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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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sitzenlässt.«
    Alle am Tisch erstarrten. Dawn sprach zwar nur das aus, was die anderen dachten, aber langsam ärgerte es Katie.
    »Dawn …«, sagte Naomi besorgt.
    »Sie werden dich in eine Nervenheilanstalt einliefern«, sagte Dawn.

    »Das reicht«, sagte Katie. »Du weißt nicht, was du da redest.«
    »Aber ich –« Dawn erschrak. Katie, die sonst immer so … nett, so freundlich war.
    Katie war entsetzt, genau wie Dawn. Das war jetzt schon das zweite Mal in den letzten Tagen, dass sie so gereizt reagiert hatte. Das erste Mal bei ihrer Mutter, als es um ihre Haarfarbe ging, und jetzt das. Himmel. Naomi hatte Recht: Jetzt, mit vierzig, würde sie den Menschen dauernd über den Mund fahren und sich nicht mehr bremsen können. Sie würde sich überall Feinde machen.
    »Dawn, bitte, es tut mir leid.« Sie konnte sich nicht mit Dawn anlegen. Dawn hatte seit kurzem ein Kind, sie war sieben Monate lang nicht ausgegangen, und sie hatte sowohl ihr Benehmen als auch ihre Trinkfestigkeit verloren.
    »Ich habe seit zwei Jahren mit niemandem geschlafen!« , sagte Sinead und versuchte diplomatisch, dem Gespräch eine andere Richtung zu geben. »Das letzte Mal war bei Katies achtunddreißigstem Geburtstag. Das war ein toller Abend. Wisst ihr noch, als wir die slowakische Untersuchungskommission getroffen haben …«
    »Bei mir sind es elf Monate«, erklärte Naomi.
    »Aber du bist verheiratet. Ich hätte gern ein geregeltes Sexleben«, sagte Sinead.
    Naomi schnalzte mit der Zunge. »Mir wäre es egal, wenn es nie wieder passierte.«
    Katie seufzte innerlich. Sie wusste, was als Nächstes kam: das Schokoladen-Gespräch. Die Frauen, die feste Partner hatten (Naomi, Dawn und Tania) würden im
nächsten Moment davon anfangen, dass ihre Ehemänner immer sexuelle Bedürfnisse hatten und dass sie gern für den Rest ihres Lebens darauf verzichten würden, wenn sie stattdessen jeden Abend einen Schokoriegel bekämen.
    Und so kam es auch: Sie unterhielten sich lang und ausführlich darüber, welche Schokoriegel sie am liebsten mochten: Mars, Twirl, Twix (nicht sehr beliebt), Bounty.
    »Sex mit Ralph einmal im Monat oder jeden Abend ein Twix?«, wollte Tania von Naomi wissen.
    »Ein Twix, ein Twix! Dabei mag ich die nicht mal.«
    »Ich auch nicht. Woran das wohl liegt?
    »Der Keks in der Mitte«, sagte Naomi mit Bestimmtheit.
    »Du hast Recht! Es ist liegt an dem Keks.«
    Dann erwähnte Dawn Green-&-Black’s-Schokolade, worauf alle so laut und lebhaft durcheinanderzureden begannen, dass die Kellner sie baten, leiser zu sein.

FÜNFUNDFÜNFZIG TAGE
    Andrej lag im Bett und weinte leise. Die Kombination aus Heimweh, Wiedereintritt in die Realität nach dem Trinkgelage und der Tatsache, dass es Sonntagabend war, der schlimmste Abend der Woche, hatte ihn übermannt.
    Als er den Schlüssel in der Tür hörte, war er überrascht, weil er Jan erst am Morgen aus Limerick erwartete, aber er dachte auch nicht, dass der kleine böse Kobold schon zurück sein würde, denn der verbrachte die Nacht zum Montag immer bei dem Armen Scheißer. Aber es war Lydia, eindeutig, er hörte sie und spürte, wie sie ihre besondere Duftmarke von Abscheulichkeit in der Wohnung verströmte.

    Auch Lydia war nicht eben in Bestform. Sie war nach dem Wochenende erschöpft und deprimiert, musste am nächsten Morgen früh um halb sechs aufstehen und hatte eine Siebzigstundenwoche vor sich. Und der gereizten Stimmung in der Wohnung nach zu urteilen, war mindestens einer der Polen da, wahrscheinlich Andrej.
    Gilbert würde sie wieder aufrichten. Sie hatte ihn vermisst. Sie kramte ihr Handy heraus, drückte auf Wahlwiederholung
und war empört, als sie seinen Anrufbeantworter hörte – schon wieder. Seit Freitag nahm er ihre Anrufe nicht an, wahrscheinlich, weil er sauer war, dass sie so sang- und klanglos verschwunden war. Wochenenden waren die Zeit, die sie gemeinsam hatten. Normalerweise arbeiteten sie beide von Donnerstag auf Freitag und von Freitag auf Samstag bis spät in die Nacht, hörten gegen drei Uhr morgens auf und verbrachten Samstag und Sonntag zusammen in Gilberts großem Bett.
    »Hör auf zu schmollen, du großes Baby«, sagte sie. »Ich bin wieder da, und ich möchte dich sehen.«
    Einen kurzen Moment fragte sie sich, fragte sich ehrlich und aufrichtig, wo genau Gilbert jetzt war und wie er das Wochenende wohl verbracht hatte. Es gab keine Hinweise, dass er sich mit anderen Frauen traf, aber sie bemerkte ein kleines flaues Gefühl, was sie überraschte.

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