Der Herr der Habichts - Insel
immer wieder gesagt. Glaubt mir! Sie hat es geschafft, das weiß ich. Trotz Enttis Einfalt wird Mirana überleben. Sie hat das Kriegsschiff nahe am Land gehalten. Als der Sturm aufkam, haben die Mädchen das Boot auf den Sand gezogen und abgewartet, bis das Unwetter vorüber war. Gurd, halte gut Ausschau. Wir müssen ziemlich aufgeholt haben.«
Es war Hafter, der das Kriegsschiff entdeckte.
Und Rorik sah die beiden Männer, die die Frauen angriffen. Sein Magen verkrampfte sich vor Angst, doch dann lächelte er, wenig erstaunt darüber, daß der Mann, der rittlings auf Mirana saß, sich plötzlich aufbäumte und zur Seite fiel. In seiner Schulter steckte Hafters Messer. Aber dann bemerkte er staunend, wie Entti auf die Füße sprang, hinter dem anderen Mann herrannte und ihm das Schwert in die Seite hieb. Sie war stark, und der Hieb schleuderte den Mann zu Boden. Er heulte vor Schmerz laut auf.
»Wir wollen uns leise nähern«, sagte er. »Ich möchte die beiden nicht erschrecken.«
»Die und erschrecken, pah!« Gurd spuckte über den Bootsrand. »Die verfluchte Frau tut, als sei sie ein Mann. Wir sollten sie töten.«
Entti sah die Männer zuerst. Der Verwundete zu ihren Füßen war vergessen. Fluchend riß Mirana ihr Messer aus Odoms Schulter und rannte los. Entti lief ihr nach, Hafters blutiges Schwert hinter sich her ziehend.
»Wieso läuft Entti weg?« fragte Hafter fassungslos. Sie ist nicht mehr Miranas Gefangene. Das muß sie doch erkennen. Wieso läuft sie nicht zu mir? Sie hat mich gesehen und mich erkannt. So dumm kann sie doch nicht sein. Sie weiß, daß ich sie vor der Hexe in Schutz nehme.«
Rorik schwieg, bis sie ihr Kriegsschiff neben das erste an Land gezogen hatten.
Die Frauen waren längst im Wald verschwunden, als die Männer von Bord sprangen. Ebenso die verwundeten Fremden. Beide hinterließen blutige Spuren im Sand. Die Sonne verschwand hinter dicken, grauen Wolken, und bald würde der Regen wieder einsetzen.
»Kommt«, rief Rorik und rannte in die Richtung, in die die Frauen verschwunden waren. An den Bäumen blieb er stehen: »Askhold, komm her! Wir müssen ihre Spur auf nehmen.«
»Wir hören sie doch«, meinte Gurd. »Rorik, du traust der Frau zuviel zu. Sie ist nur ein Weib, und die beiden werden mehr Lärm machen als zehn Bären, die durch das Unterholz brechen.«
Rorik schüttelte den Kopf und gebot Gurd zu schweigen.
»Es ist schwierig«, meinte Askhold schließlich. »Ich sehe mehrere Fußspuren, und die sind übereinander getreten. Hier die Spuren der beiden Männer, aber ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob die hier den Frauen gehören. Ich kann nichts deutlich erkennen. Siehst du die Blutflecken? Die stammen von den Männern, aber ich weiß nicht, wem diese Blutspuren gehören.«
»Sie hat also ihre Spuren gefunden und versucht sie nachzuahmen, um uns damit auf die falsche Fährte zu locken.«
»Ja«, sagte Gurd und spuckte aus. »Vielleicht behauptest du auch noch, daß sie sich geschnitten hat, um ihr Blut in die Fußspuren zu träufeln, damit sie uns noch mehr in die Irre führen kann.«
»Es würde mich nicht wundern, wenn sie das tun würde«, sagte Rorik. »Ich sage es euch noch einmal. Und du, Gurd, hör mir genau zu. Mirana ist listig und klug. Sie kennt viele Tricks.«
»Ja«, sagte Askhold mit funkelnden Augen. »Du hast recht, Rorik. Sie hat den Verstand eines Mannes. Behalte deine Gedanken für dich, Gurd, sie sind nutzlos.«
Gurd, der immer alles besser wissen wollte, machte ein ärgerliches und verdutztes Gesicht. Dann schüttelte er den Kopf und hielt den Mund.
Rorik ging zum Strand zurück, setzte sich nahe ans Wasser und blickte auf die rauhe See hinaus.
Seine Männer schauten einander verständnislos an.
Rorik blieb einige Minuten reglos sitzen. Dann stand er auf, streckte sich und sagte mit überlauter Stimme. »Hafter, du bleibst bei mir.« Die anderen Männer teilte er in zwei Gruppen ein und gab ihnen mit lauter, vernehmlicher Stimme Anweisungen.
»Und wohin gehen wir?« fragte Hafter und schaute den anderen nach, wie sie allmählich unter den Bäumen verschwanden.
Rorik sagte leise, ohne ihn anzusehen: »In das Ahornwäldchen dort drüben. Dort kehren wir um und verstecken uns hinter den Felsen.«
Hafter lachte, dann runzelte er die Stirn und nickte bedächtig. »Deshalb hast du so geschrien.«
»Ja«, grinste Rorik. »Jetzt spielen wir den beiden was vor.«
Die Männer warfen sich die Wasserbeutel über die Schultern, legten die
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