Der hellste Stern am Himmel
Geburtstag. Sie wird fünfundsechzig. Maeve …« Er schüttelte den Kopf. Fast war es komisch. »Hast du das etwa vergessen?«
»Ich habe es nicht vergessen«, sagte Maeve. »Ich habe es versucht, aber das ging nicht, du hast mich den ganzen Monat jeden Tag daran erinnert. Ich will es einfach nicht wahrhaben. In der Hoffnung, dass es nicht stattfinden wird, wenn ich es nicht wahrhaben will.«
»Es findet aber statt.«
»Das heißt, wir brauchen für heute Abend nichts einzukaufen?«
»Nein. Wir kriegen ein erstklassiges Essen im L’Ecrivain.«
»Wann sollen wir da sein?«
»Halb acht.«
»Dann hat es wohl kaum Sinn, dass wir heute Nachmittag unseren Ausflug machen. Wir müssten ihn abkürzen, um rechtzeitig zu Hause zu sein.«
»Stimmt. Eigentlich schade.« Matt versuchte seine Erleichterung zu verbergen.
Er und Maeve machten jeden Samstagnachmittag einen Ausflug in die Wicklow Hills. Nur dass sie in den letzten Wochen nicht dazu gekommen waren. Monaten, eigentlich. Wenigstens konnte er jetzt den Nachmittag auf dem Sofa verbringen und sich das Rugby-Spiel angucken.
Irland war im Begriff, von England eine empfindliche Niederlage hinnehmen zu müssen, als Maeve ins Wohnzimmer kam. »Maa-aatt?«
»Hmmm?« Er konnte sich nicht vom Bildschirm losreißen.
»Matt. Mir ist schlecht.«
Das erregte seine Aufmerksamkeit. Er drehte sich zu ihr um. »Was meinst du mit schlecht?«
»Mein Magen. Als müsste ich kotzen. Ich glaube, ich kann heute Abend nicht mitkommen.«
Matt sah sie an. Am liebsten hätte er geweint. »Bitte, Maeve. Versuch es doch. Sie haben dich seit Ewigkeiten nicht gesehen. Sie werden glauben, ich habe dich umgebracht und im Garten vergraben.«
Sie ließ den Kopf hängen.
»Es wird schon nicht so schlimm werden«, redete Matt ihr gut zu. »Wir sind nur zu sechst. Es könnte schlimmer sein. Sie könnten eine Party veranstalten.«
Aber Partys waren besser, da konnte man in der Menge untertauchen, und wenn man sich geschickt anstellte, brauchte man mit fast niemandem zu reden.
»Na gut«, sagte sie. »Ich komme mit.«
»Danke.«
»Wie vornehm ist das Restaurant, in das wir gehen?«
»Du kennst meine Mutter. Sie liebt es vornehm.«
»Kann ich in Jeans gehen?«
»Von mir aus kannst du anziehen, was du willst. Aber wenn du ein Kleid hättest …«
Als Matt und Maeve im L’Ecrivain ankamen, standen Matts Eltern, Hilary und Walter Geary, in der Bar bei einem ersten Drink. Hilary, eine zierliche, modische Frau in einem altrosa Etuikleid und mit perfekt abgestimmtem Lippenstift, plapperte auf Walter ein, einen großen, wortkargen Mann in einem gelben Golfpullover. Hilary trank Gin und Walter Whiskey pur, wie Matt bekümmert feststellte.
»Alles Gute zum Geburtstag, Mum. Entschuldige die Verspätung«, sagte Matt. Maeve musste ihren ganzen Kleiderschrank durchprobieren, bevor sie ein Kleid fand, in dem sie sich zeigen mochte.
Hilary sprang auf und setzte zu wohlduftenden Umarmungen an. »Ihr kommt nicht zu spät«, sagte sie, »wir sind zu früh.«
»Sie kommen zu spät«, murmelte Walter in seinen Whiskey hinein, »aber nicht so spät wie sein Bruder.«
»Beachte ihn gar nicht.« Hilary umfing Maeve in einer parfümierten Umarmung. »Wie schön, dich zu sehen, Maeve.«
»Wir hatten schon gedacht, Matt hätte dich um die Ecke gebracht«, sagte Walter und kippte den Rest seines Drinks hinunter.
»Na!« Hilary gab Walter einen leichten Klaps mit dem Handrücken. »Nimm keine Notiz von ihm. Wir wissen, dass Maeve viel zu tun hat. Und niemand kann etwas dafür, wenn er krank wird. Wir werden alle mal krank.«
Walter hob sein Glas für den Barkeeper. »Dasselbe noch mal.«
»Hier sind ja Alex und Jenna«, sagte Hilary.
Sie waren ein gut aussehendes Paar: Alex war eine größere, schlankere und etwas ältere Version von Matt, und Jenna war sommerlich und frisch, mit langem glänzenden Haar und kornblumenblauen Augen. Sie trug ein aufsehenerregendes korallenrotes Trägerkleid und schicke Riemchensandalen.
»Du hast dir das Kleid gekauft!«, rief Hilary und zeigte auf Jenna.
Jenna schüttelte den Kopf. »Ich hätte gleich auf dich hören sollen, Hilary. Es ging mir nicht aus dem Kopf, und schließlich bin ich wieder in das Geschäft zurück.«
»Habe ich dir doch gesagt!« Hilary lachte. »Wenn ich mich mit irgendwas auskenne, dann mit Kleidern, und dieses Kleid war wie für dich gemacht.«
»Nächstes Mal weiß ich es besser.«
»Warum werde ich nicht umarmt?«, brummte
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