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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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Weile ritten sie schweigend weiter; aber Legolas schaute immerzu nach links und rechts und hätte oft gern angehalten, um auf die Waldgeräusche zu lauschen, wenn Gimli es gestattet hätte.
    »Die seltsamsten Bäume, die ich je gesehen, sind dies«, sagte er; »und dabei hab ich doch viele, selbst Eichen, vom Samen bis ins morsche Alter hinein wachsen sehn. Hätt ich nur Muße, unterihnen umherzugehen! Sie haben Stimmen, und mit der Zeit verstünde ich vielleicht ihre Gedanken.«
    »Bloß nicht!«, sagte Gimli. »Lassen wir sie lieber unter sich! Ihre Gedanken kann ich unschwer erraten: Sie hassen alles, was auf zwei Beinen geht; und in ihrer Sprache dreht sich alles ums Erwürgen und Zermalmen.«
    »Nicht alle, die auf zwei Beinen gehn«, sagte Legolas. »Darin, glaube ich, irrst du. Nur die Orks hassen sie. Denn die Bäume gehören nicht hierher, und von Elben und Menschen wissen sie wenig. Fern von hier sind die Täler, in denen sie sprossen. Aus Fangorns Tiefen, Gimli, sind sie vermutlich gekommen.«
    »Dann ist das der gefährlichste Wald in ganz Mittelerde«, sagte Gimli. »Ich sollte dankbar sein für das, was sie hier geleistet haben, aber lieben kann ich sie nicht. Du findest sie vielleicht wunderbar, aber ich habe ein größeres Wunder in diesem Land gesehn, schöner als jeder Hain oder jede Lichtung in allen Wäldern der Welt: Das Herz ist mir noch voll davon.
    Unbegreiflich sind mir die Menschen, Legolas! Hier haben sie eines der Wunder der nördlichen Welt, und wie sagen sie dazu? Höhlen, sagen sie! Höhlen! Löcher, in denen man sich in Kriegszeiten verkriecht oder Viehfutter speichert! Weißt du, mein guter Legolas, wie weit und herrlich die Grotten in Helms Klamm sind? Scharen von Zwergen würden Pilgerfahrten antreten, nur um sie zu sehen, wüsste man, dass es sie gibt. Ja, in purem Gold würden sie dafür bezahlen, nur einen kurzen Blick auf sie werfen zu dürfen!«
    »Und ich gäbe Gold dafür, dass man es mir ersparte«, sagte Legolas, »und die doppelte Summe, um wieder herausgelassen zu werden, sollte ich mich je dorthinein verirren.«
    »Du hast sie nicht gesehen, darum sei dir dein Spott verziehen!«, sagte Gimli. »Aber du redest dummes Zeug. Findest du nicht diese Hallen schön, in denen euer König unter einem Berg im Düsterwald wohnt und bei deren Bau einst Zwerge geholfen haben? Es sind nur Löcher im Vergleich zu den Grotten, die ich hier gesehen habe: den unermesslichen Hallen, erfüllt von einer immerwährenden Musik des Wassers, das tropfend und plätschernd auf Teiche fällt, schön wie der Kheled-zâram im Sternenschein.
    Und, Legolas, wenn die Fackeln entzündet werden und du über den sandigen Boden unter den hallenden Gewölben gehst, ah, Legolas, dann glitzern Edelsteine, Kristalle und Adern von kostbarem Erz in den glatten Wänden; und durch gefurchte Marmorkugeln, durchscheinend wie die Hände der Königin Galadriel, schimmert das Licht wie durch Muscheln. Säulen in Weiß, Safran und Morgenrot, Legolas, sich verjüngend und zu traumhaften Formen verschlungen, streben vom vielfarbigen Boden empor, den glitzernden Gehängen an der Decke entgegen: Flügel, Seile, Schleier, so fein wie gefrorene Wolken, Speere, Fahnen, Zinnen hängender Paläste! Von stillen Teichen werden sie gespiegelt: Eine schimmernde Welt schaut aus dunklen Wassern unter einer blanken Glasfläche hervor; Städte, wie sie Durins Sinn kaum erträumt haben könnte, dehnen sich über Alleen und Säulenhöfe bis in heimliche Winkel, wohin kein Licht dringt. Und plink! fällt ein silberner Tropfen herab, und Kreise breiten sich über den Spiegel aus und lassen alle Türme sich verneigen und schwanken wie die Wasserpflanzen und Korallen in einer Meeresgrotte. Dann wird es Abend; die Lichter erlöschen und verglühen; die Fackeln ziehen weiter in eine andere Kammer und in einen anderen Traum. So geht es von einem Raum zum andern, Legolas, von Halle zu Halle, Palast zu Palast, Treppe zu Treppe, und immer weiter auf gewundenen Wegen bis ins Herz des Gebirges. Höhlen! Die Grotten in Helms Klamm! Ein glücklicher Zufall war’s, der mich dorthin verschlug! Ich könnte weinen, dass ich sie verlassen muss.«
    »Dann wünsch ich dir dies Glück zu deinem Trost, Gimli«, sagte der Elb, »dass du den Krieg wohlbehalten überstehst und später wiederkehren kannst, um sie von neuem zu sehen. Aber erzähle nicht deiner ganzen Sippe davon! So wie du die Grotten schilderst, gäb es für sie dort nicht mehr viel zu tun.

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