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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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erfuhr ich nie, wie er mir hätte helfen wollen.
    »Was ist mit deinen Augen, Danka?«, fragte Shoky nach einer We i le. »Hat es sehr wehgetan?«
    »Du kannst dir nicht ausmalen, wie sehr«, antwortete ich. »Möchtest du es vielleicht mal ausprobieren? Dann nimm deinen Dolch, der hat schon Erfahrung damit.«
    Shoky sprang auf und stürzte zur Tür. Dort drehte er sich noch ei n mal um. »Du selbst hast diese Strafe dem Tod vorg e zogen!«, fauchte er. »Also spare dir deine gemeinen Vorwürfe, Danka! Schließlich h a be ich dir geholfen! Wegen mir bist du überhaupt noch am Leben!«
    Die Tür knallte zu. Ich schlug die Augen auf und schaute Len verl e gen an.
    »Das hast du ganz richtig gemacht, Danka«, sagte Len. »Er hat ’ s nicht anders verdient, dieser Hüter der Ordnung!«
    Ich widersprach ihm nicht. Aber ich machte mir auch nichts vor: Fair war das nicht gewesen. Shoky hatte wirklich keine andere Mö g lichkeit gehabt.
    »Lass uns zum Turm hochgehen, Len.«
    Er folgte mir die Treppe hinauf und steckte mir oben das schwarze Stoffband zu. Mit einem schiefen Lächeln legte ich es an. Als ob das für mich einen Unterschied machte! Ich würde bis zum Horizont alles klar erkennen. Selbst der graue Nebel störte mich immer weniger.
    Denn in meinen Augen funkelte das Wahre Licht.
    »Fliegen wir!«, sagte ich und stieg in den tief hängenden Himmel auf. Der Wind peitschte uns wie mit scharfen, durchsichtigen Gerten, ich passte genau zwei Böen ab und schlüpfte zwischen sie, damit me i ne Flügel es leichter hatten.
    Len versuchte, es mir nachzumachen. Seine Flügel hackten wie St ö cke auf die Luft ein, denn die Strömung so ausnutzen wie ich, das konnte er nicht. Mein Wahrer Blick war schon klasse!
    »Ich habe Flügel!«, schrie ich über der schweigenden Stadt. »Ich habe Flügel!«
    Nur mit Mühe schloss Len zu mir auf. Jetzt wurde mir bewusst, wie viel Kraft meinen Junior jeder Flügelschlag kostete, und auch den Schweiß auf seiner Stirn sah ich.
    »Du kommst wohl nicht so schnell nach?«, fragte ich. »Wollen wir ein Wettfliegen veranstalten? Ich gebe dir einen Vorsprung!«
    Len legte die Flügel an und drehte nach Norden ab, zu dem Gebirg s pass, aus dem die Karawane der Händler kommen würde. Lachend folgte ich ihm.
    Am Pass holte ich Len ein, tauchte unter ihn und schnappte nach seinen Händen. Ich wollte, dass er lernte, wie man sich von der Str ö mung tragen ließ. Stattdessen sackte Len jedoch nach unten ab und schaute mich erschrocken an.
    »Jetzt kann ich wirklich fliegen, Len!«, rief ich, als wollte ich mich rechtfertigen. »Jetzt brauchen wir vor niemandem mehr Angst zu h a ben!«
    »Ich habe Angst vor dir«, gestand Len leise.
    Schweigend umarmte ich ihn, lenkte uns nach unten und bremste unmittelbar über dem Boden ab. Ich stellte meinen Junior auf seine Füße und er legte seine Flügel an. Er stand da wie ein Soldat nach dem Befehl »Stillgestanden!« und starrte mich an, ohne nur einmal zu blinzeln.
    »Tut mir leid«, entschuldigte ich mich. »Aber wenn du … wenn du plötzlich wie ein Vogel fliegen kannst … dann machst du automatisch ein paar Dummheiten.«
    »Ich weiß«, sagte Len ernst. »Gute Flügelträger wechseln manchmal von sich aus zu den Freifliegern über. Sie wollen das Fliegen nicht aufgeben, wenn sie erwachsen werden.«
    »Ist Kurt freiwillig gegangen?«, fragte ich.
    »Ihm blieb nur noch ein halbes Jahr, vielleicht ein ganzes«, antwo r tete Len mit einem Nicken. »Er hat mir befohlen, ihm zu folgen, und wir sind auf einem Turm der Freiflieger gelandet. Dann hat Kurt mich gepackt und mir gesagt, wir würden jetzt Freiflieger werden. Das würde gar nichts weiter ändern, nur hätten wir dann halt für immer Flügel und würden die Finsternis nicht mehr fürchten. Er hat immer geglaubt, er wüsste besser als ich, was für mich richtig ist … «
    »Len … «
    »Aber ich will gar nicht aufhören, Angst vor der Finsternis zu h a ben! Ich hasse sie!«
    Len fing an zu weinen. Ich begriff immer noch nicht, worum es e i gentlich ging.
    »Und jetzt fängst du auch noch damit an!«, stieß er hervor. »Du willst entscheiden, was für mich am besten ist! Du bist genau wie alle anderen!«
    »Entschuldigung … « Mehr brachte ich nicht heraus. »Len, du bist der beste Flieger hier. Gerade deshalb war ich ja ganz aus dem Hä u schen, dass ich dich in der Luft einfangen konnte.«
    Lens Tränen trockneten sofort und er lächelte mich zaghaft an.
    »Sei nicht mehr sauer, Partner«, bat

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