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Der Herr Der Drachen: Roman

Titel: Der Herr Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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flüsternd nach ihnen verlangte. Und während der Jagd am
Morgen des Drachenangriffs habe ich das Gleiche verspürt. Was bin ich, dass ich zu solchen Empfindungen fähig bin? Vielleicht bin ich eine Gefahr für den Clan.«
    »Sag so etwas nicht«, fiel Jared ihm schroff ins Wort.
    Der Klang der Trommeln wurde lauter, und Tallis starrte ins dunkle Wasser zu seinen Füßen.
    »Komm schon.« Jared gab ihm einen leichten Stoß gegen die Schulter und streckte ihm die Hand entgegen.
    Tallis holte tief Luft, dann nickte er und ließ sich von Jared auf die Beine ziehen. Kaum dass er stand, packte er ihn jedoch fest am Arm. »Schwör mir, dass du dich um meine Mutter kümmern wirst, wenn sie mich ausstoßen.«
    »Sie werden dich nicht ausstoßen, Tallis. Mein Vater wird …«
    »Dein Vater wird tun, was für den Clan das Richtige ist«, unterbrach er ihn. »Und das würdest du genauso tun. Erdenbruder, mein Vater ist tot, meine Mutter verwitwet, und wenn ich gehen muss, dann wird sie ganz allein sein. Du weißt, dass sie nicht aus diesem Clan stammt. Aber zu ihrem eigenen wird sie nicht zurückkehren. Wirst du mit deiner Mutter sprechen? Überrede sie, dafür zu sorgen, dass man Mailun akzeptiert. Sie war ihr immer eine Freundin. Kannst du mir diese Hilfe zusagen?«
    Jared bewegte sich nicht, und Tallis spürte, wie ihm die Kehle eng wurde. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis Jared antwortete: »Ich kann nicht glauben, dass der Kreis dich verstoßen würde, wo dein Vater von Kaa geholt wurde und deine Mutter ganz allein ist. Aber trotzdem schwöre ich dir, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, wenn sie sich gegen dich entscheiden sollten.«
    Einen Augenblick lang verspürte Tallis Erleichterung. Ein kleiner Knoten hatte sich in seinem Innern gelöst.
    »Ich danke dir.«
    »Komm schon«, sagte Jared. »Du musst deinen Vater an die Führer übergeben.«
    Gemeinsam liefen sie zum Eingang der Höhle.
    Sie befanden sich am äußersten Rand des Jalwalah-Brunnens,
eines Höhlensystems, das sich durch einen mächtigen Felsen wand, welcher sich aus der Wüste erhob wie der Gipfel eines vor langer Zeit vergrabenen Berges. In der Mitte dieser Erhebung befand sich ein riesiger Hohlraum, der als Große Höhle diente und der Ort der Zusammenkunft für den Clan war. Auf einer Seite wurde der Fels wie eine Honigwabe von Höhlen durchzogen, in denen sich auch die heißen Quellen befanden, in die andere Richtung führte ein langer, breiter Gang zu einem Bereich, der als Stall für die Muthus benutzt wurde. Daran an schlossen sich die heimatlichen Höhlen der Jalwalah-Familien, die im Brunnen lebten. Annähernd zweitausend Menschen beherbergte dieser Brunnen, und weitere tausend oder mehr Familien, die dem Clan Treue geschworen hatten, wohnten in den Nomadenlagern, die im gesamten Territorium verteilt waren. Aber nur jene, die im Brunnen beheimatet waren, würden an der heutigen Zeremonie teilnehmen.
    Tallis folgte dem schmalen Weg zur Höhle. Der Klang der Totentrommeln dröhnte ihm entgegen und hallte in seinem Körper wider. Er wurde von den dumpfen Schlägen angezogen, einem Klang, der zum Donnern anschwoll, als er und Jared sich dem Versammlungsort näherten. Sie betraten die Höhle, als die Trommler langsamer wurden und zu einem gleichmäßigen Rhythmus übergingen. Die Höhle wurde von vielen Fackeln und einer riesigen, flachen Kohlepfanne in der Mitte erleuchtet. Die Menschen saßen schweigend auf dem Boden, die Gesichter der Höhlenöffnung zugewandt. Sie hatten auf einer Seite eine Gasse gelassen, damit die Träger hindurchkonnten.
    Tallis hielt nach seiner Mutter Ausschau. Sie war eine kleine Gestalt, so allein vor der Menge, und sie sah hinaus in die Nacht, die über der Wüste hing. Mailun war nur in ein leichtes, rotes Stofflaken gehüllt. Sie wartete.
    Als ich sie zum ersten Mal traf, drohte sie, mich mit ihrem Eisspeer aufzuspießen , kam Tallis die Stimme Haldanes in den Sinn. Und ich hätte ihr ihren Willen gelassen, nur um ihre Hand berühren zu können, während sie mein Herz durchbohrt .
    Tallis betrachtete sie, wie sie mit geradem Rücken in die Nacht
blickte, furchtlos in ihrer Trauer, und er erkannte, was sein Vater gemeint hatte. Da war etwas Edles, Leidenschaftliches an ihr, das nicht einmal die Trauer auslöschen konnte. Der entsetzliche Schmerz in seinem Innern drohte ihn schier zu zerreißen.
    »Ich werde mich zu meiner Familie setzen.« Jared legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Trag deinen Vater

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