Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Henker will leben Kommissar Morry

Der Henker will leben Kommissar Morry

Titel: Der Henker will leben Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
Claremont zögernd. „Sie ist eine sehr attraktive und wahrscheinlich auch resolute Person. Durchaus ladylike. Ich habe keine Ahnung, wie und wovon sie lebt. Das bleibt noch zu untersuchen. Sie dürfen versichert sein, daß ich mehr als überrascht war, sie plötzlich im Zimmer des Toten anzutreffen. Marcus Porezzi war übrigens nicht weniger erstaunt..."
    „Ich hasse Künstler", sagte Forster verächtlich.
    Claremont warf ihm einen verblüffenden Blick zu. „Das klingt sehr bitter!"
    „Künstler sind Untermenschen, keine Übermenschen", erklärte Forster wütend. „Mit ihrem bißchen Begabung treiben sie in unverantwortlicher Weise Schindluder. Sie terrorisieren ihre Umgebung und rechnen damit, daß man sie ständig auf Händen trägt. Sie bilden sich ein, den anderen etwas zu geben, und erwarten deshalb unausgesetzt, daß man sich vor Dankbarkeit und Bewunderung umbringt. Was sie auch tun oder sagen, ist der Ausfluß hemmungsloser Ich bezogenheit."
    „Porezzi macht einen ganz vernünftigen Eindruck", bemerkte Claremont.
    „Vielleicht bildet er eine Ausnahme."
    „Jedenfalls ist er sympathischer als sein Agent. Ich habe oft genug mit diesen Typen zu tun gehabt... sie sind mir allesamt viel zu gerissen. Auch dieser Ferrick, der sich als väterlicher Betreuer seines Schützlings aufspielt, hat etwas von dieser rattengesichtigen Verschlagenheit an sich, die ich zutiefst verabscheue."
    „Glauben Sie, daß er mit dem Mord etwas zu tun hat?" fragte Forster.
    „Es ist noch zu früh, irgend etwas zu glauben.“
     
    *
     
    Ellen Brewer war ein vierundzwanzig jähriges Mädchen mit großen, blaßblauen Augen und stumpfem Blondhaar. Auf den ersten Blick wirkte sie beinahe hübsch, aber bei genauerem Hinsehen entdeckte man hier und dort einige Mängel, die diesen Eindruck rasch abschwächten. Sie hatte sehr schmale Lippen und eine zu große Nase. Ihr Kinn war ziemlich derb geraten und sie war stärker geschminkt, als es für ein Mädchen ihres Types von Vorteil war. Sie saß dem Inspektor in ihrem blitzsauberen, aber seltsam unpersönlich eingerichteten Wohnzimmer, das in der neunten Etage eines billigen Mietshauses lag, gegenüber. Die ringlosen Hände hielt sie im Schoß gefaltet, die gerade, steife Haltung drückte fast so etwas wie stummen Trotz aus.
    Claremont begriff, daß es nicht sonderlich schwer sein würde, dieses Mädchen zu befragen. Sie gehörte zu jenen etwas spröden Typen, die sachliche und korrekte Antworten gaben ... wenngleich sie selten etwas aus eigenem Antrieb äußerten. Sie gab nicht vor, vom Tod ihres Verlobten aus der Bahn geworfen worden zu sein, und ihr völliger Mangel an gezeigter Anteilnahme enthob ihn der Aufgabe, sie über den erlittenen Verlust wortreich hinwegzutrösten.
    Bekleidet war das Mädchen mit einem engen Rock, einem gelben Pulli, der sie noch blasser machte, als sie ohnehin schon war, und hohen, eleganten Pumps.
    „Seit wann kannten Sie Ihren Verlobten?" erkundigte sich der Inspektor.
    „Genau ein Jahr."
    „Wo lernten Sie ihn kennen?"
    „Auf einem Ball... es war eine Wohltätigkeitsveranstaltung zugunsten Polio-geschädigter Kinder."
    „Er war allein dort?"
    „Ja.“
    „Sie trafen ihn von da ab regelmäßig?"
    „Ja."
    „Wie häufig?"
    „Zuletzt mindestens zweimal in der Woche."
    „Mr. Hunter war ein Butler... ein Mann also, dessen Zukunftsaussichten relativ begrenzt waren, und der sich dem strengen Zeitplan seines Dienstes zu unterwerfen hatte. Alles in allem brachte er nicht gerade ideale Voraussetzungen für einen Liebhaber und Ehemann mit."  
    „Ich finde eher, daß das ein Vorteil war", sagte das Mädchen. „Ich habe leider zuviele Männer kennengelernt, die ihre sogenannte Freiheit nur dazu benutzten, untreu zu sein.“
    „Sie hatten sich also vorgenommen, zu heiraten. Stand der Termin schon fest?"
    „In sechs Monaten sollte es soweit sein.“
    „Warum wollten Sie solange warten?"
    „Man kann keinen Hausstand gründen, ohne eine gewisse materielle Grundlage zu besitzen."
    „Wie ich erfahren habe, sind Sie als Stenotypistin in einem Wäschereibetrieb beschäftigt. Wollten Sie diese Tätigkeit nach der Eheschließung auf geben?"
    „Nein ..." erwiderte sie zögernd. Dann fügte sie hinzu: „Ich wollte Weiterarbeiten, aber auf einem anderen Sektor. Es war unsere Absicht, als Diener-Ehepaar unterzukommen. Das hätte uns gleichzeitig die Wohnungssorgen abgenommen. Elliot erklärte mir, daß bei dem derzeitigen Mangel an Domestiken die

Weitere Kostenlose Bücher