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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Händler löste die Versammlung kurz entschlossen auf. »Dass die beiden Jungen ein solches Glück hatten, heißt nicht, dass wir unterwegs nicht mehr mit Unannehmlichkeiten zu rechnen hätten. Wache!«
    Rasch bezogen die Männer wieder ihre Posten.
    »Ich möchte mit dir reden«, sagte der Händler und packte mich am Oberarm. »Ungestört.«
    Wir sonderten uns etwas von den anderen ab. An uns trotteten die Büffel vorbei, die schwer mit den Waren der Freiflieger bepackt w a ren.
    »Hast du den Turm wirklich zerstört?«, fragte der Händler, nachdem er lange geschwiegen hatte.
    »Ja.«
    »Ich wüsste zu gern, wie du zu dem geworden bist, der du heute bist«, meinte der Händler nachdenklich.
    »Das war nicht angenehm«, sagte ich und starrte ins Nichts.
    »Das kann ich mir vorstellen. Bist du sicher, dass mit deinem Freund alles in Ordnung ist, Danka?«
    »Klar.« Ich sah den Händler an. Obwohl er keine Brille trug, wollte ich ihn nicht mit dem Wahren Blick betrachten. »Stimmt denn etwas nicht mit ihm?«
    »In ihm wohnt Finsternis, mein Junge. Das habe ich durch die Brille der Freiflieger gesehen. In ihm hockt Finsternis, wenn auch zusa m mengekauert, versteckt. Aber sie lebt … «
    »Sie … haben versucht … einen Freiflieger aus ihm zu machen«, presste ich mit schwacher Stimme heraus.
    »Und sie hätten beinahe Erfolg gehabt. Kannst du für deinen Freund bürgen?«
    »Ja«, antwortete ich, ohne darüber nachzudenken.
    Eine Weile sagte der Händler kein Wort. Die Karawane zuckelte immer weiter den Pfad entlang.
    »Gut. Ihr werdet weiterhin für mich arbeiten. Bis wir die Stadt e r reicht haben.«
    »Haben Sie einen Auftrag für uns?«, wollte ich wissen.
    »Übernehmt die Kontrolle aus der Luft, erkundet die Wege. Genau wie bisher.«
    Ich breitete die Flügel aus und wollte abheben. Sollte der Händler doch zu Fuß gehen – ich war und blieb ein Flügelträger!
    »Danka, warte … «
    Ich drehte mich um.
    »Ich heiße Gabor. Kannst du dir das merken? «
    » Natürlich, Gabor«, antwortete ich. »Ich werde es mir merken.«
    Dann flog ich hoch in den dunklen Himmel.

4 Die Stadt am Meer
    B is zur Stadt der Händler brauchten wir eine Woche. Abenteuer erle b ten wir unterwegs keine, ja, es passierte eigentlich nichts, woran ich mich erinnern könnte. Das Einzige, was sich verändert hatte, war das Verhalten der Erwachsenen uns gegenüber. Ich kann nicht b e haupten, dass sie Angst vor uns hatten oder uns nicht mochten, aber sobald wir auftauchten, verstummten ihre Gespräche, und sie setzten saure und gelangweilte Mienen auf.
    Nur Gabor und seine Familie verhielten sich uns gegenüber genau wie bisher. Sogar in etwas übertriebener Weise, wie ich fand. Sie t a ten, als ob rein gar nichts passiert wäre. Die Finsternis, die sich in Len angeblich verborgen hielt, erwähnte der Händler mit keinem Wort mehr. Ich wiederum konnte sie einfach nicht entdecken, egal wie sehr ich mich anstrengte.
    Als wir eines Tages spätabends – doch was spielte Zeit in dieser Welt schon für eine Rolle? – die Berge überquerten, erblickten wir die Stadt der Händler. Die Karawane machte halt, obwohl Gabor keinen Befehl dazu gegeben hatte – doch diesmal ließ er es durchgehen.
    Der Anblick war in der Tat überwältigend.
    Die Stadt strahlte. In der Stadt der Flügelträger wäre nie jemand auf die Idee gekommen, Straßenlaternen aufzustellen. Und die Fenster waren dort so dicht verhängt, als befürchteten die Einwohner einen Luftangriff.
    Die Händler hatten jedoch vor niemandem Angst. Zumindest taten sie so, als ob. Aus allen Fenstern strömte Licht auf die Straße, an den Kreuzungen und Plätzen standen Laternen, bei denen es sich um Sch a len handelte, in denen eine weiße Flamme brannte.
    Die Stadt stellte sich als gar nicht so groß heraus, sie nahm nur einen schmalen Streifen an der Küste ein und zog sich noch die Hügel hi n auf. Bereits auf den ersten Blick ließ sich erkennen, dass sie um einen Hafen herum entstanden war. In ihm lagen zwei Dutzend Schiffe vor Anker, ein Boot segelte gerade ins offene Meer hinaus.
    Len, der sich mit der Tochter des Händlers unterhalten hatte, war auf mich zugekommen, ohne dass ich ihn bemerkt hatte. »Weshalb sind denn alle so begeistert?«, fragte er irritiert. »Das ist doch bloß eine Stadt wie jede andere auch, nur dass die Straßen mit grellen Laternen gespickt sind. Das blendet ja richtig.«
    »Schieb das Visier hoch«, forderte ich ihn auf.
    Und nun sah er, wie in der

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