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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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»Du kannst Danka nicht so sehen wie wir. Sonst hättest du ihn schon früher durchschaut. Er ist erwachsen, hinterhältig und gnadenlos. Du hättest nie eingewilligt, sein Junior zu werden, wenn du ihn je so gesehen hättest. Wenn Da n ka selbst ein Freiflieger werden würde, wenn wir ihn nicht umbringen müssten … Ja, das würde natürlich alles ändern. Vielleicht würden wir dann sogar Freunde werden – wie das die Menschen nennen.«
    »Wir werden nicht zu Freifliegern! Und wir sterben nicht!« Ich knallte die Hand wieder auf den Griff des Wahren Schwerts.
    »Wenn du kein Freiflieger wirst, stirbst du.« Iwon fuchtelte mit den Armen und kalter Wind umwehte mich.
    »Wir sind zu dritt!«, drohte Kurt mir.
    » … und du ganz allein«, schloss Len leise.
    Sollte es das gewesen sein?
    Ich wich zurück, Richtung Mauer, Richtung der Spiegel, dorthin, wo die Kälte herkam.
    Nein, noch war nicht alles verloren. Auf Len bräuchte ich natürlich mit dem Wahren Schwert nicht loszugehen. Schließlich hatte ich ja seinen Schlüssel.
    Damit war die Frage: Wer von den beiden? Iwon oder Kurt? Derj e nige, der damals als Strafe meine Menschenaugen verlangte, oder de r jenige, der es jetzt auf meinen Freund abgesehen hatte?
    Oder brauchte ich hier weder den Schlüssel noch das Schwert? Irrte ich mich?
    Die Häuser, die im Schwarzen Feuer loderten.
    Shoky, der weinte.
    Der alte Gert, der das Licht nun doch nie wieder sehen würde.
    Und war dieses Licht wirklich so sehenswert?
    »Danka!« In Lens Stimme lag ein bittender und flehender Ton. »Lass uns mit ihnen mitgehen! Wir brauchen keine Angst zu haben! Sogar ich fürchte mich nicht … «
    »Du bist ja auch nie ein Feigling gewesen«, antwortete ich meinem Junior. »Du konntest nur deine Angst nicht so gut verstecken wie a n dere. Und Angst haben wir alle. Sogar Kurt und Iwon. Jeder von ihnen fürchtet sich, dass ich das Wahre Schwert gegen ihn ziehe.«
    Die Klinge klirrte, als ich sie aus der ledernen Scheide zog. Es war ein ganz normales Schwert. Es leuchtete nicht mit einem Zauberfeuer und sprang mir nicht aus der Hand, um meinen Feind zu ermorden.
    Es war ganz einfach ein Wahres Schwert. Die Gesichter von Kurt und Iwon wurden kreidebleich.
    Mit meiner freien Hand holte ich aus der Innentasche meines Fl ü geloveralls den Schlüssel. Als ich Lens Blick auffing, schüttelte ich den Kopf.
    »Ich will ihn doch nicht zerbrechen, Len. Ich will ihn nur in der Hand halten – bis alles vorbei ist. Es ist ein Geschenk von dir – und ich habe noch nicht oft ein Geschenk von einem Freund bekommen. Denn bisher hatte ich keine Freunde.«
    »Wofür brauchst du das Licht überhaupt, Danka?«, schrie Iwon. Er hatte vor Angst die Kontrolle über sich verloren.
    »Ich weiß es nicht«, gab ich ehrlich zu. »Ich mag die Dunkelheit einfach nicht. Vielleicht kennt das Licht tatsächlich nur einen einzigen Weg – aber wenigstens sind alle anderen Wege in ihm sichtbar. Du brauchst keine Angst zu haben, Iwon. Und auch du, Kurt, weichst o h ne Grund vor mir zurück. Das Wahre Schwert ist nicht für euch b e stimmt. Ich habe meinen Wahren Feind gefunden.«
    Sie blickten synchron zu Len rüber. Der starrte mich unverwandt an. Mein Junior stand ganz dicht neben mir, mit der Schwertspitze hätte ich ihn berühren können, ohne einen Schritt zu machen.
    Doch ich drehte Len den Rücken zu und schaute in den Spiegel. B e trachtete mich selbst, mein erwachsenes und begriffsstutziges Ich. Das nicht verstand, warum ich den Schlüssel immer noch nicht zerbrochen und Iwon nicht mit dem Wahren Schwert umgebracht hatte.
    »Also darauf würde es hinauslaufen, wenn ich mich erwachsen ve r halte?«, sagte ich zu meinem Spiegelbild. »Du solltest nie etwas tun, das du für falsch hältst, und dich damit rausreden, dass Erwachsene es so machen.«
    Daraufhin hämmerte ich mit dem Schwert auf den Spiegel ein, der in tausend feine Scherben zersplitterte. Jede einzelne von ihnen zeigte mein zitterndes, sterbendes Gesicht.
    Es tat weh. Sehr weh.
    Als ob sich Tausende von Nadeln überall in meinen Körper bohrten.
    Die purpurroten Flammen der Fackeln brannten kurz matter. Ich hörte ein leises Geräusch, mit dem ein weiterer Spiegel zerbrach. K o mischerweise spiegelte ich mich in dem schon gar nicht mehr. Weder so, wie ich jetzt war, noch als Erwachsener. Dann barsten nach und nach alle Spiegel, als wären sie miteinander verbunden. Silberne Fu n ken wirbelten durch die Luft.
    Scherben übersäten den Boden und im Raum

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