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Der Herodes-Killer

Der Herodes-Killer

Titel: Der Herodes-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Roberts
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Empfang bat er darum, Dr. Brian Reid zu holen, der kurz darauf erschien.
    «Detective Rosen?»
    Rosen drehte sich um und sah sich einem kleinen, dunkelblonden Mann in einem weißen Kittel mit dem üblichen Abzeichen des St Thomas’s Hospitals gegenüber.
    «Herr Dr. Reid, haben Sie gestern meine Frau angerufen und sie gebeten, heute hierherzukommen?»
    Der Arzt runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. «Nein, ganz und gar nicht.»
    «Ein inoffizieller Termin wegen eines Problems mit ihren Blutwerten?»
    Blinde Hoffnung ließ ihn weiterreden. «Sie hatten das mit Tom Dempsey aus der Gynäkologie abgemacht?»
    «Ich habe schon seit Wochen nicht mehr mit Tom gesprochen.»
    Rosens Handy klingelte, und die Dame am Empfang begann die Stirn zu runzeln.
    Er wünschte sich über alles, dass es Sarah war.
    «David?» Es war Carol Bellwood. «Es ist zweifelsfrei ein Fehlalarm, ein böser Streich. Die Picardie Road 19? Ich stehe gerade vor der Lücke zwischen Nr. 17 und Nr. 21, wo früher die Nr. 19 war. Das Haus ist vor Jahren durch ein Unglück, eine Gasexplosion, zerstört worden. Wir haben an jede Tür in der Picardie Road geklopft, falls wir die Nummer falsch verstanden haben sollten. In dieser Straße wohnt nicht einmal eine schwangere Frau. Hier gibt es keinen Entführungstatort. Wo sind Sie, David?»
    «Ich befinde mich in diesem Moment an einem Entführungstatort. Im St Thomas’s Hospital. Erster Stock, Nordflügel, Hämatologie.»
    «Wissen wir, wer das Opfer ist?»
    Das Kunstlicht an der Decke schien ihn zu blenden, und die Kraft, auch nur einen Fuß vor den anderen zu setzen, verließ ihn.
    «David, wissen wir, wer entführt worden ist?»
    «Ja. Es ist meine Frau Sarah.»

[zur Inhaltsübersicht]
    56
    Sarah Rosen verfügte über den Segen und den Fluch des Insiderwissens. Noch bevor sie wieder ganz bei Bewusstsein war, wusste sie, dass sie sich an einem finsteren Ort befand. Das Aufwachen war keine langsame Reise ins Licht eines neuen Tages, sondern ein allmähliches Begreifen des Ortes, der sie mit einer überwältigenden menschengemachten Dunkelheit umschloss.
    Als ihre Finger die Seiten des Isolationstanks berührten, dachte sie einen Augenblick lang, dass sie krank sei – kein plötzlicher Rückfall in die Klauen der Depression, sondern dass sie krank war und noch nie gesund gewesen war. Dass die tiefe Dunkelheit um sie herum nur die Konzentration all dessen darstellte, was sie in den schlimmsten Momenten ihres Lebens selbst in ihrem Inneren empfand.
    Sie sagte: «David?» Aber ihre Stimme wurde von der Dunkelheit verschluckt. Sie hob die Hände und berührte den Deckel des Tanks, und dabei erinnerte sie sich an Rosens Beschreibung der abgebrochenen Fingernägel und blutigen Finger von Alison Todd. Sarah hatte in der Küche das Geschirr abgetrocknet und beim Zuhören geweint. Sie hatte sich gewünscht, dass ihr Mann endlich den Mund hielt, sich aber gleichzeitig dafür verachtet, den Kopf in den Sand stecken zu wollen.
    Ihre Augen weiteten sich, als sie spürte, wie ihr etwas das Rückgrat hinunterlief, eine Art elektrischer Schlag, eine Kraft, die jeden Nerv in ihrem Körper zum Vibrieren brachte.
    Sie schwamm auf etwas. Es war dunkel. Es herrschte eine entsetzliche Stille.
    Sie führte die Hände über die Oberschenkel und die Hüften zum Bauch. Aber dort klaffte keine Wunde, ihre Haut, ihr Mutterleib, ihr Baby, alles war unversehrt. Sie ließ die Hände auf dem Bauch liegen, doch der gesegnete Moment der Erleichterung verging.
    Es war noch nicht geschehen. Aber es würde bald so weit sein. Wenn man sie aus diesem Tank herausholte, dann nur, um ihr Baby aus ihr herauszuholen.
    Sie presste die Hand auf den Mund. Etwas wusste sie instinktiv – wenn sie schwieg, war das sicherer, als wenn sie den Schrei, der sich in ihr aufbaute, aus sich herausbrechen ließ. Sie wurde sich der Substanz bewusst, auf der sie schwamm, ihre Fersen drückten gegen den zähen Widerstand der Flüssigkeit, und plötzlich überkam sie eine grauenhafte Vorstellung. Sie schwamm auf dem Blut anderer Frauen.
    Sarah schöpfte etwas von der Flüssigkeit mit der gewölbten Hand, und als sie spürte, wie diese ihr durch die Finger rann, begann sie zu zittern.
    Panik schlug wie eine Woge über ihr zusammen. Sie war größer als ihr Verstand, stärker als ihre Erinnerung und lieferte ihr ein besseres Bild der Zukunft als ihre Vorstellungskraft. Es gab keine Hoffnung. Die anderen Frauen mochten auf das plötzliche Eintreffen der Polizei

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