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Der Herr der Lüfte

Der Herr der Lüfte

Titel: Der Herr der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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zweifellos hatte man diese Menschen für verrückt erklärt und Irrenhäusern, Scharlatanen oder Gefängnissen überantwortet. Wenn ich frei bleiben wollte, um mehr von dieser Welt der Zukunft zu erleben und eine Möglichkeit zu entdecken, wie ich in meine eigene Zeit zurückkehren konnte, dann wäre es nicht allzu geschickt von mir, lauthals auf der Wahrheit zu bestehen. Es wäre besser für mich, eine Amnesie anzuerkennen. Das würden sie eher begreifen. Und wenn sie sich eine Erklärung zurechtbasteln konnten, wie ich siebzig Jahre, nachdem ein Mensch das letztemal in der Lage gewesen war, einen Fuß nach Teku Benga zu setzen, dorthin gelangt war, dann viel Glück!
    Nachdem ich zu einem Entschluß gekommen war, fühlte ich mich in der ganzen Angelegenheit viel wohler, lehnte mich in meine Kissen zurück und sank in den Schlummer.
    »Das Schiff wird gleich landen, Sir.«
    Die Stimme des Sanitäters riß mich aus meiner Trance. Ich kämpfte mich im Bett hoch, doch er hielt mich mit der Hand zurück. »Keine Sorge, Sir. Legen Sie sich einfach zurück und genießen Sie den Flug. Sobald wir sicher vertäut sind, überführen wir Sie in ein Krankenhaus. Ich wollte Ihnen nur Bescheid sagen.«
    »Danke«, antwortete ich schwach.
    »Sie müssen ja allerhand durchgemacht haben, Sir«, meinte der Sanitäter mitfühlend. »Bergsteigen ist in so einem Land eine heikle Aufgabe.«
    »Wer hat Ihnen denn erzählt, daß ich Bergsteiger sei?«
    Er war verwirrt. »Nun, keiner, Sir. Wir dachten nur… nun, es war die naheliegendste Erklärung.«
    »Die naheliegendste Erklärung? Ja, warum eigentlich nicht? Nochmals herzlichen Dank!«
    Er runzelte die Stirn und wandte sich ab. »Reden Sie nicht darüber, Sir!«
    Ein wenig später wurden die Schrauben gelöst, mit denen mein Bett auf dem Boden festgemacht gewesen war. Ich hatte kaum bemerkt - abgesehen von einem leichten Gefühl zu sinken und ein paar Erschütterungen -, daß das Schiff gelandet war. Man schob mich Korridore entlang bis zu jenem Teil des Schiffes, der meiner Meinung nach die Mitte bilden mußte. Die riesigen Falttüren waren herabgelassen worden und bildeten eine Treppe zur Erde; darüber hatte man eine Rampe gelegt, um mein Bett hinunterschieben zu können.
    Wir kamen in frische, warme Luft, und mein Bett holperte ein wenig, als es über den Rasen zu einem Wagen gefahren wurde, bei dem es sich offenbar um einen Krankenwagen handelte, nach den großen roten Kreuzen auf den weißen Seitenflächen zu schließen. Der Wagen war motorisiert, so wie es aussah. Jedenfalls waren nirgendwo Pferde zu sehen. Als ich mich umschaute, erhielt ich einen zweiten Schock vor Verblüffung. Über ein riesiges Feld verteilt stand eine Anzahl von Türmen, die zwar kleiner waren, doch große Ähnlichkeit mit dem Pariser Eiffelturm aufwiesen. Ungefähr die Hälfte dieser Türme waren in Betrieb - gewaltige Pyramiden aus Stahlverstrebungen, an welchen fast ein Dutzend Luftschiffe vertäut lagen, die meisten davon weit größer als der Gigant, der mich hierhergebracht hatte. Es war offensichtlich, daß es sich nicht bei allen Schiffen um Militärflugmaschinen handelte. Einige waren Handelsschiffe, und die Namen ihrer Linien, die auf den Seitenwänden prangten, waren reich verziert und weit kunstvoller als beispielsweise bei der Pericles .
    Der Doktor lief nebenher, während das Bett über den Rasen holperte. »Wie fühlen Sie sich?«
    »Danke, besser. Wo sind wir hier?«
    »Erkennen Sie es nicht wieder? Das ist Katmandu. Hier befindet sich unser Hauptquartier.«
    Katmandu! Als ich die Stadt zum letztenmal gesehen hatte, war es eine typisch östliche Hauptstadt mit einem jahrhundertealten Architekturstil gewesen. Doch nun konnte ich in der Ferne hinter den großen Anlegetürmen riesige, weiße Gebäude aufragen sehen, die sich immer weiter, Stockwerk um Stockwerk in die Höhe erhoben, daß sie fast die Wolken zu berühren schienen. Gewiß gab es auch einige nepalesische Bauwerke darunter, doch die wirkten neben den hoch emporragenden, weißen Türmen verschwindend klein. Ehe man mich in den motorisierten Wagen hob, bemerkte ich noch etwas anderes - ein langes Stahlband, das hoch auf einer Reihe grauer Pfeiler lag und von der Stadt wegführte, um am Horizont zu verschwinden.
    »Und was ist das?« fragte ich den Doktor.
    Er sah mich verblüfft an. »Was? Die Einschienenbahn? Nun, eben eine Bahn.«
    »Sie wollen sagen, daß auf diesem einen Gleis ein Zug fährt?«
    »Genau.« Er verstummte, während

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