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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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stand er wie erstarrt, genau wie vordem, bis ihm einfiel: »Aber eigentlich hätten wir ja damit rechnen müssen. Wieso stehen wir wie erstarrt?«
    »Ein wenig beruhigend ist es doch auch!«, sagte Legospass. »Hinsichtlich der Parallelität der Welten, mein’ ich, die uns ja immerzu Sorgen bereitet.«
    Der Dauerläufer straffte sich, starrte auf die heraneilenden Knorks, die wie wild schrieen und Pfeile abfeuerten, und sagte: »Ich führe euch aus den Minen! Auf zum Letzten Spurt! Hier wird’s brenzlig.«
    »Sieh zu, dass er kürzer wird als letztes Mal, der Spurt!«, rief Macho, worauf Bollobier etwas fragen wollte, aber dafür blieb keine Zeit.
    Und also losrannten sie, die Große Halle hindurch, über die Brücke, deren eleganter Schwung von ihnen nicht gebührend bewundert wurde, eine lange Treppe hinauf und dann durch eine von Felswänden gesäumte unterirdische Allee, an deren Ende links ein entsetzlicher Abgrund gähnte, rechts jedoch die Götzengestalt eines Gähnenden stand. Sie durchquerten die Halle der Ersten Sauerei und eilten unter beschmierten Gewölben einher; und so erreichten sie schließlich den Langen Korridor, der später auf den Verrufenen Gang stieß und letztendlich in den Von Gestank Geschwängerten Flur mündete.
    »Das ist doch der gleiche Weg wie letztes Mal!«, erboste sich Pipifax. »Du hast dich gar nicht an Machos Vorschlag gehalten, Marathorn! «
    »Und ich hab’ schon wieder Pfeile im Schienbein!«, stöhnte Frohdoof. Das stimmte!
    »Jetzt haben wir schon fast die Hälfte geschafft!«, schrie Marathorn.
    »Wieso musst du denn jetzt auch noch das erwähnen?«, keuchte Macho. »Wegen der stets angepeilten Parallelität zwischen den Welten? Denn dass dein Satz als Ansporn konzipiert worden ist, das können wir selbst jetzt, lang nach unserem ersten Abenteuer, immer noch nicht glauben!«
    »Der Ausruf war eben eine Sternstunde des Ersten Teils!«, schrie Marathorn sich umwendend. »Er wurde so oft zitiert wie kaum eine andere Passage! Vor allem von schönen Mädchen, die das Ende einer Wanderung herbei sehnen!« Davon wussten die anderen bislang nichts!
    Irgendwann aber erreichten die Fliehenden das Westliche Tor von Khamasutrn, und sie taumelten hinaus, und die Knorks liefen ihnen hinterher, bis Pipifax sich umwandte, sie genau ansah und rief: »Mayene Vraessae, seid ihr hässlich! Hier draußen im Sonnenlicht sieht man’s aber!«
    Daraufhin zogen die Knorks Grimassen der Betrübnis, was sie nur unwesentlich hübscher machte, und wandten sich zurück in ihre Labyrinthe, in deren Unlicht weniger auffiel, wie ungemein ungestalt sie waren – was ja ohnehin der Grund dafür war, dass sie sich dauernd in ihnen aufhielten. So waren die Freunde entkommen; und in Frohdoofs Läppchen baumelte noch immer der Eine Ohrring.

Siebenundzwanzigstes Kapitel:
Gard Ariels Spiegel
    Die Gefährten standen auf einem steinigen Plateau hoch über den Westlichen Weiten, schauten ins Abendsonnenrot und einander in die Gesichter, wobei ihnen allen im gleichen Augenblick die Erkenntnis zuteil wurde, dass sie ausgezehrten Wanderern in der Ödnis glichen, solchen ohne Hoffnung und Sinnesfreuden, und ohne Hoffnung auf Sinnesfreuden. Nichtsdestotrotz begannen sie den langen Abstieg.
    »Jetzt aber schnell zur Herrin Gard Ariel!«, rief Pymli, während er über steinige Felsen hoppelte. »Die wohnt doch hier in der Nähe? Ich flehe es herbei, schnellstmöglich ihre Liebreize zu preisen! Das lassen wir doch wohl nicht aus, oder?«
    »Im Gegenteil: diesmal lassen wir es aus!«, bestimmte Marathorn voller Ingrimm und suchte nach Wegen, die sie nach schräg links führen würden, fort vom Netzwerk des Reiches Devotien, wo die Albernenfürstin Gard Ariel abgetakelte Verirrte zu umgarnen und sie in den Halbschatten der erotischen Sklaverei zu treiben pflegte, wie die Gefährten ja schon auf ihrem vorhergehenden Abenteuer erfahren hatten.
    »Diesmal muss es gelingen, ihr zu entkommen!« Der Dauerläufer tätschelte sein Zerknicktes Schwert. »Womöglich verfallt ihr ansonsten der Herrin des Weißgoldenen Waldes ein weiteres Mal und verliert euch in der Anbetung ihrer makellosen Haut, obschon sie Jahrtausende alt ist! Im Taumel des Liebesrausches würdet ihr euch entzweien und einander der Nebenbuhlerschaft bezichtigen. Der einzige, der ihren gefährlichen Liebreizen gleichgültig gegenüberstehen würde, wäre höchstwahrscheinlich ich selber, der erfahrene Dauerläufer! Wie peinlich wäre das? Und Frohdoof hätte

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