Der Herr der Finsternis
Lächelns. Dann betrachtete er den Kater und verzog das Gesicht, als tue ihm etwas weh.
Meine Freunde interessierten ihn nicht weiter. Bedenkenlos kehrte der Freiflieger ihnen den Rücken zu und steuerte auf mich zu. Ang e sichts seiner sicheren und festen Schritte schoss mir ein Gedanke durch den Kopf: Das ist mein Wahrer Feind! Ich griff mit der Hand an den Gürtel und wunderte mich nicht im Geringsten, dort den Griff des Wahren Schwerts zu spüren.
»Du bist gekommen«, sagte der Freiflieger. Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber ich glaubte, aus seiner Stimme Freude herauszuh ö ren. »Du bist einer von uns. Ich wusste es.«
Nun erkannte ich auch das Gesicht, das dem von Shoky so ähnelte.
»Ich bin keiner von euch!«, widersprach ich.
»Doch, doch«, sagte der Freiflieger in beruhigendem, sanftem Ton.
Ich grübelte immer noch darüber nach, ob ich das Wahre Schwert ziehen sollte, und vergaß dabei ganz, dass ich ja auch noch ein norm a les besaß.
In dem Moment sprang der Sonnenkater den Freiflieger an. Er la n dete auf dem Kopf des Freifliegers und rammte ihm laut fauchend die Krallen ins Gesicht.
Der Freiflieger schrie auf. Er riss die Hände hoch und wollte den Kater von seinem Gesicht wegzerren, konnte ihn aber nicht mal b e rühren. Das Fell des Katers loderte in einem blendenden weißen Licht, und vom Gesicht des Freifliegers stieg Rauch auf, als hätte das Licht ihn tatsächlich verbrannt.
Meine Betäubung ließ nach. Ich zückte das Schwert des Tuak und stürzte mich auf den Freiflieger. Der wälzte sich jedoch bereits auf dem Boden, presste die Hände vors Gesicht und winselte leise. Der Kater sprang von ihm runter und schwebte in der Luft. Rauchende schwarze Tropfen fielen von seinen Krallen auf den Boden.
Ich habe nur zwanzig Krallen, hatte der Kater mal gesagt. Zwanzig scharfe Krallen, wie sich jetzt gezeigt hatte!
Ich setzte dem Freiflieger meine Schwertspitze an die Kehle. Der hörte sofort auf zu heulen und rührte sich nicht mehr.
»Ich bin keiner von euch«, wiederholte ich, als ob es allein darum ginge.
»Das bist du doch«, entgegnete der Freiflieger überraschend ruhig. »Hast nur noch nicht die richtige Seite gewählt … «
»Und ob ich das habe!«
»Das kommt dir bloß so vor.«
Len, der sein Schwert ebenfalls gezogen hatte, kam zu uns. Irritiert sah er mich an: Worauf wartest du denn noch?
»Warum hast du mich nicht angegriffen, Freiflieger?«, flüsterte ich.
»Du hast mich entkommen lassen. Damals in den Bergen. War sei t dem meine Pflicht, dich auf unsere Seite zu ziehen.«
»Soll ich ihn töten?«, fragte Len.
Ich schüttelte den Kopf.
»Das hättest du nie geschafft, Freiflieger. Ich habe meine Seite vor langer Zeit gewählt.«
»Dann bring mich um«, meinte der Freiflieger in einer Mischung aus Rat und Befehl.
»Das werde ich nicht tun«, sagte ich, wobei ich mich selbst über meine Worte wunderte. »Hau ab. Geh, wohin du willst. Die Finsternis wird untergehen und ihr alle mit ihr. Versteck dich besser im tiefsten Keller, denn hier wird es bald Wahres Licht geben.«
»Du dummer Junge. In unseren Kellern gibt es zu viel Licht. Dort kann ich mich nicht verstecken.«
»Was für ein Licht?«, mischte sich der Kater sofort ein. Der Fre i flieger schielte zu ihm hin. Das Blut aus den unzähligen tiefen Kra t zern war ihm in die Augen gelaufen. »Es gibt nur ein Licht und nur eine Finsternis. Wir bauen unsere Türme auf einem Fundament aus Sonnensteinen.«
»Um die Steine auf diese Weise vor den Flügelträgern zu verst e cken?« Ich war mir sicher, recht zu haben.
»Nicht nur. Die Finsternis schöpft nämlich auch Kraft aus dem Licht.« Der Freiflieger setzte ein schiefes Lächeln auf, legte den Kopf in den Nacken und musterte Len. »Genauso wie das Licht aus der Finsternis«, schloss er dann.
Len stach zu. Ruckartig und ohne auszuholen, denn er hielt sein Schwert bereits zu nahe an der Brust des Freifliegers. Trotzdem reic h te seine Kraft.
»Weshalb hast du das gemacht?«, fragte ich, während ich beobacht e te, wie um die Klinge herum schwarzer Sand aus dem Freiflieger he r ausrieselte.
»Er ist unser Feind«, erklärte Len bloß.
Die nächsten Sekunden standen wir schweigend neben dem schwa r zen Sandberg, der noch die Form des Körpers zeigte.
»Ich gehe jetzt runter«, erklärte der Kater schließlich.
»Ja, gehen wir«, stimmte ich ihm zu.
»Hier liegt ein Missverständnis vor. Ihr beide geht nach oben. Aber ich muss nachsehen, ob es da unten
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