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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Pech.«
    Ich schluckte einen kratzenden Klumpen hinunter, der mir im Hals steckte, und wollte sagen, dass längst noch nichts verl o ren war, dass wir siegen würden und Len wieder der Alte werden konnte. Aber plötzlich streckte er den Rücken durch, stieß sich von der Wand ab und presste heraus: »Hauptsache, du stirbst nicht, ja?«
    Stumm nahm ich seine Hand und wir blieben eine Weile so stehen. Wenn Worte leer klingen, dann sprich einfach nicht. Irgendwann set z ten wir unseren Weg nach oben fort.
    Dann endete die Treppe.
    Der Raum war kleiner als der unten, denn hier war der Turm schm a ler. In den runden Mauern gab es anstelle von Fenstern Spiegel, die vom Boden bis zur Decke reichten. Sie zeigten die schwarzen F a ckeln, Len und mich, die anderen Spiegel … Der Raum wirkte endlos und schien in alle Himmelsrichtungen auseinanderzudriften.
    »Hier sind wir richtig«, sagte Len.
    Obwohl im Raum niemand war, spürte ich, dass Len recht hatte. Vielleicht weil von den Spiegelwänden eine Kälte ausging, die sogar durch den Flügeloverall drang.
    Die Wendeltreppe führte zwar noch weiter hinauf, ging durch die Decke ganz bis zur Spitze des Turms. Aber auch ich wusste, dass wir nicht mehr weiter hoch mussten. Wir waren am Ziel.
    Zwischen den Spiegeln waren Graffiti in unverständlichen Buchst a ben oder Runen in die Wände geritzt. Als ich sie mit dem Wahren Blick betrachtete, zuckten sie und krümmten sich. Die Flammen der Fackeln flackerten, als wehe durch den Raum ein Wind, den wir nicht spüren konnten.
    »Wir sind hier!«, schrie ich. »He, wir sind da!«
    Schlagartig packte mich Angst: Was, wenn niemand auftauchte? Wenn es keinen Kampf geben würde? Wenn alles bliebe wie bisher?
    »He!«, schrie ich noch einmal.
    »Ich bin auch hier«, sagte jemand mit hölzerner Stimme hinter mir. Ich wirbelte herum und sah gerade noch, wie die schwarze Figur eines Freifliegers aus einem der Spiegel trat.
    Stimme und Gesicht dieses Freifliegers kannte ich nur zu gut.
    »Hau ab, Iwon«, meinte ich ohne jede Furcht. »Wir sind nicht de i netwegen hier. Spendier dir noch ein paar Minuten Leben … falls ihr eure Existenz Leben nennt. Wir brauchen den Herrn der Finsternis, den Herrn der Freiflieger.«
    »Ich bin der Herr«, antwortete Iwon ungerührt, während er näher kam.
    »Du lügst!«, widersprach ich intuitiv.
    Iwon zuckte mit den Schultern. »Herr der Finsternis – das ist die B e zeichnung der Flügelträger«, sagte er. »Wir nennen ihn den Gege n wärtigen. Und der Gegenwärtige ist derjenige, der am besten mit e i nem akuten Problem zurechtkommt. Das Problem bist du. Der G e genwärtige bin ich.«
    »Und mich lässt du dabei ganz außer Acht?«, fragte Len heiser.
    »Ja, sozusagen. Was willst du von uns, Danka?«
    »Ich will nichts von euch. Ich will etwas für die Flügelträger. Ich will das Licht.«
    »Das Licht?« Iwon zuckte abermals mit den Schultern. »Weshalb bist du sicher, dass das Licht besser ist als die Finsternis? Momentan betrachtest du alles aus der Sicht des Lichts … und von dieser Seite aus ist es schwierig, etwas über die Finsternis zu erfahren. Versuche erst mal, uns zu verstehen, dann entscheide.«
    »Wer die Finsternis versteht, für den gibt es kein Zurück zum Licht.«
    »Vielleicht liegt das ja daran, dass die Finsternis besser zu den Me n schen passt?«
    Was sollte ich darauf antworten?
    »In dir steckt etwas sehr Starkes, Danka«, fuhr Iwon fort. »Das Licht hat dich zuerst gefunden und auf seine Seite gezogen. Das war Pech. Aber wieso soll das Licht besser sein als die Finsternis? Verrate mir das!«
    Diese Frechheit brachte mich zum Lachen. Len brach ebenfalls in Gelächter aus, wenn auch in ein verhaltenes.
    Iwon verzog die Lippen ungeschickt zu einem Lächeln. »Gut, wir sind die Finsternis«, sagte er. »Aber wir gießen kein Schwarzes Feuer über Städten aus.«
    Len fuhr zusammen, als hätte er eine gewischt bekommen. Mir wu r de schlecht.
    »Wir haben das Schwarze Feuer nicht über die Menschen gego s sen … und sie angelogen … «
    »Ihr entführt sie und macht sie zu Freifliegern!«
    »Nur selten. In der Regel kommen sie freiwillig zu uns. Nicht wahr, Len? Dich hatte Kurt doch auch schon beinahe überredet. Erst im let z ten Moment hast du gekniffen. Du bist ein Feigling, und das ist sehr schlecht, wenn du für das Licht bist. Du bist ein dummer Angsthase. Bei uns hättest du es viel leichter … Warum hast du dich in unser L e ben eingemischt, Danka? Willst du den Helden

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