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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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erwiderte ich schulterzuckend.
    Ohne jeden Widerspruch händigte der Mann mir zehn Taler aus, d e nen er nach kurzem Zögern zwei weitere hinzufügte. Ich steckte sie in die Tasche des Flügeloveralls. »Und wo sind sie gültig?«, wollte ich wissen.
    »In unserer Stadt«, antwortete der Händler, der sich nicht im G e ringsten über die Frage wunderte. »Seid ihr einsatzbereit?«
    »Ja.«
    »Wir kommen jetzt an ein sumpfiges Tal. In seiner Mitte liegt eine kleine Insel, auf der ein Turm steht.«
    »Ein Turm der Freiflieger?«
    »Ja. Wenn die Karawane den Rand des Tals erreicht, werden die Freiflieger zu uns herüberkommen und ich werde mit ihnen verha n deln. Normalerweise bereiten sie uns keine bösen Überraschungen, aber Vorsicht ist trotzdem angebracht. Deshalb möchte ich, dass ihr beide, du und dein Partner, den Weg durch das Tal überprüft. Das sind etwa zehn Kilometer. Überzeugt euch, dass wir nicht in einen Hinte r halt laufen. Danach kommt ihr beide zurück und passt auf meine F a milie auf. Die Freiflieger dürfen euch nicht sehen.«
    »Sie handeln also auch mit denen«, stellte ich fest.
    »Andernfalls würde uns kein Schutz der Welt helfen. Darüber hi n aus lohnt es sich für einen Kaufmann, mit allen Geschäfte zu machen. Das ist nun einmal mein Beruf.«
    Es wäre dumm gewesen, es in dieser Situation auf einen Streit anz u legen. Und noch dümmer, ihm seine Profitgier vorzuhalten. Deshalb hüllte ich mich einfach in Schweigen.
    »Noch eine Frage, mein Junge. Woher hast du den Wahren Blick?«
    »Den haben Sie bemerkt?«, fragte ich zurück.
    Der Händler nahm die Brille ab und fuchtelte damit herum. »Das ist Glas, in dem die Finsternis gefangen ist. Bei Licht kannst du mit di e ser Brille überhaupt nichts sehen, dafür aber in der Dunkelheit umso besser. Außerdem bemerkst du die dunkle Seite der Menschen damit ganz hervorragend.«
    »Dann haben Sie mich sondiert?«, fragte ich verärgert.
    »Ich habe es versucht. Doch in deinen Augen liegt Wahres Licht, und das macht mich blind. Vermutlich stört die Fin s ternis in meiner Brille dich ebenfalls.«
    Mit einem Mal brachte ich ihm eine Art Respekt entgegen. »Stimmt. Und deshalb traue ich Ihnen auch nicht.«
    »Das ist dein gutes Recht. Es hat immer wieder Menschen gegeben, die uns, die Händler, für alles Unglück verantwortlich gemacht haben. Sie sind in unsere Stadt gekommen, um dort das Böse aufzuspüren, aber … Aber davon kannst du dich bald mit eigenen Augen überze u gen. Lass dir nur eines gesagt sein: Die Meinung, die du dir über uns gebildet hast, stimmt nicht.«
    »Woher haben Sie die Brille?«, hakte ich nach. »Stellen die Freifli e ger sie her?«
    »Richtig. Und ich handle ja mit den Freifliegern. Gegenstände trifft nie die Schuld für irgendetwas und diese Brille der Finsternis kannst du für sehr gute Zwecke einsetzen. Ich würde auch mit Wahrem Licht handeln, wenn es in dieser Welt noch welches gäbe … «
    »Es gibt ja wohl nur deshalb keines mehr, weil Sie es verkauft h a ben!«, schrie ich.
    Daraufhin machte ich auf dem Absatz kehrt und stapfte zu Len. Der Händler mit seiner Moral konnte mir gestohlen bleiben! Ich handle mit allem, was Profit bringt! Gegenstände trifft nie die Schuld für i r gendetwas! Den Quatsch bekamen wir auf der Erde auch zu hören, wenn Leute Waffen oder Drogen verkauften! Aber gut: Wenn wir erst mal in ihrer Stadt waren, würden wir schon alles rauskriegen!
    »Len!«, rief ich, als ich meinen Junior sah. »Willst du deine eing e rosteten Glieder etwas lockern?«
    »Du willst fliegen?« Er lächelte unsicher.
    »Ja. Unser werter Chef hat einen Auftrag für uns.«
    Ohne weitere Fragen zu stellen, breitete Len die Flügel aus und e r hob sich in die Luft. Mir entgingen die Blicke nicht, mit denen die Erwachsenen ihm nachsahen. Es wunderte mich nicht: Ich an ihrer Stelle wäre auch vor Neid geplatzt.
    Indem auch ich die Flügel ausbreitete, eilte ich Len nach. Im Flug riss ich mir sofort das schwarze Tuch von den Augen, stopfte es in die Tasche und spähte umher. Nachdem ich einen günstigen Luftstrom entdeckt hatte, ließ ich mich von ihm tragen.
    »Wohin fliegen wir?«, fragte Len, nachdem er sich durch allerlei Luftlöcher gekämpft hatte und zu mir aufschloss.
    »Wir checken den Karawanenpfad. Er führt zu einem Tal, wo … «
    » … wo ein Turm der Freiflieger steht!«, schrie Len entsetzt.
    »Ich weiß. Aber genau da will der Händler hin. Hast du etwa g e glaubt, er würde den Rest seiner

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