Der hellste Stern am Himmel
Andrej.
»Der Bräutigam«, sagte sie. »Ich höre, es gibt Grund zu gratulieren.«
Er wirkte etwas schüchtern, aber auch eindeutig stolz.
»Du bist vor ihr auf die Knie gefallen, habe ich gehört«, sagte sie. »Der letzte der großen Romantiker.«
Sie musterten sich mit gegenseitigem Missfallen, und es gab einen winzigen Moment, in dem sie fast aufeinander losgestürzt wären. Alles um sie herum erstarrte, das Universum verharrte für einen Augenblick auf Messers Schneide, kein Atemzug war zu hören … dann wandten sie sich voneinander ab.
Jetzt, nachdem Ruhe eingekehrt ist, schlagen ihre beiden Herzen unabhängig voneinander, und wer hätte das gedacht – es ist eine einzige Katastrophe. Sie passen überhaupt nicht zueinander, man könnte denken, sie sprechen verschiedene Sprachen.
DREI TAGE
»Katie? Katie!« Sie erkannte Fionns Stimme kaum, so entsetzt klang sie. »Mir ist meine Identität gestohlen worden.«
»Fionn, wo bist du?« Das musste mit seiner Kreditkarte zu tun haben, dachte sie, wahrscheinlich hatte er seine Rechnung nicht bezahlt.
»Ich bin im Studio. Es gibt einen anderen wie mich.«
»Der dein Geld ausgibt?«
»Nein! Hast du die Irish Times von heute gelesen?«
Katie sah sich suchend um. Im Büro hatten sie alle Tageszeitungen. »Danno. Bring mir mal die Times .«
»Seite sechzehn«, sagte Fionn.
Katie blätterte die Zeitung durch und … verdammter Mist.
Die fette Überschrift lautete: »Gartenarbeit? Der Rock ’n’ Roll von heute?« Daneben war ein Foto von einem Sexidol, unrasiert und mit verstrubbelten Haaren, der eine Zucchini in seinen erdigen Händen hielt und dabei anzüglich lächelte. Aber dieser Mann war nicht Fionn.
Es war Barry Ragdale, der Star von Grab drauflos , einer neuen Gärtnerserie auf RTE, die in zwei Wochen beginnen
sollte. Ein Werbegag bestand darin, dass Barry früher in einer Band Bass gespielt hatte und zum Abspann jeder Folge ein paar Takte zum Besten geben würde.
Katie durchschaute sofort, was das schlimmstenfalls bedeuten konnte. Für Fionn. Und für sie.
»Haben sie mich deshalb bei Channel 8 verschoben?«, fragte Fionn.
Könnte sein. Möglicherweise hatten sie von der RTE-Serie Wind bekommen und sich entweder nicht getraut, sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit einem staatlichen Sender zu liefern, oder sie wollten erst mal sehen, wie die Sache ankam. Wenn die Serie durchfiel, würden sie ihre eigene gar nicht erst starten; wenn sie abhob, konnten sie sich an Barry Ragdales Erfolg anhängen.
»Weißt du was, Katie?«, sagte Fionn mit zitternder Stimme. »Ich bedaure, dass ich mich jemals auf diese blöde Geschichte eingelassen habe. Ich war glücklich in Pokey. Und jetzt, jetzt bin ich eifersüchtig und verunsichert, und ich hasse alle.«
Katie zwang sich, ruhig zu bleiben. »Fionn, hör mir zu. Es wird immer andere geben, die mit dir in Konkurrenz stehen. So ist das im Leben und noch mehr beim Fernsehen – das ist sowieso ein mörderisches Geschäft. Du musst einen langen Atem haben. Behalte die Nerven, warte ab. Dieser Barry Ragdale könnte abstürzen und sich mächtig die Finger verbrennen, und dann bist du zur Stelle und übernimmst.«
»Meinst du wirklich?«
»Ja, natürlich.« Das hatte sie gut drauf. Schließlich wurde sie dafür bezahlt, dass sie Künstler beschwichtigte. Leider schaffte sie es nicht so gut, sich selbst zu beruhigen.
»Channel 8 hat ja deine Sendung nicht gekippt. Sie soll doch immer noch Sonntag in drei Wochen ausgestrahlt werden, oder?« Das bedeutete nicht, dass sie es nicht doch kippen würden, aber warum das Negative betonen?
»Und wenn sie doch gekippt wird? Dann ist hier für mich alles vorbei, und ich muss wieder nach Pokey.«
»Fionn, du bist zu vorschnell. Betrachte es so: Es ist doch ein Kompliment, dass ein zweiter gut aussehender Gärtner seine eigene Sendung bekommt. Das heißt, dass du den Zeitgeist triffst.«
»Ah, stimmt, so hatte ich das noch gar nicht gesehen.«
»Es ist alles gut.« Also, keiner konnte wissen, ob das so war oder nicht.
»Du hast Recht, Katie, es ist alles gut, denn wir hätten uns nicht kennengelernt, wenn ich nicht nach Dublin gekommen wäre.«
ZWEI TAGE
Zunächst sah es so aus, als würde Matt einen anderen Weg nach Hause wählen. Nach dreiundzwanzig frustrierenden Minuten, in denen er sich in dichtem, langsam kriechendem Verkehr zentimeterweise vorwärtsbewegt hatte, wendete er plötzlich und jagte in die entgegengesetzte Richtung davon. Gleich müsste er rechts und noch
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