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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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glaubte Sam, Gandalfs Namen herauszuhören. Die Zeit schien zu kriechen. Auf einmal hörte Sam ein Zischeln hinter sich, und da war Gollum, auf allen vieren, und musterte sie mit seinen fahl schimmernden Augen.
    »Aufwachen, aufwachen! Aufwachen, ihr Schlafmützen!«, flüsterte er. »Aufwachen! Keine Zeit zu verlieren. Müssen gehn, jawohl, müssen gleich losgehn! Keine Zeit zu verlieren.«
    Sam sah ihn misstrauisch an: Gollum wirkte verängstigt oder aufgeregt. »Jetzt losgehn? Was hast du dir da wieder ausgeheckt? Ist doch noch gar nicht Zeit. Noch nicht mal Teestunde, jedenfalls nicht in zivilisierten Gegenden, wo man weiß, wann man Tee trinkt.«
    »Blödmann!«, fauchte Gollum. »Hier weiß niemand, wann man Tee trinkt, o nein! Zeit wird knapp, jawohl, vergeht schnell. Keine Zeit zu verlieren. Müssen losgehn. Aufwachen, Herr, aufwachen!« Er zerrte an Frodo herum, und der, aus dem Schlaf hochfahrend, packte ihn beim Arm. Gollum riss sich los und wich zurück.
    »Sie dürfen nicht so dumm sein!«, zischte er. »Müssen losgehn. Keine Zeit zu verlieren.« Und mehr bekamen sie aus ihm nicht heraus. Wo er gewesen war und warum er es auf einmal so eilig hatte, dazu wollte er nichts sagen. Sam misstraute ihm zutiefst und machte daraus kein Hehl; Frodo aber gab durch kein Zeichen zu erkennen, was in ihm vorging. Er seufzte, schulterte seinen Rucksack und schickte sich an, in die immer dichter werdende Dämmerung hinauszugehen.
    Sehr vorsichtig, jede irgend brauchbare Deckung ausnützend oder fast bis zu Boden geduckt über die offenen Flächen hastend führte Gollum sie den Hang hinunter; doch inzwischen war das Licht so schwach, dass selbst ein scharfäugiges Tier der Wildnis die Hobbits in ihren grauen Mänteln kaum hätte sehen können. Und zu hören waren sie schon gar nicht, denn sie gingen so leise, wie es nur das kleine Volk kann: Ohne dass ein Zweig knackte oder ein Blatt raschelte, huschten sie vorüber.
    Ungefähr eine Stunde lang gingen sie so, schweigend, einer hinter dem andern, bedrückt von der Dunkelheit und der Totenstille des Landes, die nur hin und wieder von einem leisen Gepolter unterbrochen wurde, wie von fernem Donner oder von Trommelschlägen in einer Mulde zwischen den Hügeln. Nachdem sie von dem Bergrücken heruntergestiegen waren, wandten sie sich nach Süden, so geradewegs, wie es Gollum nur einrichten konnte, quer über einen langen, zerklüfteten Hang, der zum Gebirge hin anstieg. Bald sahen sie, nicht weit voraus, eine Baumreihe, die wie eine schwarze Mauer vor ihnen stand. Als sie näher kamen, sahen sie, dass die Bäume riesengroß und anscheinend uralt waren; aber noch immer ragten sie hoch auf, obwohl die Wipfel kahl oder abgebrochen waren, als hätten Sturm und Blitzschlag ihnen zugesetzt, sie aber nicht abzutöten oder zu entwurzeln vermocht.
    »Die Wegscheide, jawohl«, flüsterte Gollum, die ersten Worte, die einer von ihnen sprach, seit sie ihr Versteck verlassen hatten. »Da müssen wir lang.« Nach Osten abbiegend führte er sie den Hang hinauf, und plötzlich lag sie vor ihnen: die Südstraße, die sich um die Ausläufer des Gebirges wand und hier nun in ein großes Rund von Bäumen eintauchte.
    »Dies ist der einzige Weg«, flüsterte Gollum. »Keine andern Pfade mehr jenseits der Straße. Keine Pfade. Wir müssen zur Wegscheide gehn. Aber macht schnell! Und seid still!«
    Verstohlen wie Späher im Lager ihrer Feinde schlichen sie zur Straße hinunter und dann an deren Westseite unter der steinernen Böschung entlang, selber grau wie Steine und samtfüßig wie jagende Katzen. Bald kamen sie zwischen den Bäumen hindurch und befanden sich nun in dem großen Ring, der in der Mitte offen unter dem finsteren Himmel lag; und die Räume zwischen den mächtigen Stämmen waren wie große dunkle Torbögen einer zerstörten Säulenhalle. In der Mitte trafen sich vier Wege. Hinter ihnen lag die Straße zum Morannon; vor ihnen setzte sie den langen Weg nach Süden fort; rechts kam die Straße vom alten Osgiliath heraufgestiegen und führte hinter der Kreuzung nach Osten ins Dunkel hinein: der vierte Weg, der, den sie einschlagen mussten.
    Als sie voll Grauen einen Moment dort stehen blieben, bemerkte Frodo einen Lichtschein, der, dicht neben ihm, Sams Gesicht rötete. Er blickte in die andere Richtung und sah hinter einem Torbogen aus Zweigen die Straße nach Osgiliath schnurgerade und stetig abfallend nach Westen führen. In weiter Ferne dort, noch hinter dem traurigen, nun von den

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