Der Henker will leben Kommissar Morry
Fensterläden verziert war, und zu dem ein paar weißgescheuerte Treppen in die Höhe führten. Das Haus machte einen soliden und zugleich vornehmen Eindruck. Statt einer Klingel besaß die Tür einen auf Hochglanz polierten Messingklopfer. Während Claremont ihn betätigte, bewunderte er die die hübschen Schnitzereien an der Tür.
Ein ziemlich häßlich aussehendes Mädchen öffnete ihm. Er nannte seinen Namen und wurde in einen kleinen, geschmackvoll eingerichteten Salon geführt, dessen beide Fenster zur Straße wiesen.
„Bitte nehmen Sie einen Moment Platz", bat ihn das Mädchen. „Mrs. Porezzi wird gleich kommen. Sie zieht sich gerade um."
Das Mädchen ging hinaus und Claremont fand Gelegenheit, die teuren Möbel und die wertvollen Bilder zu betrachten. Wenige Minuten später betrat Mrs. Porezzi das Zimmer. In einem eng anliegenden Kleid aus bedruckter Seide sah sie apart und überraschend jung aus. Sie ging auf ihn zu und er erhob sich, um sie zu begrüßen.
„Behalten Sie doch Platz, mein Lieber... darf ich Ihnen irgend etwas anbieten? Einen Sherry, einen Whisky vielleicht? Zigarren? Zigaretten? Oder gehören Sie zu den Detektiven, die nur Pfeife rauchen? Dann haben Sie natürlich auch Ihren ganz speziellen Shag-Tabak, nicht wahr?"
Claremont lächelte höflich. „Ich rauche nicht, Madame."
„Aber Sie trinken doch etwas?"
„Nein, vielen Dank... ich bin im Dienst."
Mrs. Porezzi nahm ihm gegenüber an dem kleinen, runden Tisch Platz. Der Inspektor setzte sich gleichfalls.
„Wie schrecklich enttäuschend, daß die Herren von der Polizei immer so förmlich sein müssen!" sagte sie mit einem kokettierenden Lächeln, das merkwürdigerweise einen harten Zug um ihre Lippen brachte.
Claremont versuchte das Alter der Frau zu schätzen. Sie wirkte wie eine gepflegte Mittvierzigerin und war noch immer eine Erscheinung mit Charme und Persönlichkeit. . . wenngleich ihre Weiblichkeit von Energie, Reife und Alter sichtlich abgeschliffen worden war. Da ihr Sohn knapp vierunddreißig Jahre alt war, mußte sie im günstigsten Fall knapp über fünfzig sein.
So alt sieht sie wirklich nicht aus, dachte er. Naja... sie wird einen guten Teil ihrer Zeit damit verbringen, sich der Schönheitspflege zu widmen. Solche Frauen haben's gut!
„Ich war bei Miß Brewer", erklärte er.
Die Frau hob die getuschten Augenbrauen.
„Wer ist das? Ich habe den Namen noch niemals gehört."
„Es handelt sich um Mr. Hunters Verlobte."
„Interessant. Wie hat die Ärmste die furchtbare Nachricht aufgenommen?"
„Erstaunlich gefaßt."
„Hm", machte die Frau und spitzte dabei die Lippen ein wenig, „das ist im Grunde genommen gar nicht erstaunlich."
„Finden Sie?"
„Ja.“
„Und warum, wenn ich fragen darf?"
„Elliot war ein gut aussehender, im Grunde genommen aber sehr pedantischer und ungemein trockener Bursche. Es liegt auf der Hand, daß die Frau, die er an sich zubinden vermochte ganz ähnliche Eigenschaften aufweisen muß... ich wette, daß es eine nüchterne, sachliche Person ist. Habe ich recht?"
„Das Bild, das Sie von Miß Brewer entwerfen, dürfte ungefähr zutreffend sein."
„Na, sehen Sie!"
„Wie standen Sie zu Elliot, Mrs. Porezzi?"
„Zu Elliot... ich verstehe nicht, wie Sie das meinen!"
„So, wie ich es gesagt habe. Gab es irgendwelche persönlichen Bindungen, die Sie an ihn fesselten?"
„Lieber Himmel... was bringt Sie denn auf diesen ausgefallenen Gedanken?"
„Können Sie sich das nicht denken?"
Die Frau zwang sich zu einem Lächeln. „Ich verstehe. Aus der Tatsache, daß Elliot sich mit dem Brief an mich wandte und um mein Vertrauen warb, konstruieren Sie die Folgerung, daß zwischen uns ein gewisses Einverständnis geherrscht haben muß."
„Sie werden zugeben, daß das ein sehr naheliegender Gedanke ist."
„Mag sein... aber er entspricht nicht den Tatsachen."
„Ich hoffe, Sie überlegen sich genau, was Sie sagen?"
Mrs. Porezzi zog ein erstauntes Gesicht.
„Entschuldigen Sie bitte, Inspektor... wollen Sie mir bitte verraten, was Sie mit dieser
recht seltsamen Anspielung ausdrücken möchten?”
„Ich weiß zufällig, daß Sie Elliot Hunter einmal sehr nahe gestanden haben, Madame."
„Das ist nicht wahr!"
„Denken Sie nach!"
Das Gesicht der Frau rötete sich. „Ich bestreite es!" rief sie aus.
.Das hört sich schon anders an. Ich kann verstehen, daß es Ihnen peinlich ist, darüber zu sprechen. Schließlich war Elliot Hunter der Butler Ihres Sohnes... ein Mann also,
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