Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Krickloch zu gehen und ein wenig auszuruhen. Nun aber, als sie sahen, wie die Dinge standen, beschlossen sie, gleich nach Hobbingen zu reiten. Also machten sie sich am nächsten Tag auf und trabten flott auf der Straße dahin. Der Wind hatte sich gelegt, aber der Himmel war grau. Das Land sah ziemlich trübsinnig und verlassen aus; aber es war ja auch der erste November, das hässliche Ende des Herbstes. Immer noch schienen ungewöhnlich viele Feuer zu brennen, und an vielen Stellen ringsum stiegen Rauchwolken auf. Eine besonders dicke sahen sie von weitem in Richtung Waldende.
Gegen Abend näherten sie sich Froschmoorstetten, einem Dorf direkt an der Straße, ungefähr zweiundzwanzig Meilen von der Brücke. Dort wollten sie übernachten; der Schwimmende Balken war ein gutes Gasthaus. Aber an der Ostseite des Dorfes stießen sie auf eine Schranke mit einem großen Schild: KEIN DURCHGANG . Dahinter stand ein ganzer Trupp Landbüttel, alle mit Stöcken in der Hand und Federn an der Mütze, die wichtigtuerisch und ängstlich zugleich aussahen.
»Was soll das denn?«, sagte Frodo, dem zum Lachen zumute war. »Das soll, was es soll, Herr Beutlin«, sagte der Hauptmann der
Landbüttel, ein Zwei-Federn-Hobbit. »Sie sind verhaftet wegenToraufbrechens, Abreißens amtlicher Anschläge, Tätlichkeiten gegen Torhüter, unbefugten Grenzübergangs und Eindringens in öffentliche Gebäude zum Zweck der Übernachtung und Bestechung von Wachtposten mit Lebensmitteln.«
»Noch was?«, sagte Frodo.
»Das reicht für den Anfang«, sagte der Büttelhauptmann.
»Ich kann noch einiges ergänzen, wenn es Sie interessiert«, sagte Sam. »Obersten-Beleidigung, Absichtserklärung, ihm in seine pickelige Fresse zu hauen, Vermutung, dass ihr Landbüttel ein Haufen Schwachköpfe seid.«
»So, mein Herr, das genügt wohl! Auf Anordnung des Obersten kommen Sie jetzt ohne Aufsehen mit! Wir bringen Sie nach Wasserau und übergeben Sie den Großen im Dienst des Obersten; und wenn er sich mit Ihrem Fall befasst, dann können Sie Gehör finden. Aber wenn Sie nicht länger als unbedingt nötig im Riegelloch bleiben wollen, dann machen Sie auch dort nicht zu viele Worte, wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf!«
Zum Befremden der Büttel brachen Frodo und seine Gefährten in schallendes Gelächter aus. »Stellen Sie sich nicht so blöd an!«, sagte Frodo. »Ich gehe, wohin ich will und wann ich will. Zufällig hab ich jetzt in Beutelsend etwas zu erledigen, aber wenn Sie darauf bestehen, ebenfalls dorthin zu gehen, ist das Ihre Sache.«
»Sehr gut, Herr Beutlin«, sagte der Hauptmann und schob die Schranke beiseite. »Aber vergessen Sie nicht, dass ich Sie festgenommen habe.«
»Das vergess ich Ihnen nie«, sagte Frodo. »Aber vielleicht verzeih ich’s Ihnen. Nun will ich für heute nicht weiter und wäre Ihnen darum sehr verbunden, wenn Sie so freundlich sein wollten, mich zum Schwimmenden Balken zu geleiten.«
»Das kann ich nicht, Herr Beutlin. Das Gasthaus ist geschlossen. Am andern Ende des Dorfes ist ein Landbüttelhaus. Da kann ich Sie hinbringen.«
»Schön«, sagte Frodo. »Gehn Sie nur, wir kommen nach.«
Sam hatte sich die Landbüttel alle genau angeschaut, bis er einen fand, den er kannte. »He, komm mal her, Robin Kleinlöchner!«, rief er. »Ich hab ein Wort mit dir zu reden.«
Mit einem scheuen Blick zu seinem Hauptmann, der böse dreinschaute, aber nicht einzuschreiten wagte, blieb der Landbüttel Kleinlöchner hinter den anderen zurück und ging neben Sam her, der von seinem Pony abgesessen war.
»Hör mal, Robin«, sagte Sam, »du bist doch ein Junge aus Hobbingen und solltest zu viel Verstand haben, um hier dem Herrn Frodo aufzulauern und all so was! Und was soll das überhaupt heißen, dass das Gasthaus geschlossen ist?«
»Die sind alle geschlossen«, sagte Robin. »Der Oberste mag kein Bier. Damit hat es jedenfalls angefangen. Aber ich denke mal, das ist jetzt alles für seine Menschen. Und er mag es auch nicht, dass Leute im Land herumlaufen. Wenn einer also irgendwohin will oder muss, dann muss er erst zum Büttel-Haus und erklären, warum er herumreisen will.«
»Du solltest dich was schämen, dass du dich auf solchen Unfug einlässt«, sagte Sam. »Du hast doch früher selbst die Gasthäuser lieber von drinnen als von draußen gesehn. Du hast immer mal wieder reingeschaut, ob du im Dienst warst oder nicht.«
»Und das tät ich auch heute noch, Sam, wenn ich könnte. Aber was soll ich denn machen? Du weißt
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