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Der Herr der Habichts - Insel

Der Herr der Habichts - Insel

Titel: Der Herr der Habichts - Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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sich gewiß wundern«, entgegnete Rorik. »Aber Einars Verschwinden wird großen Aufruhr verursachen. Es wird Chaos ausbrechen, und Sitric plant, morgen bei Tagesanbruch in See zu stechen.«
    Rorik umarmte Eze zum Abschied und sagte ihr, daß Sira zwar eine Hexe sei, daß ihr Vater sie jedoch zweifellos zur Vernunft bringen werde. Und Eze meinte treuherzig: »Ich helfe Papa. Wir beide machen eine gute Königin aus ihr. Paß auf deine Frau auf, Rorik. Ich hoffe, sie ist deiner wert.«
    Rorik blickte über den Kopf des Kindes hinweg zu Mirana, die ihn angrinste, und er spürte, wie seine Lenden sich spannten. Dann wanderte sein Blick zu dem gefesselten und geknebelteil Einar. Er war bei Bewußtsein, und in seinen Augen las er Haß und Todesangst.
    Bald steuerte Rorik die beiden Langboote in die irische See. Die Nacht war wolkenlos und lau, eine leichte Brise strich durch Miranas Haar. Ihr Blick ruhte auf ihrem Gemahl, der breitbeinig am Ruder stand. Er war gekommen und hatte sie befreit.
    Dann blickte sie zu Einar hinunter, der gefesselt zu ihren Füßen lag. Sie lächelte in seine haßerfüllten Augen, hob den Fuß und stellte ihn in Siegerpose in seinen Nacken.
    »Meine Frau hat sich Sorgen um dich gemacht«, hörte sie Hafters Stimme neben sich.
    In seiner Stimme lag Stolz und ein wenig Belustigung.
    »Ich freue mich, Entti bald wiederzusehen«, sagte sie und fügte mit leisem Spott hinzu: »Hoffentlich hast du sie glücklich gemacht.«
    »Ich hatte nicht viel Zeit dazu. Doch sie hat sich nicht beklagt.«
    Mit einem Mal wurde Mirana bewußt, daß sie heimfuhr — heim auf die Habichtsinsel. Sie blickte zu ihrem Gemahl, der sich in diesem Augenblick zu ihr umdrehte. Sein Blick gab ihr Gewißheit.
    Gegen Abend des nächsten Tages ließ Rorik die Schiffe an einer kleinen Insel vor der Westküste Englands vertäuen. Das Eiland war nur mit dürrem Gestrüpp bewachsen, doch die Sanddünen, die wie eine wogende See aufeinanderfolgten, boten Schutz vor Wind und Wetter. Die Insel war unbewohnt, man sah keine Behausung, keine Spuren eines Lagerfeuers, nichts.
    Einar durfte sich erleichtern, dann wurde er von Hafter wieder gefesselt. Der Knebel wurde ihm nicht abgenommen. Rorik wollte nicht, daß er Mirana mit seinen Beschimpfungen belästigte. Mirana blieb beim Lagerfeuer, während er mit seinen Männern die Gegend auskundschaftete. Sie hatten bereits ein paar große Barsche zum Nachtmahl gefangen.
    Einar wurden die Fesseln nur zum Essen gelöst. Ivar und Gunleik hielten abwechselnd Nachtwache bei ihm. »Nachts könnt ihr ihm den Knebel abnehmen. Aber paßt gut auf ihn auf«, befahl Rorik. »Er hat zwar keine Ehre im Leib, dafür umso mehr Arglist und Tücke.«
    »Ja«, nickte Hafter. »Aber zaubern kann er nicht, und wegfliegen kann er auch nicht, Rorik.«
    Gunleiks Daumen streifte beinahe zärtlich über die Schneide seines Messers. »Soll er getrost versuchen, sich zu bewegen«, meinte er träumerisch. »Soll er mir nur Befehle erteilen und Drohungen gegen mich ausstoßen.«
    Einar rührte sich nicht und sprach kein Wort.
    Mirana war etwas verschämt und seltsam unruhig, als Rorik wie ein Eroberer auf sie zutrat, mit zwei Decken über dem Arm und großem Hunger nach ihr in seinen blauen Augen.
    »Komm«, sagte er und streckte ihr die Hand entgegen. »Wir suchen uns ein ruhiges Plätzchen.«
    Schweigend nahm sie seine Hand und folgte ihm durch die Sanddünen.
    Als das Lager außer Hörweite hinter ihnen lag, breitete Rorik die Decken aus und setzte sich. Ohne weitere Vorrede sagte er: »Ich habe dir noch keine Lust bereitet, du hast bisher nur meine Lust befriedigt. Heute werde ich mich dafür erkenntlich zeigen. Ich werde dich zum Jauchzen bringen und meine Hand über deinen Mund legen, wenn du deine Lust hinausschreist.«
    Das letzte Mal hatte er sie in der Badehütte mit Gewalt genommen. Sie dachte an ihr Entsetzen, an den Schmerz, an ihre Gewißheit, daß er sie umbringen werde. Sie schüttelte den Gedanken ab, denn das war Vergangenheit und lohnte nicht der Erinnerung. »Was ist mit deinen Eltern, Rorik? Werden sie mich annehmen?«
    Er zuckte mit den Schultern und zog sie auf die Decke. Ohne sie zu berühren oder sie an sich zu ziehen, blickte er in die Ferne über die Wellen, die sanft an Land schwappten. Die See lag ruhig unter einem hellen Halbmond. In der Ferne waren die Stimmen der Männer nur noch als Raunen zu hören.
    »Ich habe sie gebeten, die Habichtsinsel zu verlassen. Ich wollte nicht, daß mein Vater und

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