Der Herr Der Drachen: Roman
bezweifle, dass man es darauf ankommen lassen sollte.«
Tallis drehte sich von seinem prüfenden Blick weg und klopfte mit der Faust auf das Geländer. »Ich habe versucht, die Drachen zu erreichen, die uns angegriffen haben.« Er schielte zu Attar. »Ich hatte Angst davor, aber dann wurde Jared getroffen und Bren …« Er schüttelte den Kopf. »Worte stiegen in mir auf, die ich nicht verstand. Ich weiß, dass ich Marathin den Befehl zum Angriff gab. Das war ganz leicht. Ich kann es nicht erklären, aber ich wusste, wie ich ihr meinen Willen aufzwängen konnte. Und dann versuchte ich das Gleiche bei den anderen … Aber es ging nicht.« Seine Kehle wurde eng, als er sich an das Gefühl in seiner Brust erinnerte. »Sie waren kalt, Attar, uralt, älter als Marathin. Als ich den einen mit dem Pfeil traf, konnte ich dem Biest nicht entkommen. Es klammerte sich an mich und wollte mich mit hinab in den Tod ziehen. Du warst es, der mich zurückbrachte, indem du meinen Namen gerufen hast.«
»Ein Name hat große Macht«, antwortete Attar.
»Ja.« Tallis dachte an den Namen, den ihm der schwarze Drache gegeben hatte, und an den Namen, mit dem er Alterin angesprochen hatte. Sie glaubte, er würde sich nicht mehr daran erinnern, aber das tat er: Uriel. Er wusste nicht, was der Name zu bedeuten hatte.
»Was bin ich?«, sagte er mehr zu sich selbst und starrte hinaus über den Fluss.
»Nur der Konsul der Glaubenstreuen kann dir das beantworten«, entgegnete Attar. »Wenn wir zurück sind, musst du dir seinen Rat holen.«
Tallis schüttelte den Kopf, und er fühlte sich zerrissen. Er wusste, dass er Hilfe brauchte und dass Shaan dort war, ja, dass sie vielleicht in Schwierigkeiten steckte, doch trotzdem sagte er: »Ich werde Jared nicht allein lassen.«
»Du kannst nichts für ihn tun. Du musst mit mir in die Stadt zurückkehren. Hier wirst du keine Hilfe finden.«
»Ich kann ihn nicht verlassen«, beharrte Tallis, und Attar legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Dir bleibt keine Wahl, Clansmann. Du willst doch nicht wie dieser Junge werden.«
»Ich werde ihn nicht verlassen.« Tallis stieß seine Hand weg, drehte sich um und rannte den Laufsteg hinunter. Ein Dorfbewohner musste ihm eilig aus dem Weg springen, als er an ihm vorbeistürmte.
»Ich breche morgen auf«, rief Attar ihm hinterher. »Du weißt, wo du mich finden kannst.«
Tallis lief weiter, die Schultern steif vor entmutigter Niedergeschlagenheit.
Alterin schaute aus ihrer Hütte hoch im Oonunga-Baum hinunter und beobachtete, wie der Mann aus der Wüste Mishis Hütte betrat. Sein Gesichtsausdruck war bedrückt, und sie konnte den Tumult in seinem Geist wie einen Wasserkäfer in ihrem eigenen Innern surren hören. Seitdem er zu ihnen gestoßen war, war es für sie beinahe unmöglich geworden, zur Ruhe zu kommen. Seine Anwesenheit war wie ein dichter Nebel, der sie umfing, und sie sehnte sich danach, ihn abzuschütteln. Und nun gab es noch mehr, um das sie sich sorgen musste.
Sie hatte letzte Nacht in der Traumwelt Magdi getroffen. Diese war vor ihr Seherin gewesen und schon lange in die Länder hinter dem Schleier übergegangen, die sie niemals leichtfertig verlassen würde. Was sie ihr gesagt hatte, hatte ihre Seele mit Entsetzen erfüllt,
und zum ersten Mal in den zwölf Jahren, seit man sie zur Seherin ernannt hatte, war Alterin voller Selbstzweifel. Etwas Böses eilte auf sie zu wie ein Sandsturm, und sie fürchtete sich vor der Rolle, die sie zu spielen haben würde, mehr noch, als sie die Fähigkeiten des seltsamen Mannes aus den Toten Landen fürchtete.
»Alterin«, sagte Anyu leise hinter ihr. »Du darfst deine Sorge nicht so offen zeigen; es ängstigt die anderen.« Der alte Häuptling trat neben sie und legte ihr die Hand auf die Stirn. »Diese Falten graben sich so tief in deine Haut, dass du die Zeit betrügen und alt werden wirst, ehe sie dich holen kommt. Komm, setz dich.« Er zog sie vom offenen Fenster weg. Nachdem er die Läden geschlossen hatte, brachte er sie dazu, sich neben ihm auf die dicke Webmatte sinken zu lassen, die in der Mitte ihres Hauptraums lag.
Mit einem Seufzen beugte sie sich vor, schlug einen Feuerstein an, entzündete einen kleinen, in duftendes Öl getränkten Palmwedel und sah zu, wie er langsam in der Schale verbrannte.
»Hast du noch etwas gesehen, was uns verraten könnte, wann der Gefallene zurückkommen wird?« Anyu sah sie durch den hellen Rauch an.
Sie schüttelte den Kopf und mied seinen Blick.
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