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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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er die Hand zurück und schaute sie skeptisch an. »Die sind ja alle unecht!«, maulte er enttäuscht. »Hier haben wir nichts verloren!«
    »Das sind Muster«, erklärte jemand mit leiser Stimme hinter uns. »Solange ihr nicht bezahlt habt, bekommt ihr keine echten Stücke in die Hand.«
    Wir wirbelten herum. Neben der geschlossenen Ladentür stand ein Mann. Wo er herkam, war ein Rätsel. Er sah absolut durchschnittlich aus. Mittlere Größe, nicht jung, nicht alt, gekleidet wie ein Händler, mit einem funkelnden Ring am Finger. Mich enttäuschte sein Äuß e res. Der Besitzer eines Waffenladens sollte entweder ein buckliger Greis mit einem schwarzen Umhang und faltigem Gesicht sein oder das genaue Gegenteil davon, ein muskelbepackter Jüngling mit nac k tem Oberkörper. Aber der hier …
    »Flügelträger sind seltene Gäste in unserer Stadt«, meinte der Wa f fenhändler in diesem Moment. »Vermutlich glauben sie, allein ihre Flügel würden sie zuverlässig schützen. Aber da wäre ich mir nicht so sicher … «
    Der Mann ging auf Len zu, fasste ihn entschlossen bei den Schu l tern, zog ihn etwas näher und knöpfte die Scheide von seinem Gürtel. Len, der normalerweise einen Wutanfall bekam, wenn man etwas mit ihm anstellte, ohne ihn vorher zu fragen, schien es die Sprache ve r schlagen zu haben.
    »Äußerst bemerkenswert!«, konstatierte der Waffenhändler. »Schwarzer Stahl, im Flug gehärtet. Ihr habt nach wie vor gute Mei s ter, mein Junge.«
    Nachdem er dem verdutzten Len das Schwert zurückgegeben hatte, wandte er sich mir zu. Mein Schwert zog er allerdings nicht. Er b e trachtete nur den Griff – und strahlte über beide Backen.
    »Der Gnom Tuak tat schon immer zu viel des Guten«, meinte er, wobei er mich so ziemlich ignorierte. »Ein allzu reich verzierter Griff … viel zu weicher Stahl. Kaum zu glauben, dass dieses Schwert zweihundert Jahre überdauert hat. Offenbar ist es nur selten gebraucht worden.«
    Der Mann richtete seinen Blick wieder auf Len, während ich über seine Worte nachgrübelte: Bewunderte er meine Waffe oder machte er sich über sie lustig? »Was führt euch zwei denn zu mir?«, fragte er. »Wollt ihr bessere Schwerter kaufen als die, die ihr habt? Dann werdet ihr bei uns nicht fündig, dafür bräuchtet ihr nämlich mehr Geld, als dieses Päckchen beinhalten dürfte.« Er wies mit einem kurzen Nicken auf den eingewickelten Spiegel. »Wollt ihr etwas verkaufen? Ich wü r de euch gutes Geld für das Schwert des Gnoms Tuak zahlen und auch für das luftgehärtete Schwert. Aber Flügelträger verkaufen ihre Waffe nicht. Oder hat sich alles von Grund auf geändert und die Welt ist nicht mehr die von einst?«
    »Lasst mich mit ihm reden«, schaltete sich nun der Kater ein, der bisher bescheiden zu meinen Füßen gesessen hatte.
    Der Waffenhändler schien sich darüber nicht zu wundern. »Jetzt kommen wir der Sache allmählich näher«, meinte er. »Wollen wir die Unterhaltung hier führen oder lieber in mein Zimmer gehen?«
    »Vorerst können wir getrost hierbleiben«, antwortete der Kater. »Danach sehen wir, wohin wir gehen.«
    »Gut. Was braucht ihr?«
    »Ein Wahres Schwert.«
    »Das kostet Geld – viel Geld, wie ihr euch denken könnt. Ich bin schließlich kein gutherziger Gönner junger Helden. Ich bin Händler. Ich brauche Geld, um mein Geschäft ausüben zu können.«
    »Wertvoll sind nicht nur Geld und Schwerter.«
    »Auch wieder wahr.« Der Händler schielte zu dem Paket, das ich trug. »Wie ich sehe, habt ihr etwas, das ihr mir zum Tausch anbieten könnt. Aber ob ich das überhaupt brauche?«
    »Du hast das Wahre Schwert«, erwiderte der Kater bloß.
    »Ich habe viele Schwerter.«
    »Gehen wir in dein Zimmer.«
    »Soll mir recht sein.«
    Ohne große Hast zogen der Händler und der Sonnenkater durch den Korridor ab. Len und mich hatten die beiden völlig vergessen. U n schlüssig folgten wir ihnen.
    Wir saßen auf einem weichen Ledersofa, in dem wir halb versanken, und beobachteten den Kater und den Waffenhändler. Der Kater hockte mitten auf dem großen Holztisch und verhandelte mit dem Waffe n händler, der in einem Sessel Platz genommen hatte. Den Spiegel ha t ten sie schon ausgepackt, er lag zwischen ihnen.
    »Ich verstehe selbst durchaus einiges von Waffen«, erwiderte der Händler gerade auf ein Argument des Katers.
    »Aber das, was ein Wahrer Spiegel vermag, bringst du nicht fertig.«
    »Das kann gut sein. Er zeigt dir, ob ein Schwert lange halten wird … oder ob es

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