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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Kinder einer fortschrittlichen Familie in Vancouver gewesen.
    »Er will nicht auf die ›Karriereleiter‹, hat er mir gesagt.« Nat schüttelte lachend den Kopf. Menschen, die
nicht dieselben Ambitionen hatten wie sie, waren ihr rätselhaft.
    »Sehr ehrenhaft.«
    »Vielleicht ein bisschen zu ehrenhaft.«
    »Mmmm.«
    Sie mussten beide an den Vorfall in der Woche zuvor denken, als David – ein leidenschaftlicher Streiter gegen Ungerechtigkeit – sich dermaßen über die pro-russische Berichterstattung im Tschetschenien-Krieg empört hatte, dass er den anstößigen Artikel von der Reuters-Website ausdruckte, mehrere seiner Anhänger um seinen Schreibtisch versammelte und das Blatt in einer kleinen Zeremonie verbrannte. Im Büro hatte das den Feueralarm ausgelöst.
    »Ein Glück, dass die Sprinkleranlage nicht angesprungen ist«, sagte Matt.
    »Es hätte alle unsere Geräte zerstören können«, sagte Nat.
    »Aber das hat ihn nicht gekratzt. Ihm war das Prinzip wichtiger, hat er gesagt.«
    »Das Prinzip.« Nat verdrehte die Augen. »Ich bitte dich!«

    Nachdem sie gemeinsam über die Mütze gelacht hatten, wusste Matt, wer Maeve war, und als er gut eine Woche später einen orangefarbenen Bommel über den Wagendächern hüpfen sah, konnte er sich sagen: Da ist ja diese Maeve, die mit der Mütze.
    Sie schlängelte sich auf ihrem Fahrrad durch den Verkehr und entschwand seinem Blick, dann wurde es grün, und Matt holte sie ein. Als er wieder stehen bleiben
musste, gewann sie Vorsprung, und als es grün wurde, fuhr er los und schloss zu ihr auf. Es wurde zu einem Muster: Sie war ihm voraus, er holte auf, suchte nach dem leuchtend orangefarbenen Bommel, dann fuhr sie voraus, während er, die Hände fest am Steuerrad, darauf wartete, dass er weiterfahren konnte. Obwohl sie es gar nicht wusste, hatte er das Gefühl, dass sie miteinander um die Wette fuhren. Nie hatte ihm der Weg zur Arbeit so viel Spaß gemacht.
    Als er sich der großen Kreuzung von Hanlon’s Corner näherte, lag er vorn. Die Ampel war grün, aber Matt wollte Maeve nicht zu weit voraus sein, deswegen fuhr er langsamer, und die Ampel tat ihm den Gefallen und sprang auf Gelb um. In dem Moment, als es rot wurde, sauste Maeve auf der inneren Spur bis ganz nach vorn, verharrte dort für den Bruchteil einer Sekunde, indem sie rasend schnelle Berechnungen anstellte. Matt merkte richtig, wie sie ihre eigene Geschwindigkeit, die ihr zur Verfügung stehende Zeit und die Entfernung der Autos, die darauf warteten, bei Grün quer über die Kreuzung brausen zu können, kalkulierte. Dann schoss sie hinaus auf die leere Kreuzung und wirkte klein und sehr mutig, wie eine Studentin, die sich einem Panzer entgegenwirft. Alle Augen, so schien es Matt, waren auf den orange leuchtenden Bommel gerichtet, der durch die Gefahrenzone raste, und als sie sicher auf der anderen Seite ankam, empfand er ein Gefühl der Erleichterung und Bewunderung.
    So beeindruckt war er von dem Vorfall, dass er dem kleinen Büro, das sie mit mehreren Trainees teilte, einen Besuch abstattete.

    »Morgen, Miss Maeve. Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du eine exzellente Bei-Rot-über-die-Ampel-Fahrerin bist? So gelassen, so waghalsig?«
    Sie blickte mit belustigter Miene vom Monitor auf. »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du lauter Schmonzes redest?«
    »Schmonzes?«
    »Ja, Schmonzes – Blech, Stuss, leeres Stroh.«
    »Aha.« Vielleicht ein Wort aus Galway. »Ich habe dich auf dem Weg zur Arbeit gesehen. Auf der Kreuzung von Hanlon’s Corner, als du Rot hattest. Nerven wie Drahtseile.«
    »Ich gehe gern auf Risiko.«
    »Du hast Glück, dass du mit dem Leben davongekommen bist.«
    »Das Glück ist auf der Seite der Mutigen.«
    »Ich würde nie in dieser Stadt Fahrrad fahren.«
    »Du solltest es versuchen, es veredelt die Seele.«
    »Meine Seele ist schon edel genug.«
    »Ach ja?«, sagte sie und sah ihn mit einem kleinen Lächeln an.
    »Hör auf damit!«
    »Womit?«
    »Mich so anzusehen, als wüsstest du etwas über mich, das ich nicht weiß.«
    »Ich?« Sie lachte. »Ich weiß gar nichts.«

    Matt erzählte Natalie nicht, dass er an dem Morgen mit Maeve um die Wette gefahren war. Wozu auch, es war nichts Wichtiges. Zufällig mochte Natalie Maeve auch sehr gern, und sie und Matt betrachteten sie in gewisser
Weise als Besitz, wie man das bei einem niedlichen jungen Hund tun würde. Freitagabends im Pub achteten beide darauf, dass sie in Maeves Nähe saßen und hören konnten, wie sie in ihrer

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