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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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einmal rechts abbiegen, dann wäre er wieder auf dem Weg zu seiner Wohnung. Aber das tat er nicht. Er entfernte sich immer weiter von der Star Street, und nach einer Weile fuhr er am Fluss entlang in Richtung Docklands. Er bog vom Kai in eine Nebenstraße ab und dann in immer schmalere Straßen, bis er über Kopfsteinpflaster holperte.
    Er parkte das Auto in der ersten Lücke, die er fand, ungeachtet der Tatsache, dass er im absoluten Halteverbot stand – sollten sie doch den Wagen abschleppen oder sonst was, ihm war es gleichgültig –, und begann den Ausgang von N. B. Technology zu beobachten.
    Siebenunddreißig Minuten vergingen, bis der schlaksige Künstlertyp erschien und die Treppe runtersprang; er trug eine lose sitzende Jeans, die Haare hingen ihm ins Gesicht, und sein Tweedjackett sah aus, als hätte er es
vor kurzem aus dem Moor geborgen, wo es einhundertdreiundzwanzig Jahre lang ungestört gelegen hatte. Er setzte einem attraktiven, schlanken jungen Mädchen nach, das zwischen den Vorderzähnen eine reizende Lücke hatte. »Warte!«, rief er und legte ihr eine Hand auf die Schulter, so dass sie stehen blieb. »Warte doch, Steffi!«
    Als wäre ein Damm gebrochen, überfiel Matt heiße Wut.
    Moment mal. Ich erkenne den Künstlertyp aus Maeves Erinnerungen. Das ist doch –
    »David!«
    Natürlich, David. Maeves früherer Freund, der vor Matt. Erst jetzt erlaubt Maeve mir Zugang, und ich erfahre die Einzelheiten ihrer Vergangenheit.
    »David!« Die Stimme des Mädchens mit dem Spalt zwischen den Vorderzähnen driftete zu Matt hinüber. »Du hast mir einen echten Schreck eingejagt.«
    David erwiderte etwas, das Matt nicht hören konnte, dann schlang er seine Arme um das Mädchen, zog es dicht zu sich heran und küsste es inbrünstig.
    Jetzt hat er also eine Freundin, dachte Matt. Sie sah reizend aus, und die beiden schienen glücklich. Und das Faszinierende war, dass er zu den beiden hinübergehen konnte – sieben oder acht Schritte, und er wäre da –, und mit wenigen Worten könnte er alles zerstören. Er könnte dem reizenden Mädchen ein paar Sachen über David erzählen, dass sie davonrennen und für immer verschwinden würde.
    Er machte sich bereit, spannte Füße und Wadenmuskeln an, um sich wie eine Granate in ihr Leben zu katapultieren – geh los, mach schon –, und dann passierte es.
Er ging zielgerichtet auf sie zu, und David, der wie ein Tier die Gefahr spürte, sah ihn. Etwas flackerte in seinen Augen – Angst, hoffte Matt –, aber Matt ignorierte ihn und richtete seine Aufmerksamkeit ganz auf das Mädchen. »Ich muss mit Ihnen sprechen.«
    Sie wich vor ihm zurück, seine Entschlossenheit machte ihr offensichtlich Angst. »Also, Entschuldigung – Steffi, ja?« Sie nickte ängstlich und schluckte, als könnte sie dadurch die Bedrohung mindern. »Ich bin Matt Geary.«
    »Maeves Mann?«, fragte Steffi.
    Damit hatte Matt nicht gerechnet. Verblüfft fragte er: »Sie wissen von mir?«
    »David hat es mir erzählt.«
    Matt sah David an, der süffisant lächelnd dabeistand, und dann wieder Steffi. »Aber er hat Ihnen nicht die Wahrheit erzählt.«
    »Natürlich habe ich ihr die Wahrheit gesagt.«
    Matt beachtete ihn gar nicht. »Hören Sie, Steffi, bitte –«
    »He«, sagte David. »Du kannst hier nicht einfach aufkreuzen und mit – Dagegen gibt es Gesetze.«
    Gesetze. Gesetze . Das machte Matt fertig. Mit einem Mal verließ ihn alle Energie, jede Kraft wich aus ihm, und er war so leer, wie er es niemals für möglich gehalten hätte.
    Er schlich sich davon, als wäre er körperlich verletzt. David rief ihm hinterher: »Reiß dich zusammen. Sei ein Mann – und vergiss die Sache endlich!«

    ZWEI TAGE …
    Conall blickte aus dem Flugzeugfenster, sah aber die Siedlungen von Dublin unter sich nicht. Er hatte endlich das unbehagliche Gefühl zuordnen können, das seit zehn Tagen an ihm nagte.
    Er hätte den kambodschanischen Teil des Unternehmens aufgeben sollen – er war höchst ineffizient, von Korruption durchsetzt und von einer miserablen Infrastruktur geplagt.
    Dieser eine Fehler hatte zu Dutzenden von anderen geführt, und jeder einzelne davon hatte weitere Ereignisse losgetreten, die am Schluss wie eine Reihe Dominosteine umfielen, so dass Conall letztendlich das Projekt vermasselt hatte.
    In der Branche genoss er Anerkennung für seine geschickte, chirurgisch präzise Arbeit. Wenn er ein Unternehmen zerlegte und wieder zusammensetzte, verschwanden die Nähte schnell, und die neue,

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