Der hellste Stern am Himmel
hinreißend. Und ein Vermögen für ihre Haare. Und jetzt genehmigte sie sich eine Luxuspediküre. In einer Stunde kam Conall sie abholen, sie hatte also noch reichlich Zeit, nach Hause zu gehen und sich umzuziehen – da machte ihr Handy einen Doppelpieps, und sie wusste es gleich: Conall mit einer Absage.
Stecke in Helsinki fest: Notfall. Es tut mir sehr, sehr, sehr leid.
Sie las die SMS noch einmal, in der Hoffnung, sie würde anders lauten, dann schluckte sie, und Zornestränen stiegen ihr in die Augen. Sie hätte jetzt gern irgendetwas getreten, aber ihre Zehennägel waren noch nicht trocken, und das wollte sie nun auch nicht – dass die Pediküre umsonst war. Er war es nicht wert. Wenn sie schon allein zu der Hochzeit ihres ehemaligen Freundes gehen musste, dann wenigstens mit erhobenem Kopf und in der Gewissheit, dass ihre Füße hinter denen von niemandem zurückstanden.
Es erwies sich, dass die Pediküre ein großer Erfolg war, besonders während der Trauungszeremonie. Der Gedanke daran lenkte sie von Donandas strahlender Schönheit ebenso ab wie von Jasons mit großer Aufrichtigkeit gegebenem Eheversprechen und den mitleidigen Blicken der Freunde, die sie damals, als Katie und Jason ein Paar waren, gehabt hatten und die sich dann auf Jasons Seite geschlagen hatten. Ihre außerordentlich gepflegten Füße wirkten geradezu als Rettungsleine, als die kleine Tochter von Jason und Donanda ihnen die Ringe auf weißem Samt hinhielt. Ihr habt eine entzückende kleine Tochter mit einem Blumenkranz in den Haaren, aber ich habe wunderhübsche rosa Zehennägel.
Doch als sie zum Restaurant kamen, ließ ihre Haltung sie im Stich, denn die Tischordnung sah vor, dass sie am Katzentisch platziert war.
Sie redete sich gut zu und bekämpfte ihre Paranoia. Sie und Jason waren Freunde geblieben, warum sollte er sie beleidigen? Aber ihr Tisch war ganz hinten, mit einer Wand neben ihr und einer ihr gegenüber. Die anderen Gäste an dem Tisch – alles Portugiesen und Mitglieder von Donandas Großfamilie – waren vier uralte, schwarz gekleidete Frauen und ein Mann in den Fünfzigern von stämmiger Gestalt, der einen prachtvollen Schnurrbart hatte und das Hemd bis zur Mitte der Brust aufgeknöpft trug. Keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort Englisch. Eindeutig der Katzentisch.
Ein Platz – außer dem, der für Conall vorgesehen war – blieb leer, und Katie setzte alle ihre Hoffnungen darauf. Als ein höchst attraktiver Mann mit wildem Haar sich näherte, mochte sie es kaum glauben. Was hatte er verbrochen,
dass er am Katzentisch sitzen musste? Offenbar das schwarze Schaf der Familie. Drogenprobleme? Oder Veruntreuung? Anscheinend hatte man beschlossen, ihn irgendwohin zu stecken, wo er keinen Schaden anrichten konnte.
Als er sich dem Tisch näherte, wurde sein Entsetzen deutlich. Er nahm sein Namensschild und las die kalligrafischen Schnörkel in Goldschrift, als könnte er nicht fassen, was er las, dann musterte er mit einem panischen Flackern in den Augen die sechs freundlichen Gesichter, steckte das Namensschild in die Tasche und machte sich aus dem Staub.
»Und er ward nie wieder gesehen«, sagte Katie.
Ohne Witz, alle Gäste hatten Platz genommen. Niemand würde sich jetzt noch zu ihnen setzen, es gab kein Entrinnen.
Mit aufgesetzter Galanterie wechselte der Mann mit dem Schnurrbart den Platz, so dass er neben Katie saß.
»Ohhh-hoooh!« Die Frauen ermunterten ihn. Offensichtlich vergötterten sie ihn.
Er schlug sich auf die Brust und sagte: »Ich Nobbie.«
»Katie.«
»Sie sind schöne Frau.«
»Sie haben einen prachtvollen Schnurrbart. Darauf sind Sie bestimmt stolz.«
»Großtante von Donanda.« Eine der Frauen zeigte auf sich selbst. Dann zeigte sie auf die anderen drei und sagte: »Großtante, Großtante, Großtante.«
Katie tippte Nobbie mit dem Zeigefinger auf die Brust und sagte: »Großtante?«
Ach, wie sie lachten!
»Onkel, Onkel«, sagte Nobbie mit seiner tiefen Machostimme. »Sie?«
»Frühere Freundin von Jason«, erklärte sie, als würden sie Englisch perfekt verstehen. »Wahrscheinlich die Liebe meines Lebens.« Die Portugiesen nickten höflich. »Zwischen einunddreißig und siebenunddreißig. Ich erzähle Ihnen, was passiert ist.« Sie schlug die Beine übereinander und beugte sich vertrauensselig nach vorn. »Wir hatten beschlossen, dass es Zeit war, ein Kind zu bekommen, und erst als wir ganz oft miteinander schlafen mussten, wurde uns klar, dass wir uns nicht mehr begehrten!
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