Der hellste Stern am Himmel
beendet war, wischte er sich mit dem Ärmel die Milch vom Kinn, warf sich sein Jackett über, stieg in seine Chelsea Boots – äußerst unpraktisch für einen Gärtner – und verließ das Haus.
Er durchquerte den Garten auf einem matschigen Pfad, packte ein Krautbüschel und zog daran fünf dicke Mohrrüben aus dem Boden. Das ganze Land um das Haus herum war ein einziger Gemüsegarten. Tomaten reiften unter Glas, Himbeeren rankten an Stangen, Kartoffeln wuchsen auf einem großen Feld. Er schüttelte die lose Erde von den Mohrrüben ab, warf sie auf den Beifahrersitz in seinem sehr (dreizehn Jahre) alten Auto und fuhr in die Stadt.
SECHZIG TAGE …
Katie hatte bis mittags geschlafen und wachte in Conalls prachtvollem Bett in Conalls hübschem Schlafzimmer in Conalls riesengroßem Haus auf. Das Federbett, das mit superweichen Marshmallow-Federn gefüllt zu sein schien, schmiegte sich mit tiefer Liebe an sie. Alles ist gut , flüsterte es, alles ist gut. Die Wand gegenüber, in einem zarten Pastellton gehalten, der Pflaumenstaub hieß,
lächelte ihr zu. Die hohe Zimmerdecke sah wohlwollend zu ihr herunter und sagte: Es ist mir eine Ehre, mich über Ihnen wölben zu dürfen. Die gerüschten Vorhänge aus schwerer Seide fragten mit ihrem Rascheln, ob sie bereit wäre, das helle Tageslicht ins Zimmer strömen zu lassen. Das Schlafzimmer war göttlich. Sollten sie und Conall sich trennen – was ihnen jeder im Vertrauen vorhersagte –, dann würde sie das Schlafzimmer am meisten vermissen.
Das und die »Verwöhnung«.
Alle Frauen, die sie kannte (mit Ausnahme ihrer Mutter), gierten nach genauen Beschreibungen, wie sich Conall zwischen den so köstlich glatten Laken anstellte.
»Gut«, sagte Katie. »Sehr schön.«
»Gut? Sehr schön? Nicht umwerfend, berauschend?«
»Gut. Sehr schön.«
»Aber so attraktiv, so mächtig, so launisch, wie er ist … Ich dachte, es müsste umwerfend sein.«
»Letzten Endes«, Katie hatte sich ein herrlich sorgloses Schulterzucken zu diesem Satz angewöhnt, »ist er auch nur ein Mann.«
Niemand hörte das gern. Aber Katie dachte, wenn alle, die sie kannte, ihr den wohlmeinenden Rat gaben, sie solle sich Conall nicht voll und ganz ausliefern, dann konnten sie es ihr nicht vorhalten, wenn sie diesen Rat befolgte. (Oder so tat, als würde sie ihn befolgen. Ja, sie achtete darauf, sich von Conalls machtvoller Persönlichkeit und seiner überdimensionalen Matratze nicht überwältigen zu lassen, aber beim Verwöhnen gab sie sich ganz hin. Sie war neununddreißig – fast vierzig –, sie war sexuell in Höchstform.)
Auf dem Flur spürte sie die Splitter der nackten Dielen unter ihren Sohlen, und die staubigen Wände sahen aus wie offene Wunden. An einem Wochenende hatte Conall aus Langeweile angefangen, die Tapete abzureißen, dann aber rasch aufgegeben, als er ungefähr sieben weitere Schichten unter der entdeckte, die er abriss. Auf dem Fußboden standen Bilder mit der Vorderseite an die Wand gelehnt, und mehrere Umzugskisten waren noch unausgepackt. Vom Schlafzimmer und Badezimmer abgesehen war das große Haus noch in exakt dem Zustand, in dem Conall es drei Jahre zuvor gekauft hatte. Das wunderhübsche Schlafzimmer war Katies Vorgängerin zu verdanken, Saffron, die offensichtlich einen exquisiten Geschmack hatte, doch leider hatte Conall sich von ihr getrennt, bevor sie sich der anderen Zimmer annehmen konnte. (Das Badezimmer war das Werk von Kym, Saffrons Vorgängerin, die aber in Katies Augen nicht die gleiche Begabung hatte wie Saffron.)
Am schlimmsten war die Küche: Auf dem Fußboden Linoleum mit einem geometrischen Muster in Orange und Gelb, die senfgelben Einbauschränke alt und schäbig. Auf dem unbenutzten Esstisch lagen Broschüren deutscher Firmen herum, die elegante, traumhafte Küchen herstellten, daneben Muster von Marmor, Fliesen und verschiedenen Holzsorten, die Conall bestellt hatte, ohne je eine Entscheidung getroffen zu haben, was er wollte. Manchmal blieb Katies Blick daran hängen – besonders die breiten Dielen aus gebeizter Eiche hatten es ihr angetan –, dann krümmte sie sich regelrecht vor Verlangen und Frustration. Sie könnte aus dem Haus einen
Traum machen! Nun gut, das könnte jeder, der Conalls Geld zur Verfügung hatte.
Sie wandte sich von dem herrlichen Holz ab, denn sie war auf der Suche nach Essbarem. Etwas Richtiges würde sie in Conalls Küchenschränken nicht finden, aber Schokolade gab es in Hülle und Fülle, jede Menge Schokolade und
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