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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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spielen? Das wird dir nicht glücken. Das Wahre Schwert allein bringt dir überhaupt nichts. Du musst auch deinen Wahren Feind kennen … «
    Iwons Worte trafen mich wie schwere, eiskalte Hagelkörner. Ich versuchte, mich vor ihnen zu ducken, ihnen zu entkommen, denn da r auf etwas antworten – das konnte ich nicht.
    »Willst du wieder nach Hause, Danka?«
    Wie bitte? Ich ließ sogar den Schwertgriff los.
    »Eine Tür war im Tal … aber die ist mit Schwarzem Feuer begossen worden. Verborgene Türen mögen das nicht und verbrennen sofort. Die zweite Tür hast du selbst zerstört, Danka. Zusammen mit unserem Turm. Ich nehme dir das nicht übel, denn du hast ja geglaubt, das Richtige zu tun. Aus Sicht der Finsternis hast du dir insofern nichts zuschulden kommen lassen. Unser Pech, wenn du stärker bist als wir … Aber die dritte Tür existiert noch. Schau doch mal auf die Wand hinter mir.«
    Stimmt, da gab es eine Verborgene Tür. Eine Holztür, bemalt mit weißer Ölfarbe und mit einem Glasknauf.
    »Geh zurück in deine Welt, Danka. Überlass den Streit zwischen dem Licht und der Finsternis denjenigen, die schon keine Menschen mehr sind, und denjenigen, die noch nie Menschen waren. Überlass ihn demjenigen, der zwei Jungen in den Tod schickt, während er selbst gerade zu Mittag isst.«
    Er wusste alles über mich und den Sonnenkater. Und darüber, was im Turm vor sich ging.
    »Entscheide dich, Danka. Ja, wir sind Feinde und werden es auch bleiben. Aber wir müssen uns nicht gegenseitig umbringen. Geh in deine Welt. Von mir aus mit Len, wenn du das willst.«
    »Daraus wird nichts, Iwon«, schaltete sich Len ein. »Ich werde nicht von hier weggehen, ist das klar? Das ist mein Land. Und wenn ich nicht fortgehe, wird Danka auch bleiben!«
    Jetzt wandte sich Iwon an Len: »Tut mir leid, Len. Sie haben dich gut bearbeitet. Wie könnte ich dich da noch umstimmen … ? Kurt!«
    Len trat dicht neben mich. Aus einem Spiegel – nicht aus jenem, aus dem Iwon gekommen war, sondern aus einem anderen – stieg ein zweiter Freiflieger heraus.
    Ihn kannte ich nicht – im Unterschied zu Len.
    Als er noch ein Mensch gewesen war, musste er neunzehn oder zwanzig Jahre alt gewesen sein. Das ist das Höchstalter für einen Fl ü gelträger. Aber das galt nicht für die Freiflieger – sie hinderte das A l ter nicht am Fliegen.
    »Hallo, Junior!«
    Seine Stimme klang warm und wie die eines Menschen. Allerdings hatte ich den Eindruck, es koste Kurt gewaltige Mühe, mit dieser Stimme zu sprechen.
    »Ich bin nicht dein Junior.« Lens Stimme war nur noch ein Flüstern.
    »Doch. Hast du vergessen, wie ich zu dir gekommen bin und dir vorgeschlagen habe, mein Partner zu werden? Wie du dich gefreut hast, als du die ersten Flügel bekamst? Und wie ich dir dann das Fli e gen beigebracht habe?«
    Len zitterte wie im Fieber. Ich stellte mich neben ihn, aber das schien er gar nicht mitzukriegen.
    »Du hättest damals keine Angst haben sollen, ein Freiflieger zu we r den, Junior. Es ist gar nicht so schlimm, wie du denkst. Und es tut auch nur am Anfang weh. Aber das macht nichts, Len. Du bist eben auf deinem eigenen Weg zu uns gekommen. Für uns ist das kein Pro b lem. Bloß das Licht kennt nur einen einzigen Weg, der gerade wie ein Strahl sein muss. In der Finsternis dagegen existieren Abermillionen von Wegen. So oder so wärst du irgendwann bei uns gelandet. Jetzt sind wir wieder zusammen.«
    Ich sagte kein Wort, denn ich wusste, dass ich mich da nicht einm i schen durfte.
    »Ich habe dir deinen Schlüssel zurückgegeben, Junior, denn du hast Angst bekommen und wolltest umkehren. Du hättest ihn nicht wieder weggeben sollen. Danka wird ihn dir nicht zurückgeben. Stimmt ’ s, Danka?«
    Len drehte sich um und sah mich an. Mir konnte nur eine Lüge he l fen, das wusste ich. Genauso, wie ich wusste, dass ich auf gar keinen Fall lügen durfte.
    »Ich werde ihn nicht hergeben. Es ist ein Geschenk. Solange ich lebe und solange du lebst, werde ich ihn nicht hergeben.«
    »Da siehst du ’ s«, sagte Kurt. »Aber keine Bange. Wir retten dich, selbst wenn die Flügel deinen Körper umbringen. Du brauchst keine Angst zu haben, ich bin jetzt wieder dein Senior.«
    Er trat dicht an Len heran und legte ihm die Hand auf die Schulter. Und Len bewegte sich nicht, er rückte nicht von ihm ab!
    »Das könnte dir so passen«, zischte ich.
    Len drehte sich zu mir um. »Danka … «, flehte er mich an.
    Dann verstummte er.
    Kurt redete weiter beschwörend auf ihn ein.

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