Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Herr Der Drachen: Roman

Titel: Der Herr Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
Vom Netzwerk:
verlor die Besinnung.
    Azoth ließ sie zurück in die Dunkelheit fallen. Er ließ sie zu Boden gleiten und griff nach ihrem Arm. Die Nacht war dunkel, aber er hatte keine Schwierigkeiten, den goldenen Reif an ihrem Finger zu erkennen. Mit einem befriedigten Lächeln zog er ihn ab und schob ihn sich zurück in seine Tasche.
    Es war interessant, dass sie nicht bemerkt hatte, wie er ihn ihr vor einiger Zeit übergestreift hatte. Er hatte nicht ganz die Reaktion erwartet, die sie gezeigt hatte, aber das war gut. Jetzt wusste er es. Zufrieden stand er auf und lief unter dem spärlichen Blätterdach der Bäume hindurch aufs freie Feld hinaus. Der Ring, den er vor so langer Zeit als Absicherung geschmiedet hatte, war noch immer mit seinem eigen Fleisch und Blut verbunden und würde ihr den Zugang zum Stein ermöglichen.
    Die Sterne schimmerten bläulich, und das Hügelland ringsum war karg und dunkel. Kein Lüftchen regte sich, und das einzige
Geräusch war das träge Gurgeln des kleinen Flusses hinter ihm. Er erinnerte sich an diese Gegend. Er hatte schon damals ihre Trockenheit nicht geschätzt, und das war auch jetzt nicht anders. Nuathin rührte sich in der Nähe, und Azoth drehte sich um und betrachtete den Drachen, der wie ein dunkler, massiger Schatten am Ufer lag.
    Jage, Semorphim. Du wirst deine Kraft brauchen . Er wandte sich in der alten Sprache an ihn.
    Nuathins Augen blinkten rot im Sternenlicht . Mich hungert nicht nach Fleisch. Mich hungert jetzt nur noch nach den wahren Wegen, Arak.
    Unerwartet war da ein Knoten in Azoths Kehle, und er wurde ganz still. Langsam ging er hinüber und streckte eine Hand aus, um sie auf die Flanke des Drachen zu legen. Einen Moment lang zitterten seine Finger, als er das Tier berührte.
    Es ist viele Jahre her, dass ich dieses Wort habe sagen hören . Er ließ seine Hand zärtlich über Nuathins Rippenbogen gleiten und beobachtete, wie die Drachenhaut unter seiner Berührung aufleuchtete. Arak … Er wartete ab und sah in eines von Nuathins Augen. Wie viele würden mich noch immer so nennen? Wie viele erinnern sich?
    Der Schwarm wird sich wieder entsinnen, sobald wir erneut vereinigt sind. Sie werden zu dir kommen und ihre Furcht vergessen. Vergib ihnen .
    Azoth lächelte kurz, dann ließ er seine Hand sinken, und ein finsterer Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. Als der Drache dies sah, erschauerte er und kauerte sich tief zu Boden.
    »Ja«, sagte Azoth laut und starrte wieder hinauf zu den Sternen. »Und du wirst ihnen dabei helfen, Nuathin. Die Semorphim werden wieder mein sein, und wir werden gemeinsam den wahren Wegen folgen. Wir werden alle zusammen sein.«
    Aber was ist mit den anderen ?, sendete der Drache zaghaft . Werden sie deine Rückkehr nicht spüren ?
    Azoth lachte auf. »Meine Geschwister? Jeder Einzelne von ihnen ist ein Nichts und machtlos. Sie können mir nicht mehr schaden,
und sie werden mich nicht finden.« Er lächelte, und seine Zähne glänzten im Licht der Sterne. Dann runzelte er plötzlich die Stirn und wandte den Blick erneut dem Drachen zu. »Du hast meinen Namen im Schwarm nicht genannt, nicht wahr?«
    Nein, nein , Arak . Nuathin ließ den Kopf sinken, als Azoth ihn mit glühenden Augen musterte. Niemals.
    »Gut.« Azoth lächelte, und seine Hochstimmung kehrte ebenso rasch zurück, wie sie zuvor verflogen war. »Es gibt sie nicht mehr, Nuathin. Jetzt gibt es nur noch mich. Und so wird es für alle Zeiten sein.«
    Noch einmal fuhr er mit der Hand über die Haut des Drachen und ließ sie schimmern.
    »Es gibt nur mich«, murmelte er, dann drehte er sich um und ging zu Shaan.
    Fliegen wir in die Regenlande ?, fragte Nuathin, als Azoth sich bückte und Shaan auf die Arme nahm. Sie stöhnte und zuckte zusammen, als er ihre verbrannte Hand streifte. Der Verband hatte sich gelockert. Aber Azoth war unbesorgt. Sie würde wieder heilen.
    Ja, wir kehren zurück . Er ging zum Drachen und legte Shaan auf Nuathins Rücken, ehe er selbst dahinter aufsprang. Komm, mein Semorphim. Trag uns weiter. Er trieb Nuathin an, sich in die Lüfte zu heben, und der Drache, dessen altes Herz wieder voller Hoffnung war, sprang in die Nacht hinauf.
     
    Als Shaan langsam wieder zu sich kam, lag sie erneut auf Nuathins Rücken, aber dieses Mal saß Azoth hinter ihr, und seine Arme verhinderten, dass sie hinabstürzte. Die Nacht war angebrochen; es war warm, und der Himmel war klar. Shaan konnte die strahlenden, nadelkopfspitzen Lichter von Tausenden von Sternen sehen.

Weitere Kostenlose Bücher