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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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Schlucht erreichten, war es dort unten schon Abend. Die Sonne war verschwunden; die Wasserfälle lagen im Zwielicht.
    Den ganzen Tag hatten sie tief unter sich einen Sturzbach gesehen, der von der Passhöhe hinter ihnen herabfloss und sich sein schmales Bett zwischen kiefernbestandenen Wänden hindurchgrub; und nun floss er durch ein steinernes Tor in ein geräumigeres Tal hinaus. Die Reiter folgten seinem Lauf, und plötzlich lag das Hargtal vor ihnen, im Abendlicht und erfüllt vom Rauschen der Wasser. Der weiße Schneeborn, mit dem der kleinere Bach sich vereinigte, brauste hier schäumend über die Steine hinab nach Edoras und den grünen Hügeln und Ebenen entgegen. Weit zur Rechten, am Kopfende des großen Tals, ragte das gewaltige Starkhorn über seine breiten, umwölkten Schultern; doch sein vom ewigen Schnee bedeckterGipfelzacken schimmerte hoch über aller Welt, blauschattig an der Ostseite, nach Westen zu gerötet von der untergehenden Sonne.
    Merry bestaunte das fremde Land, über das er auf dem langen Ritt schon so viele Geschichten gehört hatte. Es war eine Welt ohne Himmel, in der sein Auge durch diesige Klüfte immer nur höher und höher ansteigende Hänge sah, eine große Felswand hinter der anderen und finstere, nebelverhangene Abgründe. Ein Weilchen träumte er vor sich hin, hörte dem Rauschen des Wassers zu, dem Gewisper der dunklen Bäume, dem Klappern der Hufe auf den Steinen und der weiten, ahnungsvollen Stille, die hinter allen Geräuschen lauerte. Er liebte die Berge oder hatte sie sich gern vorgestellt, wenn sie am Rande von Geschichten aus der Ferne auftauchten; aber nun drückte ihn das unerträgliche Gewicht von ganz Mittelerde nieder. Er sehnte sich danach, in einem stillen Zimmer am Kamin zu sitzen und die Unermesslichkeit der Welt aussperren zu können.
    Er war sehr müde, denn sie waren zwar langsam, aber mit sehr wenig Rastpausen geritten. Fast drei endlose Tage lang war es Stunde um Stunde auf und ab gegangen, über Pässe, durch langgestreckte Täler und über viele Bäche. Manchmal, wo der Weg breiter wurde, war er neben dem König geritten, ohne zu bemerken, dass viele von den Reitern lächelten, wenn sie das ungleiche Paar sahen: den Hobbit auf seinem kleinen struppigen grauen Pony und den Herrscher von Rohan auf seinem großen weißen Ross. Dann hatte er mit Théoden gesprochen, ihm von seiner Heimat und dem Leben und Treiben des Auenlandvolks erzählt oder sich seinerseits von der Mark und ihren alten Helden erzählen lassen. Aber die meiste Zeit, besonders an diesem letzten Tag, war Merry allein hinter dem König hergeritten, hatte nichts gesagt und versucht, die getragene, klangvolle Sprache von Rohan zu verstehen, in der die Männer hinter ihm redeten. In dieser Sprache schien es viele Wörter zu geben, die er kannte, obwohl sie tönender und wuchtiger ausgesprochen wurden als im Auenland; aber zusammensetzen konnte er sich die Wörter nicht. Manchmal erhob ein Reiter seine klare Stimme zu einem aufmunternden Gesang, und Merry spürte, wie ihm das Herzhöher schlug, obwohl er nicht wusste, wovon in dem Lied die Rede war.
    Bei alledem war ihm einsam zumute, und niemals einsamer als jetzt am Ende des Tages. Gern hätte er gewusst, wo in all diesen fremden Ländern Pippin wohl steckte und was aus Aragorn, Legolas und Gimli geworden sein mochte. Dann plötzlich wurde ihm ganz kalt zumute, wenn er an Frodo und Sam dachte. »Die hab ich ganz vergessen!«, sagte er sich vorwurfsvoll. »Dabei sind sie doch wichtiger als wir andern alle. Und ich bin mitgekommen, um ihnen zu helfen; aber jetzt müssen sie Hunderte von Meilen weit weg sein, wenn sie überhaupt noch leben.« Ihn schauderte.
    »Endlich, das Hargtal!«, sagte Éomer. »Unser Ritt ist fast zu Ende.« Sie hielten an. Die Pfade, die aus der engen Schlucht herausführten, fielen steil ab. Wie aus einem hohen Fenster sah man nur ein Stück von dem großen Tal in der Dämmerung vor ihnen. Am Fluss sah man ein einziges schwaches Licht schimmern.
    »Dieser Ritt ist vorüber«, sagte Théoden, »aber ich habe noch einen weiten Weg vor mir. Letzte Nacht war Vollmond, und morgen früh reite ich nach Edoras zur Heerschau der Mark.«
    »Doch wenn Ihr meinen Rat hören wollt«, sagte Éomer mit leiser Stimme, »dann kehrt Ihr darauf hierher zurück, bis der Krieg vorüber ist, ob gewonnen oder verloren.«
    Théoden lächelte. »Nein, mein Sohn, denn so will ich dich nennen, blase du mir nicht auch noch Schlangenzunges süßes Gift

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