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Der Herr der Lüfte

Der Herr der Lüfte

Titel: Der Herr der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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daran zu deuteln, daß es der Fall war. Ich lehnte es ab, mich ihnen anzuschließen - und doch hoffte ich, daß sie gewinnen würden. Gewinnen gegen die Schiffe meines eigenen Volkes, die zweifellos kommen würden, sie anzugreifen, und die ebenso zweifellos von ihnen vernichtet werden würden. Wie sehr hatte ich mich in den letzten Wochen verändert! Ich konnte ohne Entsetzen dem blutigen Tod britischer Soldaten entgegensehen. Dem Tod von Kameraden!
    Doch ich mußte der Tatsache ins Auge sehen, daß die Menschen von der Stadt des Sonnenaufgangs meine Kameraden geworden waren - auch wenn ich mich ihrer Sache nicht anschließen wollte. Ich wollte nicht, daß die Stadt des Sonnenaufgangs und alles, was sie repräsentierte, zerstört wurde. Ich wollte, daß General O. T. Shaw - der »Herr der Lüfte« - die Fremden aus seinem Land vertrieb und es zu neuer Stärke führte.
    Bangend wartete ich auf die Ankunft des Feindes - meiner Landsleute.
    Ich lag in meinem Bett und schlief, als die Nachricht über den tien-ying (den »elektrischen Schatten«) kam. Auf dem milchig blauen Oval erschien das Gesicht von General Shaw. Er wirkte finster und erregt. »Sie sind unterwegs, Mr. Bastable. Ich dachte, vielleicht würden Sie das Schauspiel gerne miterleben.«
    »Wer…?« murmelte ich benommen. »Was…?«
    »Die Luftflotten - Amerikaner, Briten, Russen, Japaner und ein paar Franzosen. Ich glaube… sie nehmen Kurs auf das Tal der Morgendämmerung - sie kommen, um John Chinaman zu bestrafen…«
    Ich sah, wie er den Kopf drehte, dann sprach er schneller.
    »Ich muß nun gehen. Werden wir Sie auf der Tribüne sehen - im Hauptquartier?«
    »Ich werde da sein.« Sowie das Bild verblaßte, sprang ich aus dem Bett, wusch mich und kleidete mich an; dann eilte ich durch die ruhigen Straßen der Stadt des Sonnenaufgangs, bis ich an den runden Turm kam, wo die Hauptverwaltung der Stadt ihren Sitz hatte. Dort herrschte natürlich hektische Betriebsamkeit. Man hatte einen Funkspruch vom britischen Flaggschiff Victoria Imperatrix empfangen, der besagte, daß den Frauen und Kindern von Shaws Leuten kein Leid geschähe, wenn er die Geiseln der Loch Etive unverzüglich freiließe. Shaw antwortete knapp. Die Geiseln wurden bereits zum anderen Ende des Tales gebracht, wo man sie freilassen konnte. Die Menschen aus der Stadt des Sonnenaufgangs würden gemeinsam kämpfen und - wenn nötig - gemeinsam sterben. Die Victoria Imperatrix verkündete, daß hundert Luftschiffe auf dem Weg zur Stadt der Dämmerung waren, und daß die Stadt deshalb nicht hoffen könne, länger als eine Stunde gegen eine solche Übermacht Widerstand zu leisten. Shaw antwortete, daß er der Ansicht sei, die Stadt des Sonnenaufgangs werde ein wenig länger durchhalten, und er deshalb die Ankunft der Schlachtflotte mit Gelassenheit erwarte. In der Zwischenzeit, so sagte er, habe er Nachricht erhalten, daß zwei japanische fliegende Kanonenboote ein Dorf zerstört hatten, das von Shaw Hilfe erhalten hatte, und die Briten planten ähnliche Vergeltungsmaßnahmen. Danach unterbrach H. M. A. S. Victoria Imperatrix die Verbindung mit der Stadt des Sonnenaufgangs. Shaw lächelte traurig.
    Nun erblickte er mich im Raum. »Hallo, Bastable. Bei Gott, die Japaner haben bezüglich China eine Menge auf dem Kerbholz. Ich würde gerne… Was ist das?« Ein Assistent reichte ihm ein Blatt Papier. »Schön. Schön. Das NFB-Projekt geht mit großen Schritten voran.«
    »Wo ist Kapitän Korzeniowski?« Ich sah Rudolf von Dutschke und Una Persson auf der anderen Seite mit einem von Shaws wattegepolsterten »Majoren« reden, aber Mrs. Perssons Vater konnte ich nirgendwo entdecken.
    »Korzeniowski hat wieder das Kommando über die Rover, erklärte Shaw und deutete auf den Aeropark, der von seinem Tower aus voll zu überschauen war. Ich sah kleine Gestalten hin- und herlaufen, als ihre Schiffe sich zum Start bereitmachten. Die Fei-chi -Flugmaschinen waren nirgends zu sehen. »Sehen Sie«, fügte Shaw hinzu, »da kommt die Schlachtflotte!«
    Zuerst glaubte ich, eine riesige schwarze Wolkenbank über den Horizont ziehen und die Sonne verdunkeln zu sehen. Mit den Wolken rückte ein dröhnendes Geräusch näher, als würden viele, tiefe Gongs schnell und gleichzeitig geschlagen. Das Geräusch schwoll an, und die Wolke bedeckte bald den ganzen Himmel, wobei sie über das Tal der Morgendämmerung einen unheildrohenden Schatten warf.
    Es war die alliierte Flotte von fünf Nationen.
    Jedes Schiff war tausend

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