Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Habichts - Insel

Der Herr der Habichts - Insel

Titel: Der Herr der Habichts - Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
daher. Das gefällt mir nicht. Entti! Komm zurück! Ich schenke dir einen neuen Umhang. Komm zu mir.«
    Verdattert warf er Mirana einen Blick zu und rannte hinter Entti her.
    Obwohl es Sommer war, war die Nacht bitterkalt. Sie hatte sich im Heu verkrochen, wachte aber vor Kälte schlotternd auf. Es war noch dunkel. Der Wind heulte um die Scheune. Der Regen klatschte auf die Holzschindeln. Sie hielt sich die Ohren zu, um das ohrenbetäubende Krachen des Donners nicht zu hören. Sie dachte an die Gewitterstürme auf Clontarf, an die gewaltigen Entladungen, bei denen der Sturm die Häuser abdeckte, Bäume umknickte, und das Vieh in den Ställen vor Angst blökte.
    Es war so kalt.
    Sie kroch tiefer ins Heu. In der Nähe bewegte sich eine Kuh. Sonst war es ganz still. Die Ochsen schliefen trotz des Gewitters mit gesenkten Köpfen im Stehen, und die Ziegen kauten an den Lederriemen, an denen sie in ihren Verschlägen festgebunden waren.
    Was würde der morgige Tag wohl bringen?
    Die Alte Alna fand sie zusammengerollt, nur der Kopf lugte aus dem Heu.
    »Herrin, es ist Zeit, aufzustehen. Die Sonne steht am Himmel. Es gibt viel zu tun. Es wird ein heißer Tag. Und die Familie ist wie ein Rudel Wölfe, voller Haß und Rachegelüste. Sie haben nicht vergessen, daß dein Halbbruder Inga und die Kinder getötet hat. Sie sind bitter geworden. Und sie glauben, was Sira ihnen erzählt hat: du hast Rorik verführt, ihm vorgemacht, du seist schwanger, und er hat sich ehrenhaft verhalten.«
    Mirana setzte sich auf und zupfte sich das Heu aus dem Haar. Das also hatte ihren Haß genährt. Sie glaubten die Geschichte, die Sira sich ausgedacht hatte. Wieso sagte Rorik nicht, daß sie Jungfrau war, als er sie nahm? »Es gibt keinen Grund für mich, ins Haus zurückzugehen, Alna.« Und wehmütig fügte sie hinzu: »Es sei denn, Rorik schickt dich.«
    Die Greisin spuckte aus und schüttelte den Kopf. »Nein, der Herr schweigt. Er hat sich verändert. Sie haben seine Gedanken vergiftet. Er saß lang mit seinem Bruder und einigen seiner Männer zusammen. Sie redeten die halbe Nacht auf ihn ein und tranken Met. Herr Rorik verträgt keinen Met und auch kein Bier. Sein Magen dreht sich um und sein Kopf schmerzt. Er kotzt sich die Eingeweide aus dem Leib. Komm jetzt ins Langhaus, du bist die Herrin. Es ist deine Pflicht, Aufsicht über die Sklaven zu führen, die Hausarbeit einzuteilen und die Gäste zu bewirten.«
    »Hast du Entti oder Hafter gesehen?«
    Alna kicherte krächzend. »Entti hat ihm gestern nacht die Bratpfanne über den Schädel gezogen. Er taumelte wie ein betrunkener Bär. Sie schlief neben mir und beschwerte sich heute morgen über mein Schnarchen. Dabei habe ich gar nicht geschnarcht. Ich war die halbe Nacht wach und habe auf Hafters Stöhnen gehorcht. Dann versuchte Gurd sie zu besteigen.« Wieder kicherte die Alte. »Ich schickte ihn zu Asta zurück, wo er hingehört. Ich sagte, Entti hat ihre Monatsblutung. Das brachte ihn zur Vernunft.«
    Mirana stand auf und schüttelte sich das Heu vom Rock. Das schöne Hochzeitskleid war verknittert und staubig. Sie hatte kein anderes Kleid. Die Alte Alna musterte sie aus wässrigen Augen. »Komm, mein Lämmchen. Gehen wir. Ich weiß nicht, was passiert, aber es bleibt dir nichts anderes übrig. Komm. Die Frauen warten auf deine Anweisungen. Sie sind unruhig und wissen nicht, was sie tun sollen. Aber sie können nichts dafür. Sie haben großen Respekt vor Tora.«
    Mirana folgte ihr ins Langhaus. Die Männer lungerten stöhnend aufgrund der Nachwirkungen ihres nächtlichen Rausches auf den Bänken herum. Manche Frauen schimpften mit ihnen, andere lachten verschämt, weil ihre Männer betrunken über sie hergefallen waren. »Ja, ja«, meinte die Alte Alna, »nach so einer Nacht zwitschern die jungen Weiber fröhlich und machen sich munter an die Arbeit.«
    Mirana teilte die Frauen für die verschiedenen Hausarbeiten ein und vermied es, in Roriks Richtung zu sehen, der mit seinem Bruder ins Gespräch vertieft war. Was gab es nur zu reden? Vereinbarten sie, wer sie töten sollte? Sollte das Los entscheiden? Sie rührte den blubbernden Haferbrei in dem Topf, der an einer Kette über dem Feuer hing. Dann spürte sie ihn hinter sich. Sie hatte sein Herankommen nicht gehört. Sie spürte ihn nur. Abwartend straffte sie die Schultern.
    »Ich gehe in die Badehütte. Dein Haar und dein Kleid sind voll Stroh.«
    »Ich weiß.«
    »Meine Eltern schlafen in meiner Kammer. Ich hole dir, was du

Weitere Kostenlose Bücher