Der Herodes-Killer
wartete.
«Geh.»
«Ruf mich an, wenn du beim Arzt warst.» Er eilte zur Treppe.
«David!» Er drehte sich um. Leise sagte sie zu ihm: «Ich hätte nicht sagen sollen, dass du besser gehen sollst.»
Er wünschte sehr, sie hätte diese Worte nicht ausgesprochen, die ihm immer noch weh taten, aber er verstand, warum sie ihr herausgerutscht waren. «Es tut mir leid», sagte er. «Ich liebe dich, Sarah.»
Er riss die Tür zum Treppenhaus auf und war weg.
Sarah nahm das Alltagsleben auf dem Krankenhausflur um sie herum wahr und sah, wie die Sekunden auf ihrer Armbanduhr dahintickten. Ihre über zwanzigjährige Ehe mit David zog an ihr vorüber. Sie stellte sich eine Welt vor, in der sie sich nie kennengelernt hätten, in der ihre zufällige Begegnung an einem Samstagabend in einer Discothek nicht stattgefunden hätte, und wurde von einem schneidenden Gefühl der Leere überfallen.
Er hatte ihr nicht geglaubt und es für einen Scherz gehalten, als sie seine Einladung zum Ausgehen abgelehnt hatte, weil sie am Wochenende darauf mit ihrer Reservisteneinheit von der Territorial Army unterwegs sein würde. Sie hatte sein Erstaunen genossen, als er versucht hatte, sie sich in Tarnuniform vorzustellen.
Wie ihre Welt wohl ohne ihn wäre?
In der Glasscheibe der Tür zur Hämatologieabteilung entdeckte Sarah das Spiegelbild eines Arztes im weißen Kittel, der sie beobachtete.
«Mrs. Rosen?»
«Ja?»
Sarah drehte sich um. Sie kannte Dr. Reid nicht. Er streckte ihr die Hand hin. Unter seinem weißen Kittel trug er einen eleganten schwarzen Anzug.
«Bitte entschuldigen Sie die Verspätung», sagte er.
Sie schüttelte seine Hand.
Dr. Reid hielt Sarahs Hand ein wenig zu lang fest und sagte: «Ich glaube, Sie sollten sich keine Sorgen machen, Mrs. Rosen. Dempsey ist einer der vorsichtigsten Ärzte, mit denen ich je gearbeitet habe.»
«Ist mein Baby in Gefahr?»
«Das klären wir und leiten alles Nötige in die Wege. Wenn Sie jetzt bitte mitkommen?»
Sarah fühlte sich erleichtert. Sie war sich nicht sicher, ob das an Reids entspannter Art lag, oder daran, dass Rosen, der so viel Stress ausgestrahlt hatte, jetzt weg war. Reid ließ ihre Hand los.
«Ich dachte, Sie wollten jemanden schicken, der mich holt?»
«Das wollte ich auch, aber wir sind unterbesetzt, und als ich gemerkt habe, dass man Sie dort stehen gelassen hat, dachte ich, das Mindeste, was ich tun könnte, sei, Sie abzuholen. Ich würde gerne noch einmal Blut abnehmen, um eine Gegenprobe zu haben. Ich habe den Verdacht, der erhöhte Adrenalinspiegel war eine Folge der Anspannung, die Sie in Mr. Gilling-Smiths Sprechstunde durchgemacht haben.»
Sarah fühlte sich durch Dr. Reids beruhigende Art zunehmend besser. Er betrachtete die Personenaufzüge und die breiten Türen der Bettenaufzüge mit der digitalen Anzeige darüber.
«Der Personenaufzug ist auf der sechsten Etage», sagte Dr. Reid. «Neugeborenen-Intensivstation. Der Bettenaufzug ist im Erdgeschoss.» Reid drückte den Knopf für den Bettenaufzug und lächelte Sarah an. «Diesen Lift dürfen wir eigentlich nicht nehmen, aber es geht schneller. Ich bringe Sie selbst in die Abteilung für Blutabnahme.»
Ein digitaler Pfeil zeigte, dass der Bettenaufzug auf dem Weg nach oben war. Er hielt, und die Türen gingen langsam auf.
Drinnen stand ein Rollstuhl mit dem Aufdruck Eigentum des St Thomas’s Hospitals und dahinter ein höhenverstellbares Bett mit einem Haufen grüner Decken darauf.
Reid lächelte Sarah an und bedeutete ihr mit einer zuvorkommenden Geste, vor ihm in den Lift zu treten. Sie ging hinein, und er folgte ihr.
«Ich rufe unten in der Abteilung Blutabnahme an und sage dort Bescheid, dass man Sie vorziehen soll.» Er blickte auf die Uhr. «Um diese Zeit am Vormittag muss man sonst oft eine halbe bis eine Dreiviertelstunde warten.» Er griff mit einer Hand in seine Kitteltasche und hielt mit der anderen die Lifttür offen. «Ich habe mein Handy in der Sprechstunde liegen gelassen.» Er sprach zu sich selbst.
Sie trat tiefer in den Lift hinein, näher zum Bett.
Er blickte sie direkt an. «Könnte ich vielleicht Ihr Handy leihen?»
Sie angelte ihr Handy aus ihrer Handtasche, gab die PIN ein und reichte es ihm. Er wählte und lächelte sie dabei an.
«Ich habe hier keinen Empfang. Ich will einmal versuchen …» Er trat aus dem Lift und wählte erneut, wobei er die Tür mit dem Fuß offen hielt. Sie schaute von ihm weg auf die Anweisungen für den Notfall, die an der Wand des Lifts
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