzte. Und so fort, so fort, so fort.
Er spürte fast ein Schluchzen im Hals.
Irgendwie war seine Arbeit entartet zu nahezu ausschließlich administrativer Tätigkeit, zu richtiger wissenschaftlicher Arbeit kam er fast nie mehr. Die erledigten hier inzwischen kleine Jungen wie dieser Van Vlies, und er selbst plagte sich mit der Schwemme von Berichten herum, mit Budgetanforderungen, mit Strategieanalysen, Sackgassenprojekten wie dieser Lungentransplantationssache etc., etc. und musste an unendlich tödlich langweiligen Konferenzen teilnehmen und immer wieder einmal seinen Abend opfern, um die lästigen neugierigen Fragen israelischer Spione abzuwimmeln. Und als Freizeitvergnügen nach Dienstschluss stürzte er sich in entnervend zerstörerisches Gezänk mit der Frau, die er angeblich liebte. Nein, das war irgendwie nicht das Leben, wie er es sich geplant hatte. Irgendwie war er vom Kurs abgekommen, das war nicht zu übersehen.
Und dann noch diese unvorstellbare Hitze – diese scharfe und bösartige ätzende Luft – die heißen heulenden Winde …
Van Vliet …
Isabelle …
Isabelle …
Isabelle …
Wilde wirre Empfindungen schüttelten ihn wie ein plötzlich ausbrechendes Fieber. Es war, als baute sich in ihm eine Explosion auf. Es war bestürzend. An solchen Tagen, dachte er, werden ansonsten friedfertige, gelassene Männer dazu getrieben, von Brücken zu springen oder plötzlich willkürlich zu morden. Die Diablowinde konnten so etwas auslösen. Sie waren dafür berühmt.
Mein Leben hat eine grundsätzliche Veränderung nötig, sagte er sich. Eine grundsätzliche Veränderung.
Aber
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