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Der Herodes-Killer

Der Herodes-Killer

Titel: Der Herodes-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Roberts
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PIN vergessen hatte.
    Er wandte sich dem Paar zu, das er angeschrien hatte.
    «Würden Sie mir bitte helfen?», fragte er und zeigte ihnen das Handy in seiner Hand. Sie wandten sich ab, und in diesem Augenblick kam der Wirt.
    «Raus mit Ihnen, los, los!»
    «Ich geh ja schon.»
    Seine Beine waren so taub, dass der Weg von der Theke zur Tür zur Qual wurde; unter den kritischen Blicken der anderen Trinker, die ihn beobachteten, war es nicht leicht, den Anschein von Nüchternheit und Würde zu wahren.
    Aber er achtete nicht auf ihr Starren und versuchte, sich an Pauls Nachnamen zu erinnern.
    «Ich weiß, wo er wohnt.»
    Detective Rosens Durchwahl war auf seinem Handy gespeichert.
    Die frische Luft draußen machte ihn schwindelig. Seine PIN fiel ihm wieder ein, 1204, Julias Geburtstag, und beim Eintippen der Ziffern rutschte er auf der Treppe aus, fiel schwer auf den Asphalt, schlug sich den Schädel an und verlor das Bewusstsein.

[zur Inhaltsübersicht]
    59
    Sarah zählte von zehn an rückwärts, beide Hände flach von innen gegen den Deckel gepresst. Als sie bei drei ankam, war ihr ganz schlecht bei der Vorstellung, den Deckel gleich hochzustemmen. Sie hatte Angst, seine Pupillen durch die Ritze zu ihr hereinspähen zu sehen. Ihre Brust zog sich in der verbrauchten Luft zusammen, die mit jedem Atemzug schlechter wurde. Aber sie musste es tun, sie musste so viel wie möglich hören und sehen. Als sie «Null!» flüsterte, hielt sie das Versprechen, das sie sich selbst gegeben hatte, und drückte sanft gegen den Deckel.
    Rotes Licht in einem abgedunkelten Raum. Kein Geräusch. Es war nichts von ihm zu sehen, aber der Spalt war auch winzig. Die hereinsickernde Luft war beinahe angenehm. Vor Anstrengung schmerzten ihre Armmuskeln.
    Der Deckel war oben am Kopfende lose, zeigte aber am Fußende, wo er fest verschlossen wirkte, keinerlei Tendenz, sich zu bewegen. Sie hob versuchsweise einen Fuß und hätte am liebsten losgeweint, als der Widerstand sich einfach als zu stark erwies. Sie würde den Deckel nicht anheben können, um hinauszuklettern. Das Beste, was sie sich erhoffen konnte, war Luft …
    Dann hörte sie ein Geräusch. Von weiter oben und außerhalb des Gebäudes, in dem sie eingesperrt war. Sie lauschte aufmerksam, wie es näher kam. Zwei verschiedene Arten von Geräuschen. Rufe und ein Scharren. Aber die Rufe kamen nicht von Menschen, und das Scharren entstand durch das Aufeinandertreffen zweier harter Flächen. Sie hörte das Geräusch von muhenden Rindern, deren Hufe auf dem Asphalt klapperten. Kühe, die von der Weide heimgetrieben wurden. Das Muhen der Kühe milderte ihre Einsamkeit einen Augenblick lang, und dann überkam sie der unwiderstehliche Drang zu weinen.
    Wie weit bin ich weg? Wie weit bin ich von zu Hause weg?, fragte sie sich, während die Kühe auf der Straße vor dem Farmhaus vorbeitrappelten. Das Geräusch war von weiter oben gekommen. Sarah begriff, dass sie in einem Keller gefangen gehalten wurde.
    Sie stemmte den Deckel noch ein wenig höher, schaffte es aber nicht, ihn weiter als bis zu einem Zehngradwinkel zu öffnen. Sie hielt noch eine Weile durch, damit frische Luft in den Tank strömen konnte, und spürte, wie die Enge in ihrer Brust nachließ.
    Langsam ließ sie den Deckel sinken, weil sie einfach nicht die Kraft besaß, ihn oben zu halten.
    Sie dachte gründlich nach. Dann begann sie zu zählen.
    Sie würde auf hundert zählen und den Deckel dann für zehn Sekunden anheben.
    Beim Zählen nagte sie an den Fingernägeln ihrer rechten Hand, bis die glatten Kanten spitz und scharf waren. Wenn sie den Deckel anhob, würde die Öffnung ihr, falls er da wäre und seine Pupillen sie anstarrten, genug Raum bieten, um die Finger hindurchzustoßen und ihm die Augen auszukratzen.
    Sie dachte daran, wie David ihr von den Autopsieberichten erzählt hatte, von der Wirkung des Sauerstoffmangels auf die Lungen und die Gehirne der anderen Frauen. Sie lag bewegungslos da und zählte. Als sie bei fünfzig ankam, spürte sie zum ersten Mal seit einer langen Zeit ein eigenartiges Gefühl in ihrem Inneren, ein sanftes Flattern.
    Ihr Kind bewegte sich. Seit dem Tod ihrer Tochter Hannah hatte sie von so einem Augenblick geträumt, doch jetzt, wo er da war, war er von dem Wissen begleitet, dass der Mann, der sie in die Falle gelockt hatte, sie und ihr Baby der Luft berauben würde.
    Als sie bei hundert ankam, spürte sie schwarzen Hass in ihrem Herzen.
    Sie hob den Deckel an und hörte Schritte die

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