Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
unsereinen klein genug ist. Zur Not wird es gehn. Aber wir müssen uns beeilen. Ich habe niemand lebendig angetroffen und nichts gesehen, aber ganz wohl ist mir nicht. Ich glaube, dieses Gemäuer wird beobachtet. Ich kann es nicht erklären, aber irgendwie hatte ich so das Gefühl, einer von diesen verfluchten fliegenden Reitern war in der Nähe, oben in den schwarzen Wolken, wo man ihn nicht sehen kann.«
Er wickelte das Bündel auf. Angewidert betrachtete Frodo den Inhalt, aber es half nichts; er musste das Zeug anziehen oder nackt gehen: eine lange Kniehose aus dem kratzigen Fell irgendeines unreinen Tieres und ein schmutziges Lederwams. Beides zog er an. Über das Wams kam ein Panzer aus dicken Kettenringen, kurz für einen ausgewachsenen Ork, zu lang für Frodo und auch schwer. Zuletzt schnallte er einen Gürtel um, an dem in einer kurzen Scheide ein Stoßschwert mit breiter Klinge hing. Sam hatte auch mehrere Orkhelme mitgebracht. Einer passte Frodo einigermaßen, eine schwarze Haube mit eisernem Rand und eisernen Reifen, mit Leder überzogen, auf dem in Rot das böse Auge über dem schnabelähnlichen Nasenschutz aufgemalt war.
»Die Morgul-Sachen von Gorbags Leuten hätten uns besser gepasst und waren auch von besserer Machart«, sagte Sam, »aber ich glaube, nach der Geschichte hier wär es nicht ratsam, mit dem Morgul-Abzeichen in Mordor herumzulaufen. Jedenfalls, da hätten wir dich nun, Herr Frodo: Ein waschechter kleiner Ork, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf – oder wenigstens könntest du einer werden, wenn wir noch eine Maske für dein Gesicht, längere Arme und krumme Beine für dich hätten. Das hier wird noch manches, was nicht so gut ins Bild passt, verdecken.« Er legte Frodo einen langen schwarzen Umhang über die Schultern. »Nun bist du marschfertig. Unterwegs kannst du noch einen Schild auflesen.«
»Und du, Sam?«, sagte Frodo. »Sollten wir nicht ähnlich gekleidet gehen?«
»Nun, Herr Frodo, das hab ich mir überlegt«, sagte Sam. »Ich lasse am besten nichts von meinen Sachen hier zurück. Und vernichten können wir sie nicht. Und einen Ork-Panzer kann ich doch nicht über alles andere drüberziehn, oder? Ein bisschen Verhüllung muss genügen.«
Er kniete sich hin und legte seinen Elbenmantel sorgfältig zusammen. Es wurde eine erstaunlich kleine Rolle, und die steckte er in seinen Rucksack, der auf dem Boden lag. Dann stand er auf, schlang ihn sich auf den Rücken, setzte einen Orkhelm auf und warf sich einen schwarzen Umhang über die Schultern. »So!«, sagte er. »Nun passen wir einigermaßen zusammen. Also los!«
»Ich kann nur nicht die ganze Strecke ohne Pause marschieren«, sagte Frodo mit müdem Lächeln. »Ich hoffe, du hast dich nach den Wirtshäusern am Weg erkundigt? Oder hast du Essen und Trinken ganz vergessen?«
»Bewahr mich, da hab ich nicht mehr dran gedacht!«, sagte Sam. Er pfiff besorgt durch die Zähne. »Meine Güte, Herr Frodo, jetzt wo du das sagst, merk ich erst, was für einen Hunger und Durst ich habe! Ich weiß gar nicht, wann ich zuletzt einen Happen gegessen oder etwas getrunken habe. Ich habe gar nicht dran gedacht, als ich dich suchte. Lass mich mal überlegen! Das letzte Mal, als ich nachgesehn habe, war von dem Wegbrot und von dem, was Hauptmann Faramir uns mitgegeben hat, genug übrig, um mich im Notfall noch zwei Wochen auf den Beinen zu halten. Aber wenn in meiner Wasserflasche noch ein paar Tropfen sind, wär es viel. Für zwei reicht das jedenfalls nicht. Diese Orks, essen und trinken die nicht auch? Oder leben die nur von Gift und Gestank?«
»Nein, sie müssen auch essen und trinken, Sam. Der Schatten, der sie gezüchtet hat, kann nur nachäffen, nicht erschaffen: nichts wirklich Neues von eigener Art. Ich glaube nicht, dass er die Orks zum Leben erweckt hat, er hat sie verdorben und entstellt; und wenn sie überhaupt leben sollen, dann müssen sie leben wie andere Geschöpfe auch. Mit fauligem Wasser und fauligem Fleisch nehmen sie vorlieb, wenn sie nichts Besseres haben, aber nicht mit Gift. Mir haben sie etwas zu essen gegeben, also bin ich besser dran als du. Irgendwo in diesem Turm muss es Wasser und Essvorräte geben.«
»Aber wir haben keine Zeit, danach zu suchen«, sagte Sam.
»Na, ganz so schlimm, wie du denkst, steht es nicht um uns«, sagte Frodo. »Ich hatte ein bisschen Glück, während du weg warst. Sie haben tatsächlich nicht alles weggenommen. Ich habe meinen Proviantbeutel gefunden, zwischen ein paar Lumpen
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