Der hellste Stern am Himmel
Jemima. So schön wie Angeline, und wie sie ein freier Geist. (Oder, wenn man unfreundlich sein wollte, was nicht Jemimas Absicht war, pathologisch unfähig, Verantwortung zu übernehmen.) Pearse war Fischer und verbrachte sein Leben in Trawlern an der Westküste Irlands. Fionn war das Ergebnis einer kurzen, aber sehr leidenschaftlichen Ehe mit Angeline, und obwohl sie nicht zusammengeblieben waren – Pearse war elf Monate im Jahr auf See, und Angeline sprach einfach ein bisschen zu langsam, als dass Pearse lange genug warten konnte, um ihr zu Ende zuzuhören –, war die Beziehung herzlich geblieben. Pearse liebte Fionn, gestand aber offen, dass er nicht in der Lage sei, ihm ein Elternhaus zu geben.
Er musste bei Pflegeeltern untergebracht werden.
Zu dem Zeitpunkt traten Jemima und Giles auf den Plan. Angelines Tod hatte sie zutiefst verstört. »Wie konnten wir zulassen, dass so etwas geschieht?«, wollte Jemima von Giles wissen.
»Du hast ihr Suppe gebracht.«
»Aber ich habe nicht gewusst, wie krank sie war. Fionn
hat ihr heiße Zitrone mit Honig gemacht. Ich dachte, sie sei erkältet.«
»Wir konnten es nicht wissen«, sagte Giles und knetete ihr die Schultern. »Wir konnten es nicht wissen. Aber jetzt können wir ihm ein Zuhause geben.«
»Er wird Ihnen das Leben nicht leichtmachen«, prophezeite der Mann vom Sozialamt. »Er hat von beiden Seiten Verantwortungslosigkeit geerbt. Doppelt geschlagen. Da gibt es keine Hoffnung. Außerdem sieht er aus wie ein Mädchen.«
»Giles und ich lassen uns nicht abschrecken«, erklärte Jemima. »Ein ausgeglichenes Kind findet immer ein Zuhause, aber die armen benachteiligten Kinder sind die, die dringend eins brauchen.«
SIEBENUNDFÜNFZIG TAGE …
Heute ist Katies richtiger Geburtstag.
»Vierzig«, sagte Danno, als sie ins Büro kam. »Nächste Haltestelle, der Tod.«
Eine kleine Abordnung von Kollegen scharte sich um ihren Schreibtisch. »Herzlichen Glückwunsch, Ms Richmond«, sagte Danno. Sie überreichten ihr eine Karte und ein eingewickeltes Geschenk. »Es ist nur eine Kleinigkeit, mit den Geschenken von Schasser Hathaway können wir nicht mithalten, aber wir haben uns etwas dabei gedacht.«
Es war ein Tagebuch für das Jahr ab vierzig. Vorn drauf stand: »Das Leben beginnt … Eine Anleitung für
den Rest deines Lebens.« Auf jeder Seite stand oben ein aufmunternder Spruch.
»Das ist ja wunderbar.« Katie blätterte darin herum. »Ich lese euch den Spruch für den heutigen Tag vor. ›Tanze vor Freude an jedem Tag deines Lebens. Aber lass niemanden dabei zusehen, nicht in deinem Alter.‹ Wie schön. Das wäre doch nicht nötig gewesen.«
»Schasser Hathaway ist hier!«
Katie sah Danno überrascht an.
»Du hast doch erzählt, er ist in Helsinki«, sagte Danno vorwurfsvoll.
»Da war er auch.«
»Er ist zurückgekommen, um dich zum Lunch auszuführen«, sagte George.
George hatte wahrscheinlich Recht, musste Katie zugeben. Conall war der Typ für großartige Gesten.
»In einem Privatflugzeug mit hellen Lederpolstern und einem königsblauen weichen Teppich«, ergänzte George mit träumerischem Blick. »Zu Krug und Beluga-Kaviar – obwohl Kaviar irgendwie eklig ist. Diese Kügelchen … wie Space-Dust-Brausebonbons für Feinschmecker.«
»Halt den Mund, du Idiot«, fuhr Danno ihn an, dann sagte er zu Katie: »Er wartet unten auf dich und isst Schokolade – wie immer, weil er die ganzen Schuldgefühle, die auf ihm lasten, wegdrücken will. Er sehnt sich nach dir.«
Sie ließ sich Zeit. Sie hatte schon etwas anderes in ihrer Geburtstags-Mittagspause vor und ärgerte sich über Conalls Anmaßung. Zwar wollte sie nur in die Fußpflegeabteilung
bei Boots gehen, aber da sie ihr Leben in hochhackigen Schuhen verbrachte, kamen dort zwei ihrer speziellen Interessen zusammen. Sie hatte eine ausgeprägte Vorliebe für Einlegesohlen – unsichtbare, Gelgefüllte Polster, die das unangenehme Brennen des Fußballens verhindern sollen. Noch hatte sie das richtige Produkt nicht gefunden – nämlich ein Polster, das sich nicht vom Schuh löste und an ihrer Fußsohle kleben blieb –, aber sie hatte die Hoffnung nicht aufgegeben. Außerdem hatte sie eine Anzeige für ein neues Produkt entdeckt, ein entzückendes, durchsichtiges Gelpflaster, mit dem man die kleinen Zehen umwickeln konnte, um sie in offenen Sandalen zu schützen, und das wollte sie sich genauer ansehen. Dazu kam, dass sie keine Fersenschützer mehr hatte, die aber unabdingbar waren. Nicht nur
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