Der Herr der Ohrringe (German Edition)
sowieso die besten Chancen bei ihr, mit seinem Ohrring, dem magischen! Also los – nichts wie weg!«
»Hier bin ich!«, säuselte Gard Ariel, und sie war so gut wie gar nicht bekleidet und stand zwischen den hartrindigen Stämmen der Waldsäume Devotiens. Auf ihren langen Beinen war sie offenbar in Heimlichkeit herangestakst, die Heldin ungezählter Phantasien. Es erstrahlten ihre starken Gliedmaßen in fassungslosem Licht und selbst die Luft um sie herum konnte sich eines Anflugs von Verliebtheit nicht erwehren. Da fiel dummerweise ein Zauber auf die Gefährten, und schon waren sie bereit zum unermüdlichen Preisen, und die Strapazen heftiger Nebenbuhlerschaft auf sich zu nehmen.
»Da kann selbst Goldbaere nicht mithalten«, murmelte Macho.
Und Marathorn rief: »O Verstörende! Ich verfalle dir. Jetzt gerade, in diesem Augenblick, und es fühlt sich wunderschön an. Beachte die anderen nicht.«
»Kommt mit mir, ins Zentrum meiner Gewalt!«, forderte die Schöne Alberne Zeitlose, ohne auf Marathorns Eigensinn einzugehen, und während alle loseilten, ihr folgend, denn anmutig sprang sie in die Dickichte, rief sie Frohdoof an: »Kleiner Hobbknick, möchtest du in meinen Spiegel sehen?«, und sie hielt ihm ein Spiegelchen vors Gesicht. »Denn wie du siehst«, fuhr sie fort, »bedarfst du einer dringenden Auffrischung. Du könntest dich mal wieder waschen! Hat dir denn Allround keine Badematten oder ein Stück Seife mitgegeben?«
Da fiel ihr Blick auf sein Läppchen. »Und gib mir sofort diesen schönen Ohrring da! Aber am besten nicht langsam, sondern flugs!«
»Nehmt Ihr ihn, Herrin!«, rief Frohdoof und versuchte, das schwarzmagische Kleinod aus seinem Ohr zu lösen, was auf Anhieb nicht gelang. Doch innig hoffte er, durch seine Bereitwilligkeit ihr Wohlwollen zu erringen. Und schließlich – vielleicht lag es an der Magie des Weißgoldenen Waldes – rupfte er erfolgreich das Finsterkleinod aus seinem Läppchen und reichte es der Herrin, die triumphierend lächelte. Marathorn aber schnaufte: »Der Ohrring gehört eigentlich mir, Gard Ariel! Denn entstammt er nicht dem Nachlass IsInDurs? Doch ich lieh ihn dem Döskopp. Woran man sehen kann, was für ein netter Kerl ich bin. Bitte denk dran, wenn du deine Gunst verschenkst!«
Sein ungeschickter Gesichtsausdruck jedoch überführte ihn der Lüge, und es begab sich, dass alle Gefährten ihn verachteten. Ursprünglich geplant als ein flüchtiges Verachten, sollte es ein Leben lang anhalten. Die Ruchlosigkeitsmeisterin aber schaute den Dauerläufer mit herabhängenden Lidern an und erwiderte nichts. Da wusste Marathorn, dass er in lediglich weiter Umlaufbahn um das Herz Gard Ariels kreiste, und die Sonne Devotiens verdunkelte sich für ihn.
Die Schönste aller Verführerrinnen wandte sich jetzt an den Lendhenzwerg: »Wie würde es dir gefallen, Langbart, wenn ich dich ein wenig knebelte und fesselte?«
»Oh ja!«, rief Pymli. »Und verbindet mir die Augen, Herrin!«
So tobten sie mit bangen Hoffnungen hinter Gard Ariel her. Ihr froher Mut aber stob zu Staub, als sie das Herz des Reiches Devotien erreichten. Nicht nur, dass dort ungezählte, allem Anschein nach aber tatsächlich zahlreiche Anhänger der Herrin kauerten und mit jämmerlichen Demutsgebärden ihre Ergebenheit kundtaten, was den Ohrringkumpanen ihr eigenes, der Lächerlichkeit wenig entsagendes Verhalten vor Augen führte. Nein: sie wurden vor allem dadurch aus ihren aufregenden Fantasien gerissen, dass Gard Ariel ihnen ihren Gemahl vorstellte.
Und so lernten sie den silberhaarigen Legendären kennen, der in der Sprache des Entschwundenen Ostens Tele-Porno geheißen wurde: jenen, der schon seit vielen Zeitaltern über nichts anderes nachsann, als welchgestalt die sinnenverwirrende Anrüchigkeit der Albernenfürstin auf immerdar festgehalten werden könnte – und ansonsten kaum einen überlieferungswürdigen Gedanken gebar. Die von allen Seiten unentwegt auf Tele-Porno hereinprasselnden Lobpreisungen seiner Weisheit waren dementsprechend nichts anderes als schelmische Bauchpinselei. In seiner hohen Baumhütte saß der Herr der Waldalbernen und schaute mit einfältigem Antlitz herab, als die Gefährten unter seinen Zweigen herbeitosten.
»Ah! Die Gemeinschaft des Ohrrings!«, säuselte er. »Allround hat uns schon angerufen, dass sie eines Tages hier auftauchen würde, und wir nahmen ab. Oder war das eine Geschichte aus dem Viertletzten Zeitalter? Och, es ist schwer, die Jahrtausende nicht
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