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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Wachmänner lachte heiser. Wir aßen weiter. Die rotblonde Frau kam noch einmal zu uns. »Bleibt ihr lange in unserer Stadt, Fl ü gelträger?«, wollte sie wissen.
    »Eine Woche vielleicht«, antwortete der Kater.
    »Und habt ihr schon eine Unterkunft?«, fragte sie ihn direkt, nac h dem sie wohl endgültig zu der Überzeugung gelangt war, dass er bei uns das Sagen hatte.
    »Bisher noch nicht«, meinte der Kater mit trauriger Stimme. Er rec k te sein Köpfchen hoch, hielt dabei aber nach wie vor ein Stück Fleisch in der Pfote. »Um unsere Finanzen ist es wahrlich schlecht bestellt«, fuhr er dann fort. »Sie dürften uns wohl nur wenige Mah l zeiten in Ihrer vortref f lichen Gaststätte erlauben.«
    Die junge Frau ließ sich kurz etwas durch den Kopf gehen und setzte sich schließlich zu uns an den Tisch. »Wir würden euch gern unsere Gastfreundschaft erweisen«, informierte sie uns mit gedämpfter Stimme. »Zum Lokal gehören auch Zimmer und eines davon ist zufä l ligerweise gerade frei. Der Preis wäre rein symbolisch, einen Taler pro Woche. Allerdings nur unter der Bedingung, dass ihr jeden Tag bei uns frühstückt und zu Mittag und Abendbrot esst.«
    Wenn der Kater ein Mensch gewesen wäre, hätte ich ihm jetzt u n term Tisch einen Tritt gegeben, damit er ja akzeptierte. Die Bedingu n gen hätten nicht besser sein können – aber was tat der Kater?
    »Unsere Mittel reichen nicht aus, um bei Ihnen zu speisen, verehrte Lady«, jammerte er.
    Die Frau blickte zu den Wachmännern hinüber, die dem Gespräch mit großen Augen folgten.
    »Der Preis für die Mahlzeiten ist ebenfalls symbolisch. Ein Taler.«
    »Pro Woche«, stellte der Kater sofort klar.
    »Abgemacht«, willigte die Frau ein. »Die Gastfreundschaft ist meine Schwäche.«
    »Die in diesem Fall kompensiert werden dürfte durch die Bewirtung all der neugierigen Gäste«, entgegnete der Sonnenkater.
    Die Frau brach in schallendes Gelächter aus. »Woher seid ihr eigen t lich, Jungs?«
    »Immer hübsch eins nach dem andern«, sagte der Kater. »Könnten wir zunächst noch jeder eine Frikadelle bekommen?«
    Das Zimmer, in das uns die Frau brachte – die übrigens einen ganz normalen Namen hatte und Magda hieß –, war mit Sicherheit keine Luxussuite. Nachdem sie uns allein gelassen hatte, beschwerte sich Len darüber. Ich selbst hatte jedoch den Eindruck, drei mal drei Meter würden für zwei Jungen und einen Sonnenkater durchaus genügen.
    In dem Zimmer standen zwei Betten – die für Erwachsene schmal gewesen wären, für uns jedoch keinen Grund zur Klage boten. Auße r dem gab es einen Kamin, in dem Brennholz vorbereitet war, sowie einen Tisch und einen einzelnen Stuhl. Die Wände bestanden aus Zi e gelsteinen, die nicht einmal getüncht waren, worüber Len ebenfalls lästerte. Über dem Bett, das er sich ausgesucht hatte, hing ein kleines Bild mit einem Schiff, das über das nächtliche Meer segelte. Meiner Meinung nach sah dieses Schiff viel besser aus als die realen Vorbi l der. Neben der Tür, die mit einem soliden Schloss abgesperrt werden konnte, hing ein kleiner, trüber Spiegel. Mehr gab ’ s in dem Zimmer nicht. Das heißt, ein Fenster war natürlich auch da, vor dem nur eine leichte Gardine hing – was Len absolut umhaute. Er war nicht daran gewöhnt, dass vor den Fenstern keine Läden waren und Licht durch sie hereinfiel, und sei es auch nur das Licht von Straßenlaternen.
    Der Kater rannte eine Weile geschäftig durchs Zimmer und flog dann auf mein Bett.
    »Heute schlafe ich bei dir«, erklärte er. »Wenn es kalt wird, unter der Decke. Du liegst doch still, wenn du schläfst?«
    »Woher soll ich das denn wissen? Wenn ich schlafe, schlafe ich!«, antwortete ich. »Warum hast du eigentlich nicht auch noch damit a n gegeben, dass du fliegen und leuchten kannst?«, fragte ich.
    »Was hätten wir denn sonst noch in der Hand, wenn wir länger als eine Woche bleiben müssen?«, antwortete der Kater.
    »Du würdest einen prima Händler abgeben«, meinte Len halb ve r ächtlich, halb begeistert.
    »Ich werde mir diesen Gedanken durch den Kopf gehen lassen«, versprach der Kater und fing an, sich zu putzen. »Geht jetzt ins Bett, Jungs, morgen steht uns ein harter Tag bevor.«
    »Wieso das?«, fragte ich.
    »Keine Ahnung. Aber nur so zum Spaß sind wir ja nicht hergeko m men. Schlaft jetzt!«
    Ohne ihm den Befehlston übel zu nehmen, zog ich mich aus und kroch unter die Decke.
    »Gute Nacht, Danka«, sagte Len gähnend.
    »Gute Nacht«,

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