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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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schlug Len vor.
    »Lass uns die Sache lieber gleich in Angriff nehmen«, widersprach ich. »Solange wir noch so wütend sind.«
    »Ganz recht«, sagte der Kater. »Schnelligkeit und Entschlossenheit sind die Methoden des Lichts.«
    Kurz vorm Stadtrand, als uns bereits die ersten Flügelträger entg e genkamen, schrie Len plötzlich auf: »Du trägst ja deine Binde gar nicht, Danka!«
    »Ich habe auch nicht vor, das zu tun«, erwiderte ich finster. »Jetzt brauchen wir uns nicht mehr zu verstellen.«
    »Recht so«, pflichtete mir der Kater bei. »Ich werde mich auch nicht mehr maskieren … « Und sofort leuchtete er heller denn je.
    Wir marschierten an den Flügelträgern vorbei, die wie versteinert dastanden – zwei Senioren mit Mädchen in ihrem Alter und ein Jun i or, der uns mit entgeistertem Blick nachtrottete. Lächelnd winkte ich allen zu. Natürlich winkte niemand zurück.
    »Kommt zum Platz!«, forderte Len den Junior auf. Wahrscheinlich kannten sich die beiden. »Jetzt gleich.«
    »Denn dort … «, meinte der Kater zufrieden, der über dem Kop f steinpflaster schwebte, etwa in Höhe meiner Taille, » … bekommt ihr etwas geboten!«
    Der Gedanke an dieses Spektakel begeisterte mich nicht gerade, trotzdem sagte ich nichts dagegen.
    Als wir zwanzig Minuten später den Platz erreichten, auf dem ich damals geblendet worden war, hatte sich bereits eine gewaltige Menge versammelt. Offenbar hatten die Flügelträger, denen wir begegnet waren, die Neuigkeit von der bevorstehenden Sensation sofort in U m lauf gebracht.

2 Das Gleichgewicht
    S hoky kam als einer der Letzten zum Platz gerannt. Schweigend hatte ich die ganze Zeit über auf ihn gewartet. Erst jetzt, da die Spa n nung der Menge ihren Höhepunkt erreicht hatte, ergriff ich das Wort: »Ich bin gekommen, um euch das Licht zu bringen.«
    Meiner Meinung nach klang das ziemlich toll. Die Flügelträger schwiegen jedoch, nur die Erwachsenen, die in einer eigenen Gruppe zusammenstanden, murmelten etwas. Ich holte tief Luft. »Ich bin aus einer anderen Welt«, fuhr ich fort. »Dort scheint die Sonne. Dort gibt es keine Freiflieger. Ich bin gekommen, um euch zu helfen … «
    Schweigen. Allerdings drängelte sich Shoky jetzt nach vorn und durchbohrte mich mit Blicken.
    Am liebsten wäre ich abgehauen, doch nun gab es kein Zurück mehr. Ich sah zum Kater hinüber, der in meiner Nähe schwebte. »Das ist ein Sonnenkater«, stellte ich ihn vor. »Er ist mein Freund. Er ist aus Licht gemacht und soll euch helfen. Ihr habt mich geblendet, aber das Licht hat mir ein neues Sehvermögen gegeben. Ich nehme euch das nicht übel. Ich bin gekommen, um euch zu helfen.«
    »Wobei willst du uns helfen, Danka?« Endlich durchbrach Shoky das Schweigen. Seine Stimme klang weder erstaunt noch verzweifelt, sondern einfach bloß traurig.
    »Dabei, das Licht zurückzubekommen!«
    Shoky zuckte mit den Schultern. Er sah die anderen Flügelträger an. »Wie hast du denn vor, uns das Licht zurückzugeben, Danka?«, fragte er laut. »Unsere Sonne ist gestorben. Aber wir haben es überlebt. Wie willst du uns das Licht zurückgeben?«
    Wenn ich das nur wüsste …
    »Wir müssen die Freiflieger vernichten«, erklärte ich und versuchte, möglichst sicher zu klingen. »Alles kann ich euch nicht sagen, aber das müssen wir als Erstes tun. Wenn alle Flügelträger aus allen Stä d ten … «
    »Weißt du, was das Schwarze Feuer ist, Danka?«
    Ich fasste unwillkürlich nach Lens Hand. Wie sollte ich das nicht wissen …
    »Ja, Shoky … «, sagte ich.
    »Wir haben ein Gleichgewicht hergestellt, Danka. Wir greifen ihre Türme nicht an … zumindest nicht so, wie du es vorschlägst, also alle zusammen und mit ganzer Kraft. Dafür stecken die Freiflieger unsere Städte nicht in Brand. Das ist unser Gleichgewicht, Danka. Wenn wir tun, was du vorschlägst, werden unsere Städte wie Zunder brennen. Zusammen mit all denjenigen, die nicht kämpfen, den Kindern, Fra u en und Erwachsenen.«
    »Aber dafür … «
    »Was dafür? Was könnte das sein, wofür wir unsere Verwandten a b fackeln lassen?«
    Hilflos sah ich zum Kater hinüber. Er fing meinen Blick auf – und plötzlich fiel mir sein Rat wieder ein. Daran klammerte ich mich jetzt.
    »Eure Städte werden so oder so brennen, Shoky!«, sagte ich. »Wir sind in einem Turm der Freiflieger gewesen und h a ben sie belauscht. Sie wollen die Flügelträger überfallen. Sie wollen eure Städte niede r brennen!«
    Jetzt schwieg die Menge um uns herum nicht

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