Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herodes-Killer

Der Herodes-Killer

Titel: Der Herodes-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Roberts
Vom Netzwerk:
Holztreppe herunterkommen. Darüber lag der Ton einer Melodie ohne Melodie, einer freudlosen, aber leicht dahingepfiffenen Improvisation.
    Sie ließ den Deckel herunter und hielt die frische Luft, die sie aus dem Keller eingeatmet hatte, in ihrer Lunge fest. Sie befühlte die scharfen Spitzen ihrer Fingernägel, sah seine Augen vor sich, wie sie sie im Aufzug im St Thomas’s Hospital angeblickt hatten, und stellte sich vor, aus ihnen ströme Blut.
    Er war in den Keller gekommen, und sie fragte sich, ob er bereit war.
    Sarah schloss den Deckel vollständig und versuchte, sich in der mitleidlosen Dunkelheit zu beruhigen.

[zur Inhaltsübersicht]
    60
    Sie hob den Deckel an. Sie öffnete ihn nur einen winzigen Spalt, aber Licht und Lärm waren verblüffend.
    Im Raum dröhnte etwas, das wie eine riesige Maschine klang. Es war, als wäre der Raum als Ganzes von einem mechanischen Tier verschlungen worden, und sie lauschte nun aus dessen Bauch heraus. Räder rollten klappernd über einen unebenen Steinboden.
    Der Lärm kam näher. Sie hob den Deckel ein wenig höher und ließ eine Spur mehr Licht herein. Etwas Dunkles schob sich immer wieder vor das einfallende Licht und gab es dann wieder frei. Der Lärm hörte auf und wurde durch ein anderes Geräusch ersetzt. Der Atem des Mannes war schnell und unregelmäßig, er musste sich angestrengt haben.
    Durch die Hauswände und die Kellerdecke hörte sie den Motor eines Wagens, der sich näherte. Sie hoffte inständig, dass er langsamer werden und anhalten würde, aber nachdem das Geräusch die größtmögliche Nähe erreicht hatte, verklang es allmählich wieder in der Ferne.
    Er war dicht bei ihr, und etwas roch schlecht.
    Er blieb stehen. Dann machten seine Schritte, die sich schnell von ihr wegbewegten, ihr klar, dass er plötzlich fortgerufen worden war.
    Er stürzte eine Treppe hinauf, und gleich darauf hörte sie seine Schritte im Stockwerk darüber. Eilig, in größter Hast.
    Sie war wieder allein, im Tank, im Keller.
    Sie wuchtete den Deckel noch ein wenig höher, hob dann den Kopf und schaute durch den Spalt in so viele Richtungen, wie es ihre eingeengte Lage zuließ.
    Ein vertikaler Metallpfahl, und davon hing etwas herab, das wie ein in der Luft schwebender Sattel aussah. Sie drückte kräftig, und der schmale Spalt verbreiterte sich. Von dem Gestell ging ein Metallarm ab. Es handelte sich um eine Hebevorrichtung. War das das Gerät auf Rädern, das auf dem Betonboden diesen Höllenlärm erzeugt hatte?
    Er würde sie mit Hilfe dieser Vorrichtung hochheben.
    Er würde sie nicht im Tank töten. Sollte sie durch den Mangel an Luft unfähig werden, sich zu wehren, würde er sie an einen anderen Ort bringen.
    Vor Empörung darüber, dass sie wie ein Stück Vieh behandelt werden sollte, das vom Schiff an Land verfrachtet wurde, lief sie im Dunkeln rot an.
    Sie würde den Deckel jetzt nur noch heben, um frische Luft zu bekommen.
    Sie hatte genug erfahren.
    Sie musste sich all ihre Kraft für das aufheben, was bevorstand.

[zur Inhaltsübersicht]
    61
    In einem seelenlosen Café des Hafens von Dover trank Sebastian Flint eine Tasse Kaffee und erinnerte sich an damals, als er gelyncht worden war. Es hatte einen Augenblick gegeben, in dem der Mob verstummt war, da man ihn für tot gehalten hatte. Der Moment nach dem allerletzten Tritt in die Rippen, wonach sich der Mob ganz allmählich verlaufen hatte.
    Flint erinnerte sich an die Sandrasselotter, die im Schatten eines Felsens geschlafen hatte. Wie die Schlange lag Sebastian bäuchlings im kenianischen Staub. Er hatte die Augen weit genug geöffnet und sah, wie die Schlange züngelte, um die chemischen Informationen zu sammeln, die um ihn herum in der Luft hingen, Informationen, die seine Haut abgab, während er sein warmes Blut in den durstigen Boden vergoss.
    Die Sandrasselotter zog die Zunge ins Maul zurück, und die gab ihre Daten an das Jacobson-Organ im Gaumen weiter, in dem die durch die Luft herangewehten Moleküle herausdestilliert werden würden, schärfer als Geruch und eindringlicher als Geschmack. Dieser Sinn würde der Schlange raten, den Mann nicht anzugreifen, da er weder als Beute in Frage kam, noch zu ihren Feinden gehörte.
    Durch riesige Schmerzwellen hindurch hatte Flint gelächelt, und das Dunkle seiner Pupillen war den schwarzen Augen der Schlange begegnet. Flint rief sich in Erinnerung, wie die Sandrasselotter aus dem Schatten auf ihn zugeglitten war. Während er fast das Bewusstsein verlor, hatte er

Weitere Kostenlose Bücher