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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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uns auf, um die drei näher komme n den Männer in Empfang zu nehmen.
    Sie erinnerten eher an die Männer aus Lens Stadt als an Händler. Auch ihre Schwerter entsprachen den Waffen aus Lens Stadt. Auße r dem zeigten ihre Gesichter jene seltsame, unbewegliche Gleichgülti g keit, über die ich mich anfangs so gewundert hatte.
    »Flügelträger«, konstatierte einer der drei. »Ohne Zweifel Flügeltr ä ger. Was treibt ihr denn hier, Jungs?«
    »Wer will das wissen? Wer seid ihr überhaupt?«, fragte Len zurück. Sonderlich viel Respekt legten die Flügelträger den Erwachsenen g e genüber ja nie an den Tag.
    »Wir stehen in Diensten der Stadt«, erklärte einer der Männer b e reitwillig. Er war etwas älter als Shoky oder Iwon, dürfte also vor nicht allzu langer Zeit selbst noch Flügel getragen haben. »Und was hat euch in die Händlerstadt verschlagen?«
    »Wir sind aus freien Stücken hier«, erwiderte Len in provoziere n dem Ton. »Oder ist das etwa verboten?«
    »Natürlich nicht«, meinte unser Gegenüber. »Haltet euch nur vor Augen, dass es hier nicht wie in eurer Stadt ist, wo ihr alles umsonst bekommt. Hier müsst ihr bezahlen. Für die Unterkunft, das Essen, für alles, was ihr braucht.«
    »Wir haben Geld«, verkündete Len stolz.
    Mir war, als ob die drei auf diese Information sehr hellhörig reagie r ten. Ein Mann von etwa vierzig Jahren, der Älteste von ihnen, der bi s her geschwiegen hatte, meldete sich zu Wort: »Für das Recht, sich in der Stadt der Händler aufzuhalten, werden Steuern erhoben. Zwei T a ler von jedem.«
    Len warf mir einen bedauernden Blick zu, zuckte die Schultern und wollte anscheinend schon bezahlen. Doch ich achtete nicht weiter auf ihn, sondern musterte die Männer. Vier Taler – hauten sie uns damit übers Ohr? Würden sie es tatsächlich wagen, nicht nur Erwachsene auszunehmen, sondern auch uns?
    »Und wenn wir nicht zahlen, werdet ihr uns dann verfolgen?«, fragte ich. Dabei spreizte ich den Arm, damit sie den Stoff der Flügel sahen.
    Etwas im Gesicht der Männer veränderte sich. Der Jüngste von i h nen beugte sich zu uns herunter. »Natürlich nicht, mein Junge, wo denkst du denn hin«, erklärte er mit weicher Stimme. »Aus welcher Stadt seid ihr?«
    »Schichar«, antwortete Len. »Das liegt im Süden, am Fluss Dalal.«
    Auf diese Weise erfuhr ich also, wie Lens Stadt hieß.
    »Das kenne ich. Da bin ich schon einmal gewesen. Kennt ihr den a l ten Gert?«
    »Klar!« Ob ich wollte oder nicht, ich musste grinsen.
    »Wenn ihr zurückkehrt, grüßt ihn von Wokk. Wokk, das bin ich.«
    Len und ich nickten synchron.
    »Was wollt ihr denn nun bei uns, Jungs?«
    »Wir sind aus reiner Neugier hier«, behauptete Len mit Unschuld s miene. »Wir haben bei einem Händler als Begleitsoldaten angeheuert, für den Weg bis zur Stadt. Wir wollen einfach mal sehen, wie man hier lebt, mit der nächsten Karawane ziehen wir dann zurück.«
    Die Antwort stellte Wokk zufrieden. Er klopfte Len auf die Schulter, erhob sich und verkündete in offiziellem Ton: »Hiermit erteile ich euch die Erlaubnis, euch in der Stadt der Händler aufzuhalten. Achtet die bestehenden Gesetze, befolgt die Befehle der Ordnungshüter und vergesst nicht, dass man für alles zu bezahlen hat. Solltet ihr Probleme bekommen, wendet euch an mich.«
    Die beiden Gefährten Wokks mischten sich nicht in unser Gespräch ein. Als die drei jedoch über die Uferpromenade a b zogen, fingen sie einen halblauten Streit mit ihm an.
    »Und ich hatte schon gedacht«, sagte Len leise, »wir müssten ihnen Geld geben.«
    »Er sehnt sich zu sehr nach Flügeln«, erklärte ich. »Er weiß, dass er nie wieder fliegen wird, erinnert sich aber noch genau, wie es ist, zu fliegen. Deshalb wollte er uns nicht über den Tisch ziehen. Aber seine beiden Kumpane sind älter und haben bereits alles vergessen. Wir hatten Glück, dass er bei ihnen das Sagen hat.«
    »Wer denn auch sonst?«, meinte Len verwundert. »Schließlich war er noch vor Kurzem ein Flügelträger, ist geflogen und hat gekämpft. Da ist es doch klar, dass er ein besserer Kämpfer ist als die beiden alten Herren.«
    Letztendlich betrachteten Len und ich die Welt eben doch mit and e ren Augen. Und wir wunderten uns über andere Dinge. Wenn Len gewusst hätte, womit sich unsere Altersgenossen in meiner Welt so beschäftigten, hätte er sich vor Staunen bestimmt nicht mehr eing e kriegt.
    »Lass uns einen Imbiss suchen«, schlug ich vor. Als mir aufging, wie komisch das Wort

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