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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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fürchterlich stark. Da Len und ich uns jedoch schämten, um Wasser oder Saft zu bitten, warteten wir einfach, bis der Kater mit seinem Fisch fertig war.
    Der ließ sich allerdings Zeit. Als er fertig war, sprang er in Lens Armbeuge und wir steuerten gemeinsam auf den Ausgang zu, ohne dass wir uns vorher irgendwie abgesprochen hätten. Wir waren schon halb durch die Tür, da fiel dem Kater noch was ein. »Könnte man zum Mittagessen heute mal die Fischsuppe probieren?«, erkundigte er sich bei Magda.
    Sie nickte mit freudestrahlendem Gesicht. Wir verließen den Raum. Sobald die Tür hinter uns zugefallen war, redeten drinnen alle mit aufgeregten Stimmen durcheinander.
    »Was für eine Komödie … «, sagte Len.
    »Ja, ja, die einen ergötzen sich an der Komödie – während andere den Pausenclown mimen müssen«, maulte der Kater. »Wohin gehen wir?«
    Erst zuckte Len mit den Schultern, dann ich.
    »Also flanieren wir so lange durch die Straßen, bis wir auf etwas I n teressantes stoßen«, entschied der Kater.
    Während des Spaziergangs ließen wir unsere Blicke in alle Richtu n gen schweifen. Im Grunde gab es jedoch gar nichts zu sehen. Nur Häuser, Leute, die sich nicht im Geringsten für uns interessierten, und zahllose Laternen.
    »Nun, Danka, meinst du immer noch, die Händler könnten hinter der ganzen Geschichte stecken?«, wollte der Kater wissen.
    »Ich weiß es nicht«, gab ich zu. »Vermutlich sind sie für eine dera r tige Schweinerei doch zu dumm.«
    »Stell dir einmal die wichtigste Frage!«, verlangte der Kater im Ton eines Oberlehrers von mir. »Die Frage, auf die es einzig ankommt. Wenn du die Frage richtig formulierst, ist darin die Antwort schon enthalten.«
    »Du gehst mir auf die Nerven!«, fuhr ich ihn an. »Du weißt doch genau Bescheid – und uns sagst du nichts!«
    Der Kater hüllte sich in Schweigen, und wir gingen wortlos weiter, bis ich schließlich hervorbrachte: »Die wichtigste Frage ist: Wem nützt das? Korrekt?«
    »Annähernd«, bestätigte der Kater kühl.
    »Es nützt den Händlern!«, stieß Len hervor. »Sie nehmen uns aus!« Er sah mich an. »Das stimmt doch, oder, Danka?«
    »Unterbrich deinen Senior nicht!«, wies ihn der Kater zurecht. »Di e se Jugend! Kennt keinen Anstand und keinen Respekt mehr. Also: Wer ist an allem schuld, Danka?«
    »Ich weiß es nicht«, gab ich ehrlich zu. »Aber es nützt den Hän d lern … «
    »Wenn du eine Frikadelle zum Fenster hinauswirfst und die Fliegen sich darauf stürzen, trifft die Fliegen dann irgendeine Schuld?«, bohrte der Kater weiter.
    »Wenn sie sich auf die Bulette setzen und ich sie dann vor lauter Ekel nicht mehr essen mag, ja, dann sind sie schuld«, mischte sich Len wieder ein.
    Der Kater mauzte verärgert. »Dreht mir nicht das Wort im Mund herum, Jungs! Und begriffen habt ihr bisher rein gar nichts!«
    Wieder zogen wir schweigend weiter. Nach und nach veränderte sich die Straße. Die Häuser waren jetzt höher und es gab mehr Late r nen. Auch immer mehr von innen beleuchtete Schaufenster mit allerlei Krimskrams.
    »Geschäfte!«, rief der Kater, als hätte er schon lange davon g e träumt, shoppen zu gehen. »Haben wir Geld, Danka?«
    »Ja.«
    »Dann komm.«
    Er sprang von Lens Arm herunter und steuerte auf eine der Türen zu. Ich zuckte bloß mit den Schultern.
    Im Geschäft war es hell, sogar zu hell. In dem Raum brannten fünf Lampen, doch an denen lag es nicht. Aber überall – an den Wänden und in den Regalen – funkelten Spiegel, die das Licht zurückwarfen.
    »Kauf den, vor dem ich anfange, mich zu putzen«, trug mir der K a ter, dieser alte Verschwörer, auf.
    Der Besitzer des Ladens kam auf uns zu, ein hohlwangiger Mann mit schwarzen Haaren. Er erinnerte kaum an die Händler, die wir schon kennengelernt hatten, trat aber ganz mit der Souveränität eines Geschäftsinhabers auf.
    »Wollen die jungen Leute etwas kaufen?«, fragte er höflich, wenn auch nicht allzu interessiert. »In unserer Stadt muss man dergleichen bezahlen … «
    »Ich weiß«, sagte ich, wobei ich den Kater beobachtete, der langsam an der Wand entlangstolzierte und sich in jedem Spiegel betrachtete. »Wir können zahlen.«
    Sofort änderte sich der Ausdruck im Gesicht des Mannes. »Was für ein herrlicher Tag! Meine Kundschaft ist ja durchaus zahlreich, aber Flügelträger – das Vergnügen hatte ich bislang noch nicht! Womit kann ich dienen?«
    »Mit einem Spiegel«, sagte ich. Was eine ziemlich dämliche An t wort war.
    »Sicher. Aber

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