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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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sagte Aragorn zu Gandalf. »Aber das kommt nicht von der Wunde. Schau, die verheilt schon. Hätte ihn ein Pfeil der Nazgûl getroffen, wie du glaubtest, so wäre er in derselben Nacht noch gestorben. Diese Wunde stammt von einem Südlandspfeil, würde ich meinen. Wer hat ihn herausgezogen? Wurde er aufbewahrt?«
    »Ich habe ihn herausgezogen«, sagte Imrahil, »und das Blut gestillt. Aber den Pfeil hab ich nicht aufbewahrt, denn wir hatten viel zu tun. Ich erinnere mich, dass es ein Bolzenpfeil war, wie ihn die Südländer verschießen. Doch glaubte ich, er sei aus den Schattenüber uns gekommen; sonst wären das Fieber und die Krankheit unverständlich, denn die Wunde war nicht tief oder lebensgefährlich. Wie also erklärst du es dir?«
    »Erschöpfung, Kummer wegen der Verstimmung des Vaters, eine Wunde und vor allem der Schwarze Anhauch«, sagte Aragorn. »Er ist ein Mann von zähem Willen, denn er war schon dicht unter den Schatten gekommen, bevor er auch nur zur Schlacht an den Außenmauern ritt. Langsam muss sich das Dunkel angeschlichen haben, als er noch um seinen Vorposten kämpfte. Hätte ich nur früher kommen können!«
    Der Kräutermeister trat ein. »Der gnädige Herr hat um Königskraut gebeten, wie es im Volksmund heißt«, sagte er, » athelas in der Sprache der Gebildeten oder, wenn man ein wenig Valinorisch versteht …«
    »Ja, ja«, sagte Aragorn, »und es ist mir egal, ob du nun asea aranion oder Königskraut dazu sagst, wenn du nur welches hast.«
    »Ich bitte um Verzeihung, gnädiger Herr«, sagte der Mann. »Ich sehe, du bist auch ein Gelehrter und nicht nur ein Kriegshauptmann. Doch, o weh, gnädiger Herr, in den Häusern der Heilung, wo wir nur die Schwerkranken oder Verwundeten behandeln, halten wir dieses Kraut nicht vorrätig. Denn keine Wirkeigenschaften, von denen wir wüssten, hat es, außer vielleicht, schlechte Luft aufzufrischen oder einen schweren Kopf auszunüchtern. Es sei denn, freilich, du wolltest solchen alten Verslein Bedeutung beimessen, die Frauen wie unsere gute Ioreth immer noch wiederholen, ohne sie zu verstehen.
    Wenn der schwarze Atem weht,
    Todesschatten dräuend steht,
    Löschen alle Lichter aus,
    Athelas, komm du ins Haus,
    Durch Königshand zu geben
    Sterbenden das Leben!
    Das ist nur ein Knittelvers, natürlich im Gedächtnis alter Weiber verstümmelt. Was er bedeuten mag, wenn überhaupt etwas, überlasse ich deinem Urteil. Aber manche alten Leute nehmen immer noch einen Aufguss von dem Kraut gegen Kopfschmerzen.«
    »Dann, in des Königs Namen, geh jetzt und suche einen ungebildeten alten Mann, der so gescheit ist, das Kraut im Hause zu haben!«, rief Gandalf.
    Nun kniete Aragorn neben Faramir und hatte eine Hand auf seine Stirn gelegt. Und wer zusah, spürte, dass ein schwerer Kampf tobte. Aragorns Gesicht wurde grau vor Erschöpfung, und wieder und wieder rief er Faramir beim Namen, aber jedes Mal hörten sie ihn leiser, als hätte er selbst sich von ihnen entfernt und streifte nun suchend durch ein dunkles Tal, nach einem Verirrten rufend.
    Endlich kam Bergil hereingerannt und brachte sechs Blätter in einem Tuch. »Es ist Königskraut, Herr«, sagte er, »aber leider nicht frisch. Schon vor mindestens zwei Wochen muss es gepflückt worden sein. Hoffentlich genügt es?« Dann sah er Faramir an und brach in Tränen aus.
    Aragorn lächelte. »Es wird genügen«, sagte er. »Das Schlimmste ist überstanden. Bleib da und beruhige dich!« Dann nahm er zwei von den Blättern, legte sie sich auf die Hände, hauchte sie an und zerrieb sie, und sogleich erfüllte sich der Raum mit einer prickelnden Frische, als wäre die Luft selbst zum Leben erwacht und sprudelte vor Freude. Dann warf er die Blätter in die Schüsseln mit dampfend heißem Wasser, die man ihm brachte, und sofort wurde allen leichter ums Herz. Denn der Duft, der jeden anwehte, war wie eine Erinnerung an einen taufrischen Morgen unter klarer Sonne in einem Land, an das die Pracht des Frühlings in unseren Landen nur von fern erinnert. Aragorn aber stand auf wie einer, der nun gestärkt ist, und aus den Augen lächelte er, als er Faramir die eine Schüssel vor sein traumumfangenes Gesicht hielt.
    »Na, so was! Wer hätte das gedacht?«, sagte Ioreth zu einer Frau, die neben ihr stand. »Das Kraut ist doch besser, als ich glaubte.Es erinnert mich an die Rosen aus dem Imloth Melui, als ich ein junges Ding war, und was Besseres kann auch kein König verlangen.«
    Plötzlich regte sich Faramir und

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