Der Herr der Habichts - Insel
unverschämter Tölpel. Wir werden ihn töten und seine kleine Insel in Brand stecken und seine Frauen verschleppen. Gunleik hätte ihn schon damals töten sollen. Und du, Herrin, hättest ihn an seiner Verwundung sterben lassen müssen. Dein gutes Herz hat dich daran gehindert. Aber beim nächsten Mal stirbt er durch meine Hand.«
Mirana schloß die Augen. Sie mußte mit Gunleik sprechen, wollte es aber nicht vor Ingolf oder Edmund tun. Ihr Kopf schmerzte. Sira saß sehr selbstbewußt da und sah schön und zerbrechlich aus.
»Du bist dünn, Mirana, und so blaß«, sagte Ivar.
»Ja«, nickte sie. »Ich war krank. Aber jetzt bin ich wieder gesund. Mach dir um mich keine Sorgen.«
»Sie haben dich vergiftet«, sagte Ingolf. »Sira hat uns davon berichtet. Sie erzählte uns, wie schlecht du von allen behandelt wurdest. Einar wird froh sein, dich wiederzuhaben. Wir mußten nicht lange suchen, um dich zu finden.«
»Einar.« Mirana hatte bereits beim Erwachen gewußt, daß ihr Halbbruder Gunleik auf die Suche nach ihr geschickt hatte.
Lachend streckte Edmund die Hand aus, und seine Finger wanderten ihren Arm entlang. »Einar wird froh sein, dich zu sehen, Herrin. Wir haben dich alle vermißt.«
»Laß sie in Ruhe«, befahl Gunleik scharf. »Kümmere dich um deine Ruder. Wir müssen uns beeilen.«
»Ich muß mit dir sprechen, Gunleik«, sagte Mirana sehr leise, wußte jedoch, daß Ingolf sie gehört hatte, der nun mit angespanntem Gesicht vorgebeugt an seinem Ruder saß.
»Gewiß, mein Kind«, sagte Gunleik und tätschelte ihre Hand. »Ich bin froh, dich zu sehen. Ich habe mir große Sorgen um dich gemacht. Durch puren Zufall haben wir von Rorik Haraldssons Insel erfahren.«
»Ja«, warf Edmund ein. »Wir waren in London — ein stinkender, schmutziger Ort, wo man es kaum aushält. Aber Rorik ist dort bekannt. Wir gaben uns als seine Freunde aus und haben auf diese Weise von der Habichtsinsel erfahren. Er selbst hält geheim, wo die Insel liegt, aber wir hatten genügend Silbermünzen bei uns, und da dauerte es nicht lang, bis wir einen fanden, der uns Auskunft gab. Danach war alles ganz einfach. Wir versteckten uns östlich von der Hafenbucht, und dann ruderten wir vom Festland mitten in der Nacht los. Dieser Rorik hält sich für einen großen Krieger, aber er ist bloß ein Dummkopf. Ich schlitze ihm die Kehle auf.«
»Der Mann hat nicht einmal Verstand genug, um Wachen aufzustellen«, sagte Ingolf höhnisch.
»Alle Bewohner haben sich an der Suche nach Sira beteiligt«, sagte Mirana.
Edmund entgegnete: »Sie hätten uns finden können, als sie nach der anderen Frau suchten, aber das haben sie nicht. Auf dieser Insel leben nur Dummköpfe, und ihr Anführer ist ein besonders großer.«
»Wir haben uns gut versteckt«, meinte Ivar.
Mirana schwieg. Ihr war schlecht, und ihr Kopf tat weh. Sie konnte mit Gunleik erst sprechen, wenn sie das Festland erreicht und das Nachtlager aufgeschlagen hatten. Ihr Magen verkrampfte sich vor Angst. »Wann gehen wir an Land, um das Nachtlager aufzuschlagen, Gunleik?«
»Wir rudern weiter, Mirana. Einar befahl uns, auf dem schnellsten Wege zurückzukehren. Es tut mir leid.«
Mirana wußte, daß Einar Gunleik oder jeden anderen seiner Günstlinge umbringen würde, sollte er sich seinen Befehlen widersetzen. Sie holte tief Luft. Dann mußte sie jetzt alles auf eine Karte setzen. »Hört mir alle zu. Einar hat einen Vertrag mit König Sitric geschlossen. Er will mich zwingen, den alten Mann zu heiraten. Der König bezahlt ihn dafür mit Sklaven, Silber und Landbesitz. Ich soll ihm übergeben werden, sobald ich wieder auf Clontarf bin. Ich will den König nicht heiraten. Bitte bringt mich zur Habichtsinsel zurück. Ich bitte euch, Einar zu sagen, daß ich tot bin oder daß ihr mich nicht finden konntet.« Sie begriff, daß ihre Worte vergeblich waren, und fügte rasch hinzu. »Nein, kehrt nicht zu Einar zurück. Kommt mit mir auf die Habichtsinsel und schließt euch Rorik an. Er behandelt seine Männer gut. Ihr könnt mit ihm Raubzüge und Handelsfahrten unternehmen und reich werden.«
Gunleiks Stirn verfinsterte sich. »Aber davon hat Einar nichts gesagt, Mirana. Du sollst König Sitric heiraten? Das scheint mir unwahrscheinlich, du bist weder königlichen Geblüts, noch bringst du ihm großen Reichtum. Wer hat dir das erzählt?«
»Rorik hatte einen Spion am Hof des Königs in Dublin. Er kehrte zur Habichtsinsel zurück und berichtete ihm von dem Plan.«
»Ja«, sagte
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