Der hellste Stern am Himmel
Wunsch.«
»Selbstverständlich, Sir.«
Jetzt dachte der Mann am Empfang – das war Conall klar –, er wollte Mädchen! Er wollte kein Mädchen. Er hatte eine reizende Freundin zu Hause. Eine vage Erinnerung an Brüste und den Duft von Weiblichkeit umfing ihn. Katie. Nein, nicht Katie. Er hatte eine neue. Lydia, stimmt, sein harter, glitzernder Diamant.
»Ich brauche ein paar Hemden und Unterwäsche.«
»Gewiss, Sir. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
»Ja, also …« Seine Nichte Bronagh hatte ihm eine Mail geschickt und ihn an ihren Geburtstag erinnert.
»Da Du mein Onkel, mein Patenonkel und der einzige Millionär in der Familie bist, wünsche ich mir ein schönes Geschenk von Dir.«
»Könnten Sie mir ein Geburtstagsgeschenk für ein kleines Mädchen besorgen?«
»Für welches Alter?«
»Sieben.« Oder war es acht? Sieben oder acht.
Er schreckte aus dem Schlaf. Wo war er? In einem Hotelzimmer … konnte eins von Millionen sein. Jemand klopfte an die Tür, das hatte ihn geweckt. Er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und versuchte, ein wenig Speichel zum Fließen zu bringen, und öffnete die Tür. Ein hilfsbereiter junger Mann brachte Conall neue Oberhemden und Boxershorts, außerdem ein Paar Saphirohrringe für Bronagh. Conall kramte in seinen Taschen, fand Geld in irgendeiner Währung und schickte den jungen Mann damit fort.
Er sah auf die Uhr. Fast schon fünf. Jetzt könnte er ein paar Telefonate erledigen, wo er schon wach war; in Irland war es schon Tag.
»Alles Gute zum Geburtstag, Bronagh!«
Bronagh seufzte lang und affektiert. »Conall. Einen Tag zu spät, und wo ist das Geschenk? Wie immer. Mein Geburtstag war gestern.«
»Ich bin in Asien. Heute ist bei euch morgen.«
»Dann bist du zwei Tage zu spät.«
Himmel, sie hatte Recht.
»Ich bin jetzt acht Jahre alt. Du bist mein Onkel und mein Patenonkel. Ich habe es dir leichtgemacht und dich erinnert. Aber du hast mich trotzdem enttäuscht.«
Grundgütiger! Solche Gespräche hatte er schon zu oft geführt.
»Muss jetzt Schluss machen, mein Schatz. Wir sehen uns, wenn ich zurück bin.«
Gleich darauf wählte er Lydias Nummer.
»Hathaway?«, sagte sie barsch. »Bist du zurück?«
»In Manila.«
»Schon wieder?«
»Ja, ich musste noch mal hierher zurück. In Kambodscha hat es Probleme gegeben –«
»Lalalala. Ich kann dich nicht hören. Huhuhu!« Dann hörte sie mit den Geräuschen auf und fragte: »Bist du fertig?«
»Ja.« Sie hatte ihm gesagt, er solle nicht von seiner Arbeit sprechen, das sei zu langweilig. Aber er könnte ihr sein Hotelzimmer beschreiben, wenn ihm danach war. Oder das Frühstücksbüfett, besonders die warmen Speisen und die Eierkuchen.
»Wann kommst du zurück?«
»Nächste Woche irgendwann.«
»Du hast gesagt, dieses Wochenende.«
»Wie gesagt, es hat Komplikationen gegeben.«
»Egal.«
SECHS TAGE …
Andrej stürzte in finsterste Dunkelheit. Seine Männlichkeit hatte ihn im Stich gelassen. Zum ersten Mal war er Opfer einer solchen Demütigung geworden. Normalerweise war sein sexuelles Selbstvertrauen unerschütterlich.
Und es gab noch andere schlechte Nachrichten.
Jan kam von der Arbeit und berichtete, er habe seine Stelle verloren und wolle nach Polen zurückkehren.
»Hier gibt es keine Arbeit. Und ich will nach Hause. Magdalena kommt auch mit.«
Andrej war ganz verstört. Jan war sein Freund, praktisch
sein Bruder. Sie waren zusammen nach Irland gekommen und hatten in den letzten zwei Jahren alles miteinander geteilt – Wohnung, Vertraulichkeiten, Bier.
Und wenn Jan auszog, wäre er mit dem Kobold allein, es gäbe nur sie beide.
»Warte doch bis nach den Ferien«, sagte Andrej regelrecht verzweifelt. In knapp einer Woche wollten sie beide in den Sommerferien nach Gdansk reisen. »Du hast Heimweh, und ich auch. Aber wenn wir Zeit mit unseren Familien und Freunden verbringen, sammeln wir Kraft, um eine neue Arbeit zu finden und dieses Irland noch ein Jahr zu überstehen.«
Jan schüttelte den Kopf. »Keine neue Arbeit. Wenn wir am Freitag fliegen, komme ich nicht wieder zurück.«
Jan war nicht unbedingt der Hellste, aber wenn er eine Entscheidung getroffen hatte, blieb er dabei. Nichts konnte ihn umstimmen. Andrej dachte mit Unbehagen, dass Jan womöglich etwas von seiner Beziehung mit dem bösen Kobold ahnte. Jan hatte ein klares Empfinden für Richtig und Falsch, noch klarer als Andrej, und Ausschweifungen dieser Art würde er nicht billigen.
Der Gedanke, ohne Jan
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