Der Herr Der Drachen: Roman
Schulter legte und sie fest drückte, als er an ihm vorbeikam.
Schweigend liefen sie den kühlen, dämmrigen Tunnel hinunter, und seine Mutter streckte ihre Hand nach hinten und tastete nach seiner. Er beschleunigte seinen Schritt und ergriff Mailuns Hand. Ihre Haut fühlte sich so kalt wie seine eigene an. Die Träumerin sagte unterwegs nichts, und sie schwieg auch noch, als sie das dicke Leder vor dem Eingang zu ihrer Höhle beiseiteschob und sie hineinführte.
Leute kamen und gingen, und die Träumerin sprach mit ihnen, während sie am Eingang Wache hielt, sodass niemand einfach
eintreten konnte. Alle Besucher ließen Gaben für Tallis und Mailun da: eine Schüssel mit weichem Käse, ein gewundenes Gebinde aus Flak-Gräsern mit einem Silberreif als Geschenk für den Toten, einen Kelch mit Gerstenwein aus Mirams eigenem Vorrat und mit Silberfäden geflochtene Bänder von jedem Jäger und Krieger im Clan. Alle Opfergaben wurden von Shila entgegengenommen, während Tallis und Mailun wortlos auf den Kissen vor ihrer Feuerstelle saßen.
Tallis’ Mutter hatte sich geweigert, irgendeine Frage zu beantworten, die an sie gerichtet wurde, und verbat sich, dass jemand mit Tallis zu sprechen versuchte. Sie machte sich Sorgen darum, was er sagen könnte, und was die anderen daraus schließen würden. Für Tallis fühlte es sich an, als dauere dieses Schweigen schon Stunden an, und schließlich konnte er nicht länger still sitzen und auf die murmelnden Stimmen der Clanmitglieder lauschen, die kamen, um ihnen ihr Mitgefühl auszusprechen. Er sah seine Mutter an. »Ich werde zu den Quellen gehen.«
Mailun warf ihm einen Blick zu, drückte einmal kurz seine Hand, ließ sie dann los und schaute weg. Sein Herz schmerzte, als er sie so niedergeschlagen sah, aber das Bedürfnis, den Blicken der anderen zu entkommen, war zu groß. Er ging davon, denn er sehnte sich nach der Dunkelheit und dem schwefligen Geruch des Wassers.
Zielstrebig ging er durch die Tunnel, die zu den Quellen führten, ließ sich neben der hintersten Quelle in der Höhle nieder und lauschte auf den dumpfen Schlag der Trommeln aus der Großen Höhle. Dort, wo er saß, war es warm und feucht, und Wasserspritzer durchweichten seine Hosenbeine. Er bemerkte es kaum. Einige Zeit lang saß er dort und beobachtete die aufsteigenden, sprudelnden Wasserblasen. Erst nach einer Weile fiel ihm ein gedämpfter, pulsierender Laut auf. Die Trommeln verkündeten den Beginn der Totenzeremonie: die Zeremonie für Kaa, den Wächter der Toten. Tallis lehnte sich zurück gegen den feuchten Felsen …
Aber er hatte die Pflicht, sich zu ihnen zu gesellen. Er musste dort sitzen und zusehen, wie Haldanes Leichnam dem Sand zurückgeben
wurde, aus dem er geboren worden war. Tallis ließ den Blick auf dem Wasser ruhen, das im fahlen, grünlichen Licht der Höhle blubberte. Es sah aus wie dunkler Treibsand.
»Tallis.« Ein Schatten kam auf ihn zu.
»Jared«, antwortete er, ohne aufzuschauen. »Wie lange dauert es noch, bis es anfängt?«
»Du musst jetzt kommen, der Clan versammelt sich.«
Er rührte sich nicht.
»Tallis …«
»Sie werden mich zu einem Ausgestoßenen machen, Bruder.«
Jared stieß langsam die Luft aus. »Das weißt du nicht.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich fühle es. Was ich getan habe … Der Kreis der Führer wird das nicht tolerieren. Ein Clansmann sollte das nicht … Sie werden mich verstoßen.«
»Das werden sie nicht.« Aber Tallis hörte den Zweifel in Jareds Stimme. »Warum nicht? Der Drache hat mich verstanden. Es spielt keine Rolle, dass ich mich nicht daran erinnere, was ich gesagt habe oder wieso mir das möglich gewesen ist. Ein Clansmann sollte diese Macht nicht haben. Der Kreis wird beschließen, was für den Clan am besten ist. Vielleicht werden sie sogar behaupten, der Drache hätte meinetwegen angegriffen.«
»Tallis, dein Vater ist gestorben, aber wir anderen wurden gerettet. Die Drachen hätten uns alle getötet, wenn du nicht gewesen wärst. Wie könnte jemand dir unterstellen, dass du sie gerufen hast?«
»Vielleicht habe ich das ja.« Er starrte ins Wasser. »Ich habe an jenem Morgen etwas gespürt«, flüsterte er.
»Tallis …«, sagte Jared warnend, aber der schenkte ihm keine Beachtung.
»Erinnerst du dich an meine Brüder und den Kampf gegen die Raknah?«
Jared nickte langsam.
»Damals wusste ich ebenfalls, dass etwas nicht stimmte. Bevor meine Brüder aufbrachen, fühlte ich etwas - eine Kälte, als ob der Tod
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